Euroleague-Chef betitelt FC Bayern als "Lokomotive" – noch mehr Teams im Anflug?
Dass Paulius Motiejunas plötzlich die Stimme versagte, hatte nicht etwa mit einer überaus misslichen Lage der Euroleague zu tun, keineswegs. Den Litauer, der als CEO an der operativen Spitze der Basketball-Königsklasse steht, plagte Heiserkeit, das Sprechorgan war einfach überbeansprucht. Der 44-Jährige ließ sich daher bei der virtuellen Gesprächsrunde kurz entschuldigen, die Bedeutung des FC Bayern Basketball für das Prunkstück der europäischen Klubwettbewerbe hatte er da aber schon hervorgehoben.
Die Münchner, so sagte Motiejunas, seien "die Lokomotive" für das Wachstum des deutschen Basketball-Marktes, daran werde sich nichts ändern. Deutschland sei gemeinsam mit Frankreich der am stärksten wachsende Markt in Europa, die wirtschaftlich messbare Steigerung habe 46 Prozent in den letzten vier Jahren betragen. Ein solch großer Name wie der FC Bayern lasse auch keine Zweifel aufkommen. "Wir wollen aus Überzeugung unsere Position in Deutschland weiter stärken", bekannte Motiejunas.
Lokomotive FC Bayern – auch, weil die Euroleague zu kämpfen hat
Dies so herauszustellen, hat freilich nicht allein damit zu tun, dass die Euroleague die Münchner so super findet. Nachdem Alba Berlin sich aus der Liga zurückgezogen hat – und zugegebenermaßen auch nicht mehr ausreichend wettbewerbsfähig war – musste sich der Chef positionieren und verbal etwas Süßholz raspeln. Denn die Euroleague kämpft um ihren Status, muss sich behaupten, auch gegen Kritiker in Deutschland, die beispielsweise die Wirtschaftlichkeit des Projektes infrage stellen.
Ihr sportliche Reiz und Stellenwert ist über jeden Zweifel erhaben, das Paradies auf Erden bildet das Konstrukt dennoch nicht ab. Das zeigen die vielfältigen Diskussionen der vergangenen Monate. Das zeigt die Drohkulisse einer NBA Europe. Das zeigt der ewige Zwist um Terminkollisionen und Wettbewerbsharmonisierung mit dem Weltverband Fiba. Das zeigen im Falle des FC Bayern immer wieder – meist terminliche – Unstimmigkeiten mit der Bundesliga.
Aber, auch das ist festzustellen, es scheint sich eine gewisse Einsicht einzustellen unter den verschiedenen Parteien. Ein Beleg ist der jüngste Austausch aller in Genf, dem weitere Treffen und Gespräche folgen sollen. Veränderungen, kündigte Motiejunas an, ohne konkreter zu werden, stünden bevor. Der NBA, die den Start ihres Europaprojekts wohl bis 2028 aufschiebt, habe man Zusammenarbeit angeboten. "Wir wollen keine Zerstückelung", sagte der Litauer, was die Möglichkeit der Gründung einer Euroleague mit NBA-Siegel, dem Siegel der besten Basketball-Liga der Welt, offen lässt.

Expansion zur finanziellen Stabilisierung
Das wäre gewiss auch ein Weg, die finanzielle Situation zu stabilisieren. Ein weiterer Pfad zur besseren Wirtschaftlichkeit heißt Expansion. Schritt eins dazu wird zur neuen Saison gegangen mit der Vergrößerung von 18 auf 20 und dem Team in Dubai, wo bekanntlich die Petrodollars sprudeln, die der Profisport auf vielen Ebenen gerne anzapft. Schritt zwei hat Motiejunas schon im Hinterkopf. "Es gibt noch andere Teams, die sich der Euroleague anschließen wollen", sagte er. Aus 20 könnten dann 24 Mannschaften werden – mit der Folge, dass aus einer kompletten Tabelle wohl zwei Gruppen zu je zwölf Klubs würden.
All das, so betonte der sehr um Diplomatie bemühte Funktionär, solle im Einklang aller Interessen erfolgen. Weder die Fiba noch die nationalen Ligen will Motiejunas vor den Kopf stoßen und mit neuen Hürden im Miteinander konfrontieren. Eine ließ sich gleichwohl nicht vermeiden. Die Saison 2025/26 wird vier Hauptrundenspiele mehr bringen, was für den FC Bayern wettbewerbsübergreifend im Extremfall zu mehr als 90 Pflichtspielen führen kann.
Länderspiele und Turniere für die Nationalspieler sind da gar nicht mitgerechnet. Wenn man sieht, wie erschöpft der FCBB vor dem vierten Spiel der BBL-Finalserie um die deutsche Meisterschaft gegen Ulm wirkte, kann das nicht der Königsweg für die Königsklasse sein. Motiejunas wird also noch viel Überzeugungsarbeit für die Perspektive der Liga leisten müssen – und seine Stimme noch so manches Mal leiden.