Bald-Bayern-Boss Tarlac "Wir müssen das Final Four in der Euroleague anstreben"
AZ: Herr Tarlac, mögen Sie Eiscreme?
DRAGAN TARLAC: (lacht) Eiscreme, ja.
Welche Geschmacksrichtungen?
Mango und Zitrone zum Beispiel. Eiscreme steht weit oben auf der Liste.
Beim Trainer offensichtlich auch. Gordon Herbert benutzte nach dem Spiel gegen Ludwigsburg einen Vergleich mit Eiscreme, allerdings einen, der für die Spieler nicht so vorteilhaft war. Sie hätten noch softer als Eiscreme gespielt, sagte er. Teilen Sie die Meinung?
Ich analysiere die Art, wie wir gespielt haben, nicht auf diese Weise. Nach der Euroleague hatten wir eine kurze Übergangsphase, einen Neustart. Die BBL ist das höchste Niveau, auf dem wir jetzt spielen, und so müssen wir das Ganze angehen. Das ist auf seine Weise Gordies Botschaft, um zu verdeutlichen, was es braucht, dass wir erreichen, was wir wollen. Egal, wer der Gegner ist. Die BBL hat diese Saison gezeigt, dass jedes Spiel schwierig sein kann.
Herbert neuer Kanada-Trainer? "Die Verkündung kann man als Missverständnis bezeichnen"
Liegt es tatsächlich noch am Euroleague-Kater nach dem Ausscheiden vor knapp vier Wochen, dass die Leistung so kurz vor den Playoffs noch nicht wieder konstant stimmt?
Nein, denn wenn ich persönlich so denken würde, dann klingt das nach Ausflüchten. Damit kann ich nichts anfangen. Ich weiß, es ist emotional etwas anders für die Spieler. Es hat für sie sicherlich mehr Zeit gebraucht, um sich neu zu sortieren.
Im Klub ist der Zeitpunkt der Mitteilung, dass Herbert ab 2026 Trainer von Kanada wird, offenbar nicht gut angekommen. Spielt das auf irgendeine Art eine Rolle bei den aktuellen Schwierigkeiten?
Nein, überhaupt nicht, die Mannschaft hat an sich gar keine Probleme, von den verletzten Spielern einmal abgesehen. Gordie ist absolut fokussiert auf seine Arbeit und gibt das Maximum. Das Interesse war für uns nicht neu, aber die Verkündung kann man als Missverständnis bezeichnen. Jedoch ist das nichts, was uns beeinträchtigt oder vom Weg abbringt. Gordie war als Erster verärgert darüber, weil alles reibungslos laufen soll, und er wollte deshalb auch ein offizielles Statement abgeben. Gerüchte, dass der Trainer einen anderen Job annimmt, kann man nicht gebrauchen. Wir wollen vor den Playoffs ruhige See, keine hohen Wellen.
"Da musst du deine Emotionen kontrollieren"
Wenn man Sie beobachtet, Sie wirken immer ruhig und emotional ausgeglichen. Gibt es hinter den Kulissen auch einen anderen Dragan Tarlac?
So wie ich meine Rolle gelernt habe und verstehe, verfolge ich während des Spiels alle möglichen Sachen, ich bin auf ein großes Bild fokussiert. Emotionen sind wichtig, aber für wen? Für die Hauptfiguren. Wir müssen unterstützen. Aber es gibt Situationen hinter den Kulissen, da bringst du deine Auffassung klar zum Ausdruck, natürlich auch zur Unterstützung. Im Spiel ist das keine Hilfe. Natürlich gibt es emotionale Situationen, aber da musst du deine Emotionen kontrollieren, das war bei mir auch als Spieler schon so.
So überhitzt wie das Business manchmal sein kann, muss jemand im Sturm die Ruhe bewahren.
So sehe ich das. Es hat viel mit Erfahrung zu tun.
"Es ist so viel schwieriger, von außen zuzuschauen, als zu spielen"
Aber die Emotionen sind da.
Oh ja, ich habe so viele Situationen erlebt, die hart waren, die schwierig waren. Mit Serbien hatten wir dieses enge Spiel bei Olympia gegen das Dream-Team der USA, wenn wir gewonnen hätten, hätten wir das vielleicht beste Dream-Team nach dem Team mit Michael Jordan geschlagen. Stellen Sie sich vor, was da in unseren Bäuchen los war. Es ist so viel schwieriger, von außen zuzuschauen, als zu spielen.
Was machen Sie privat, um den Kopf mal freizubekommen?
Auch im Privatleben geht es bei mir oft genug um Basketball. Aber es gibt auch genügend andere Freunde, die nichts mit Basketball zu tun haben. Einer ist Maler, wir treffen uns an Wochenenden auch mal in seinem Studio.
Haben Sie es selbst versucht?
Nein, nein, es geht einfach darum, eine gute Zeit verbringen. Ich habe auch einen Freund, der ist Regisseur. Ich mag das, da lernst du in den Gesprächen andere Perspektiven kennen.
"Beeindruckend, dass wir den SAP Garden so gut gefüllt haben"
Gibt es Orte in München, die Sie besonders mögen?
Die Stadt ist so grün, so viele Parks, das gefällt mir sehr. Ich bin gerne im Englischen Garten, da nehme ich mir Zeit für mich. Jetzt, wo das schöne Wetter kommt, sitze ich auch gerne auf dem Rad. Außerhalb von München habe ich noch nicht so viel gesehen, aber ich habe gehört, dass die Gegend sehr schön ist, mit den Bergen und den Seen. Ich bin gerne Wandern, gerne in der Natur. Ich werde die Nähe dazu bestimmt noch nutzen.
Zumal Sie ohnehin länger hier planen. Im Sommer übernehmen Sie noch mehr Verantwortung.
Der Klub ist einer guten Situation, aber unsere Ziele müssen noch höher sein. Wir müssen das Final Four in der Euroleague anstreben, wenn wir bereit dafür sind. Da brauchen wir nicht zurückhaltend zu sein. Was mich beeindruckt, ist, dass wir den SAP Garden so gut gefüllt haben, obwohl Fußball der führende Sport in der Stadt ist und bleiben wird. Das gibt uns Rückenwind, noch mehr zu unternehmen.
"Sie hätten Marko gratulieren müssen, dass er so verantwortungsvoll entschieden hat"
Sie dann als Geschäftsführer Sport gemeinsam mit Adrian Sarmiento, der für den wirtschaftlichen Part zuständig sein wird.
Marko (Pesic, d.Red.) hat länger über seine Entscheidung nachgedacht und sie dann verkündet. Daraufhin haben mir viele gratuliert, aber ich finde, sie hätten Marko gratulieren müssen, dass er so verantwortungsvoll entschieden hat. Es gibt nicht viele Personen in einer solchen Position, die so selbstlos gehandelt hätten. Marko hat mit seinem Team den Klub von null in die heutige Situation gebracht. Ich blicke optimistisch nach vorne, aber bin bereit für den Worst Case, so habe ich es immer gehalten. Ich denke, es liegen noch viele erfolgreiche Jahre vor diesem Klub.
Die bis in die europäische Spitze führen sollen, obwohl der FC Bayern Basketball immer finanzielle Nachteile haben wird, etwa im Vergleich zu Teams wie Panathinaikos. Ist diese hohe Zielstellung realistisch?
Die Euroleague arbeitet einerseits daran, dass sich die Budgets langsam angleichen, und andererseits zeigt das Budget auch nicht alles. Es garantiert auch nicht, dass du gewinnst. Nicht immer gewinnen die Favoriten. Aber ich bin schon jetzt gespannt, was passiert, wenn der Ansatz der Euroleague erfolgreich ist. Da reden wir über andere Voraussetzungen.
NBA Europe? "So wie im Moment hilft das keinem Fan"
Sehen Sie die NBA Europe generell als Bedrohung?
Europa hat schon jetzt zu viele Wettbewerbe, Europa sollte es einfach halten. Als Fan musst du verstehen, was gespielt wird und worum gespielt wird. So wie im Moment hilft das keinem Fan. Und dann eine NBA Europe zu gründen … Man kann niemanden daran hindern, aber ich denke, eine Lösung sollte im Interesse des Sports sein. Man kann nicht alles kaufen, nicht die Werte, nicht die Traditionen, die über ein Jahrhundert aufgebaut wurden. Ich hoffe, dass das bei den Diskussionen und Verhandlungen in den Köpfen ist. Das Beste ist, gemeinsam voranzugehen.
Wie weit sind die Planungen der neuen Mannschaft?
Wir nähern uns den endgültigen Zahlen des Budgets für die neue Saison an. Dann tauschen wir unsere Gedanken aus mit den Trainern, die Prioritäten, die wir haben, wo wir Hilfe brauchen. Das Final Four der Euroleague ist der Zeitpunkt, wenn die heiße Transferphase beginnt.
Lucic-Abschied? "Angebote von Partizan sind nichts Neues"
Es gibt Gerüchte zu Vladimir Lucic über ein Interesse von Partizan Belgrad, über ein reduziertes Bayern-Angebot. Was können Sie dazu sagen?
Ich muss die Bedeutung von Vladimir für dieses Team nicht extra beschreiben, seine Verbundenheit zum Klub. Er ist auf und neben dem Feld extrem wichtig für uns. Angebote von Partizan sind nichts Neues, das hat es auch in der Vergangenheit gegeben. Unser Ziel ist es, Vladimir in unserer Familie zu behalten, wir sehen ihn als Teil dieser Familie. Er ist eine große Persönlichkeit.
Man könnte allgemein denken, das Team ist etwas zu alt. Wollen Sie einige jüngere Spieler dazuholen?
Man kann das von zwei Seiten sehen. Das Alter bringt Erfahrung, aber ein bisschen Auffrischung werden wir brauchen. Wir sehen das und wir würden gerne ein paar Spieler holen, die uns das bringen. Für den Coach und das Team ist es aber wichtig, so viele Spieler wie möglich zu behalten und darauf aufzubauen. Es ist leichter, ein paar Dinge zu korrigieren in einer schon gut strukturierten Mannschaft als alles zu verändern und ganz neu anzufangen. Das ist Glücksspiel, ich bin davon kein Fan.
Ist es realistisch, dass Carsen Edwards nochmal spielt in dieser Saison?
Er nähert sich dem Tag, an dem er wieder trainieren kann. Er wird sicher nicht zum Start der Playoffs spielen, und es ist schwer, genaue Prognosen abzugeben, aber wir hätten ihn gerne im Laufe des Playoffs zurück. Bei einer Rückenverletzung muss man vorsichtig sein.
Edwards und Weiler-Babb betreiben Eigenwerbung: "Jeder hat die freie Wahl."
Diese Saison haben Spieler wie Edwards oder Nick Weiler-Babb die Euroleague-Bühne genutzt, um sich interessant zu machen für andere Klubs. Können Sie mit den beiden planen oder gibt es Dinge, die für den FC Bayern nicht zu kontrollieren sind?
Natürlich ist unser Ziel, die Führungsspieler, den Kern zu halten. Der Markt wird ihren Wert bestimmen, aber das werden wir sehen. Wichtig ist für mich, ob auch sie bleiben wollen. Manchmal ist weniger mehr, in jeder Hinsicht, auch beim Geld. Dieser Klub bewegt sich in so vielen Bereichen nach vorne, das sollte auch in Betracht gezogen werden. Ich hoffe, dass die Spieler dieses ganze Bild in den Blick nehmen bei ihrer Entscheidung für die Zukunft. Wenn jemand das nicht macht, das sagt mir dann auch einiges. Aber jeder hat die freie Wahl. Wir würden sie jedenfalls gerne bei uns sehen in der nächsten Saison.
Ab Samstag wird es ernst, die Playoffs beginnen mit dem ersten Heimspiel im Viertelfinale. Was wollen Sie von der Mannschaft sehen?
Den Playoff-Modus. Jeder muss diesen unsichtbaren Schalter umlegen und mit dieser Einstellung herangehen. Die Mannschaft ist erfahren, die Spieler wissen, wie man in Playoff-Spielen agiert. Das wollen wir auch sehen.
Braucht Bayern diesen Meistertitel unbedingt, damit es eine erfolgreiche Saison ist?
Ja, Bayern braucht immer Titel, egal wann und wo. Bayern sollte nie zufrieden mit dem Erreichten sein. Ein Titel bringt immer neue Motivation für den nächsten. Titel bringen jeden nach vorne, es gibt nie genug davon.