"Will ich ehrlich sein": Bremen-Boss Fritz reagiert auf Hoeneß-Vorschlag zur Premier-League

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AZ: Das Duell Bayern gegen Bremen versprach über Jahrzehnte im Vorfeld eine Verbalschlacht zwischen den Bossen. Konkret lieferten sich die Herren Uli Hoeneß und Willy Lemke wilde Wortgefechte. Wäre so etwas nichts für Sie und Max Eberl?
CLEMENS FRITZ: (lacht) Das waren sicherlich damals noch andere Themen. Als ich zu Werder kam, war es schon so, dass Werder die Bayern ärgern konnte. Sicherlich hat das ein Stück weit auch bei diesen Wortgefechten mitreingespielt. Aber aktuell sind wir sehr weit weg, um uns mit den Bayern zu vergleichen oder zu batteln. Besonders verbal macht das aus meiner Sicht keinen Sinn. Wir freuen uns einfach auf das Spiel. Du willst dich natürlich immer mit den Besten messen und sehen, wo du stehst. Wenn du nach München fährst, weißt du nie was rauskommt. Es kann sowohl in die eine als auch die andere Richtung gehen. Ich wünsche mir einfach einen mutigen und aggressiven intensiven Auftritt unserer Mannschaft.
Fritz: "Hoffen, dass die Bayern nicht ihren allerbesten Tag haben"
Sie hatten einen großen Umbruch samt neuem Trainer mit Horst Steffen, sind solide in die Saison gestartet. Würden Sie sagen, dass sich langsam alles fügt?
Dazu fehlt noch ein Stück. Es wäre besser gewesen, und das hätte ich mir auch gewünscht, Man muss einfach auch sagen, und das wäre auch mein Wunsch gewesen, es wäre besser gewesen, wenn Horst Steffen den Kader schon früher zusammen gehabt hätte, um mehr Vorlaufzeit zu haben. Das war aus verschiedenen Gründen leider nicht möglich. Dazu hatten wir einige Verletzungsausfälle, die nun Stück für Stück zurückkommen. Heißt: Wir müssen jedes Spiel an unser Leistungsoptimum gehen, um erfolgreich zu sein. Gerade, was das Thema Abläufe angeht, können wir noch nicht da sein, wo wir hinwollen. Andererseits sehe ich vieles, was wir uns wünschen, schon auf dem Feld. Das ist das Entscheidende.
Der FC Bayern geht als Favorit in dieses Traditionsduell. Trotzdem hat Bremen in den letzten Jahren durchaus gezeigt, dass man in München gewinnen kann. 2024 gab es ein 1:0, Torschütze war Mitchell Weiser. Was macht Hoffnung, dass es wieder klappt?
Du musst natürlich ein Stück weit hoffen, dass die Bayern nicht ihren allerbesten Tag haben. Es braucht einen Top-Tag für uns. Wir müssen uns auf dem Platz gegenseitig unterstützen und eine gewisse Aggressivität hohe Intensität an den Tag bringen.

Werder Bremen besticht durch Dynamik und Spirit
Was haben Sie in dieser Saison für eine Mannschaft zusammengestellt?
Wir haben eine neue Dynamik und einen neuen Spirit in der Mannschaft. Das Gesicht hat sich ein Stück weit geändert. Man merkt einfach diese Lust, diese Freude auf das Training und die Spiele. Diese Mannschaft will sich weiterentwickeln, den nächsten Schritt machen. Natürlich haben wir auch einen Trainer, der viel von der Mannschaft einfordert und dem der Umgang untereinander wichtig ist. Jeder will den anderen unterstützen.
Sie hatten bei Werder schon als Spieler Legendenstatus, haben dann eine Blitz-Karriere zum Geschäftsführer Profifußball hingelegt. Spürt man da nochmal eine andere Verantwortung gegenüber dem Klub, jedes Jahr ein starkes Team zusammenzustellen?
Das Wort Legende ist mir ein bisschen zu viel. Ich sehe mich nicht als Legende. Ich mache meinen Job mit sehr viel Werder-Herz und Leidenschaft. Ich gehe in mein 20. Jahr bei Werder und natürlich baut man da eine emotionale Bindung zum Verein auf. Ich freue mich tagtäglich, wenn ich zum Weserstadion fahren darf, um meiner Arbeit nachzugehen. Das ist es natürlich mein Anspruch, mein Bestes für Werder zu geben. Das habe ich als Spieler getan und das mache ich jetzt als Geschäftsführer Fußball Profisport. Man hat einfach Ziele und Visionen, die man erreichen will.
Fritz über den FC Bayern: "Haben eigentlich die gleichen Probleme wie andere Bundesligavereine"
Aber Druck spüren Sie nicht?
Als Spieler hat man schon einen hohen Druck. Das ist als Manager genauso. Da ist es nochmal anders, weil du für das große Ganze verantwortlich bist. Aber ich habe in meiner Karriere gelernt, mit Druck umzugehen.
Max Eberl hatte auf der anderen Seite einen harten Transfer-Sommer hinter sich. Er musste sich viel Kritik anhören. Wie blickt man in Bremen aus sowas?
Ich schätze Max sehr. Natürlich schaut man mal nach München und denkt sich: Die haben eigentlich genau die gleichen Probleme wie andere Bundesligavereine, nur auf einem deutlich höheren Niveau. Gerade wenn man in den letzten Tagen des Transferfensters nur leihen kann, macht es den Job nicht einfacher. Das hatten wir auch. Man sieht: Egal, ob es der FC Bayern ist, ob es Borussia Dortmund ist, ob es Holstein Kiel ist, oder wir, alle Vereine aus der Bundesliga und 2. Bundesliga haben im Endeffekt die gleichen Themen und Herausforderungen.

Bremen-Boss warnt vor aufklaffender Lücke zur Premier League
Es wird immer davon gesprochen, dass der Transfermarkt gerade durch die Premier League schwerer wird. Merken Sie das auch?
Man muss sich nur mal die Ausgaben der Premier-League-Vereine anschauen. Leeds United, die vergangene Saison aufgestiegen sind, haben jetzt ein Transferminus von rund 150 Millionen Euro. Das ist schon eine andere Kategorie. Arsenal London hat ein Transferminus von rund 250 Millionen Euro. Daran sieht man, dass da andere Möglichkeiten da sind. Wir in Deutschland versuchen mit einem positiven Ergebnis zu wirtschaften. Es sind vielleicht fünf Bundesligavereine, die ein negatives Transferergebnis haben. In der Premier League ist einfach mehr Geld im Markt ist. Das ist die Herausforderung, die die Bayern auf dem internationalen Niveau haben, um mitzuhalten. Das ist aber auch unsere Herausforderung, um auf nationalem Niveau mitzuhalten. Da müssen wir aufpassen und das ganzheitlich sehen, dass die Lücke nicht immer größer wird. Am Ende wollen wir mit der Bundesliga natürlich ein spannendes Produkt haben.
Uli Hoeneß meinte jüngst, die Bundesligavereinen sollen nicht mehr das Geld aus der Premier League annehmen. Ist das für Vereine wie Bremen realistisch, wenn ein hohes Angebot kommt?
Da will ich ehrlich sein: Wenn ein Premier-League-Verein kommt und sagt, wir zahlen Summe X für den Spieler und es gibt ein Alternativangebot aus Italien, das darunter liegt, nimmst du natürlich das Angebot aus der Premier League an. Das ist menschlich und rein wirtschaftlich gedacht. Ich sehe diese riesige wirtschaftliche Lücke als ganzheitliches Problem in Europa, Man muss das zwischen den Ligen, aber auch innerhalb der Vereine in den Ligen in den Griff bekommen. Das kann nicht von heute auf morgen gehen. Da muss man aber mit den Top-Klubs anfangen und das dann nach unten brechen.

Fritz: "Irgendwann wird es nicht mehr so weitergehen"
Die Premier League enteilt der Bundesliga zunehmend. Wie kann man dennoch die Attraktivität der Bundesliga aufrechterhalten?
Es wird oft über eine Gehaltsobergrenze gesprochen. Aber du willst auch international konkurrenzfähig sein. Wenn das aber zum Beispiel nur in Deutschland umgesetzt wird, bekommst du viele Spieler gar nicht mehr nach Deutschland. Deswegen ist es ein Thema, das man europaweit betrachten muss. Klar, das Produkt Fußball ist interessant. Wir schreiben jedes Jahr Rekordzahlen, aber irgendwann wird es nicht mehr so weitergehen, wenn es zu einseitig ist.
Ist es auch vielleicht eine Möglichkeit, genau solche Traditionsduelle wie Bayern gegen Werder noch mehr in den Mittelpunkt zu rücken?
Diese Duelle werden schon medial gut inszeniert. Gerade durch das neue Rechtepaket öffnen wir uns als Vereine den Medien nochmal mehr. Da wird schon immer wieder versucht, die Attraktivität hochzuhalten. Aber die Lücke zwischen den Kaderwerten von Bayern und uns ist natürlich enorm groß. Und das ist kein Vorwurf an die Bayern.
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