Was sich Gomez bei Gerd Müller abschauen will

„Ich bin jemand, der nicht egoistisch denkt, aber öfter so spielt“: Wie Bayerns neuer Torjäger seine Rolle im Team charakterisiert – und warum ihm München lieber ist als schwäbische Gemütlichkeit
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Trifft Mario Gomez gegen Werder? Sie könnten es live im Stadion erleben.
dpa Trifft Mario Gomez gegen Werder? Sie könnten es live im Stadion erleben.

„Ich bin jemand, der nicht egoistisch denkt, aber öfter so spielt“: Wie Bayerns neuer Torjäger seine Rolle im Team charakterisiert – und warum ihm München lieber ist als schwäbische Gemütlichkeit

AZ: Herr Gomez, 2006 hatten Sie von Juventus Turin ein 20-Millionen-Euro-Angebot. Sie hätten mit 21 ausgesorgt gehabt.

MARIO GOMEZ: So bin ich nicht, und so denke ich nicht. Würde ich so denken, würde ich nichts erreichen. Jeder will Geld verdienen, aber es geht mir nicht nur darum, mit einem Schlag ausgesorgt zu haben. Im Nachhinein bin ich stolz, gewartet zu haben, weil es für meine persönliche Entwicklung wichtiger war, noch in Stuttgart zu bleiben. Ich habe mich nicht nur fußballerisch, sondern auch persönlich weiterentwickelt.

AZ: Und warum gab es jetzt keinen Wechsel ins Ausland? Hat eine ausländische Liga ihren Reiz für Sie verloren?

Es sprach einfach zu viel dafür, zu den Bayern zu kommen. Als klar war, dass Bayern mich wirklich ernsthaft will, hat mich das in meiner Meinung nur bestätigt. Zudem glaube ich, dass die Bundesliga inzwischen nur noch von der englischen Premier League und der Primera Division übertroffen wird, was die Qualität der Spieler angeht. Aber in allen anderen Punkten ist sie sicher eine der Besten in Europa. Aber Deutschland wird weiter aufholen.

AZ: Welche Stürmer stehen für Sie heute ganz oben?

Es gibt eine ganze Reihe von Leuten, die über allen anderen stehen: Messi, Ronaldo, Kaka, Eto’o, Ibrahimovic – die sind, auch zu Recht, weltweit am beliebtesten.

AZ: Gerd Müller predigt stets, wie wichtig einfache Tore sind.

Das ist die Kunst des Stürmers, die einfachen Dinge zu machen! Wenn man bei den einfachen Toren eine hohe Quote hat, kann man viele Tore machen.

AZ: Psychologie ist also wichtig für Stürmer?

Das ist auch etwas, was ich gelernt habe. Lange dachte ich, du musst bei jeder Aktion beteiligt sein, immer allem nachgehen. Ich war regelrecht enttäuscht, wenn mir das nicht gelang. Heute habe ich gelernt, nicht ungeduldig zu werden und zu warten. Wenn du ungeduldig wirst, verlierst du an Konzentration und bist im entscheidenden Augenblick nicht mehr präsent.

AZ: Ihr Markenzeichen ist eine hohe körperliche Präsenz, ein enormer Zug zum Tor.

Der Moment, wenn der Ball ins Netz fliegt, ist gigantisch. Es gibt viele Stürmer, die egoistisch denken, aber nicht egoistisch spielen. Ich bin eher jemand, der nicht egoistisch denkt, aber öfter so spielt. Ich glaube schon, dass man als Stürmer auch mal egoistisch handeln muss, ohne das Team zu vergessen. Stürmer sein, heißt auch zu arbeiten.

AZ: Wie steht es um den Stellenwert der Bayern in Europa?

Das Ansehen der Bayern in Deutschland ist nicht so gut wie das Ansehen der Bayern in Europa. In Europa genießen die Bayern sehr viel Respekt. In Deutschland wird immer erzählt, es gibt in der Bundesliga keine gescheiten Gegner und in der Champions League schaffen sie es nicht übers Halbfinale hinaus. Ich spüre hier ein großes Potenzial und einen ausgeprägten Willen, Erfolge zu erzielen.

AZ: Sind die Bayern – auch was die Ausgaben anderer Vereine angeht – in Europa nicht ein Klub der zweiten Reihe?

Barcelona hat sicher mit die besten Einzelspieler, aber sie hatten letzte Saison auch die beste Mannschaft, deshalb haben sie die Champions League gewonnen. Solche Titel gewinnst du nur als Mannschaft. Auch mit weniger Stars kannst du so etwas erreichen.

AZ: Und mit dem FC Bayern wollen Sie Titel gewinnen?

Das sind nicht nur meine Ziele, das sind die Ziele des FC Bayern: Meisterschaft und Champions League. Ob wir das dieses Jahr schon hinkriegen, weiß ich nicht. Aber wir haben eine neue Mannschaft und einen neuen Trainer.

AZ: Louis van Gaal ist sehr detailversessen. Er lässt Grundlagen wie Pässe und so weiter üben. Das erinnert uns an Weltklasse-Tenniscracks, die oft stundenlang im Training an ihrer Vorhand feilen.

Von niederländischen Trainern heißt es, sie machen viel Passspiel und Taktik im Training – und genau so macht er es. Die Niederlande haben nur 16 Millionen Einwohner, und man sieht wie gut sie ihre Fußballer ausbilden, weil die große Masse an Spielern fehlt. Herr van Gaal ist dabei sehr konsequent. Und jeder kann sein Passspiel verbessern. Außer Xavi und Iniesta kenne ich keinen, den ich als perfekt im Passspiel ansehe. Fest steht aber: Die großen Mannschaften lassen den Ball laufen, die laufen nicht selbst.

AZ: Sie sind ein Jahr vor der WM in Südafrika zu einem großen Klub gewechselt, erhöht das die Chancen beim DFB?

Wenn du den Mut nicht hast und die Energie nicht aufbringen kannst, dann musst du da bleiben, wo es dir gefällt, wo dir niemand was tut. Dann bekommst du vielleicht in Stuttgart ein Denkmal gebaut. Ich wollte es aber nicht mehr nur gemütlich haben.

Interview: Oliver Trust

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