"Wahnsinn, wie er trainiert"

MÜNCHEN Mit der Motivation, einen Start-Ziel-Sieg ab dem ersten Spieltag der Bundesliga hinzulegen, kann man einen wie Jupp Heynckes nicht locken. „Ich möchte am liebsten am 34. Spieltag oben stehen”, sagte der Bayern-Trainer vor dem Liga-Auftakt am Sonntag (17.30 Uhr, Sky und Ligatotal! live) gegen Borussia Mönchengladbach. Heynckes’ Prinzip: „Ich möchte das Spiel gewinnen, nicht Tabellenführer sein - und wenn es ein 1:0 ist.”
Ob mit oder ohne die Flügelakrobaten Arjen Robben und Franck Ribéry, die beide wieder in die Mannschaft drängen nach ihren Kapselverletzungen. „Ich werde mir noch Informationen bei unserem Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt einholen und ihn fragen, was alles passieren könnte, wenn ich sie einsetze”, sagte Heynckes. Beide werden im Kader sein. Kommt kein Rückschlag wird Robben beginnen und Ribéry, der länger pausieren musste, als Joker auf der Bank sitzen.
Speziell mit dem Franzosen hat sich Heynckes in den letzten Tagen während dessen Reha-Programm beschäftigt. „Es ist Wahnsinn, wie er mit Gips trainiert hat.” Und dann folgte der Nachsatz: „Das hat er bis dato nicht so gemacht.” Er meinte wohl: Bis Heynckes (kam). Der neue Bayern-Trainer weiter: „Man ist erstaunt, auch im Umfeld der Mannschaft, wie intensiv er arbeitet und was für eine Eigenmotivation er mitbringt. Aber für mich ist das selbstverständlich und eine Voraussetzung. Mir war das klar.”
Ribéry hat den Spaß wieder gefunden. Vorbei sind die Zeiten, als er von Ex-Trainer Louis van Gaal schroff behandelt wurde und „keinen Spaß” hatte, wie er betonte. Vertrauen schon gar nicht. Mit Heynckes ist das anders. „Der neue Trainer ist sehr sympathisch, sehr locker”, sagte der 28-Jährige in der Vorbereitung, „er redet viel mit jedem Spieler, er versteht, was Spieler brauchen.” Der 66-Jährige hatte schon bei seinem Kurz-Engagement im Frühjahr 2009 zu Ribéry ein enges Verhältnis aufgebaut. Nun sagt er: „Es ist die Aufgabe eines Trainers, die einzelnen Charaktere zu ergründen”, erklärte Heynckes, „jeder Spieler ist anders gepolt. Zu jedem braucht es einen anderen Zugang, das muss von Vertrauen gestützt sein. Der eine Spieler braucht mehr Feuer, der andere Zuspruch, der nächste mal einen Spruch. Das muss man als Trainer erkennen.”
Van Gaal nannte dies stets das ganzheitliche Prinzip, doch speziell das Verhältnis zu Ribéry war von ständigen Spannungen geprägt. Heynckes lässt die Spieler mehr an sich heran, sucht den kurzen Draht. Nicht ohne strenge Hand. „Es gibt in einer Mannschaft klare Regeln, Disziplin muss sein. Aber seit ich hier bin, ist noch nie einer zu spät zum Essen oder zur Abfahrt gekommen.”