Vier Jahre nach Bernabeu: Bayern-Fan klagt Polizei an

München - Vier Jahre ist es jetzt her. Doch für den FC-Bayern-Fan Rainer Leonhardt (58) ist die Vergangenheit noch lange nicht vergangen, auch wenn die Schmerzen von damals längst abgeklungen sind. Der Geigenbauer aus Mittenwald wurde wie viele andere Fans auch von einer spanischen Polizeitruppe brutal zusammengeschlagen.
Gewalt gegen Bayern-Fans: Bis heute keine Erklärung der Polizei
Einem Fan wurde ein Finger gebrochen, ein Anhänger wurde von einem Hund gebissen, eine junge Frau erlitt eine Panikattacke, weil sie von einem Hund angefallen wurde.

Auch den Sohn von Rainer Leonhardt erwischte es. Die Bilder zeigen ihn mit einer blutenden Wunde am Kopf. Die Szenen aus dem Madrider Bernabeu-Stadion vom 18. April 2017 entsetzten damals nicht nur die Fans des FC Bayern.
Auch FC Bayern hatte Aufklärung durch Behörden gefordert
Bis heute kam dennoch von offizieller Seite keine Erklärung für diesen polizeilichen Gewaltexzess beim Champions-League-Spiel von Real Madrid gegen den FC Bayern. Von einer Entschuldigung ganz abgesehen.
Dabei hatte auch der FC Bayern Aufklärung gefordert, war mit dem Thema auch bei der Bundesregierung vorstellig geworden. Genutzt hat es wenig. Was die spanischen Ermittler am Ende als Ergebnis ihrer Ermittlungen vorlegten, wirkte "willkürlich und dilettantisch", findet der Münchner Rechtsanwalt Marco Noli. Dabei müsste es aufgrund der Nummern an den Uniformen leicht möglich sein, die prügelnden Polizisten zu identifizieren.
Rainer Leonhardt will sich nicht damit abfinden. Mit Nolis Hilfe - der Anwalt war selber bei dem Spiel im Stadion dabei - hat er vor einer Woche eine strafrechtliche Privatklage in Spanien erhoben. Jetzt ist die spanische Justiz gefordert, doch noch weitere Ermittlungen in Gang zu setzen. Hat Leonhardt eine Erklärung für den Gewaltexzess? "Nein", sagt er im AZ-Gespräch. "Die Stimmung bei uns war gut. Vielleicht hat das den Spaniern nicht gepasst."
Er betont: "Ich bin kein Ultra, ich bin Fußball-Fan."
Vor dem Stadionbesuch mit Tochter Nina (31) hatte er noch ein wenig Sightseeing in Madrid gemacht. Nichts deutete auf eine angespannte Lage in und um das Stadion hin. Warum die Polizei dann auf die Fans einprügelte? "Das weiß kein Mensch. Es hat nichts gegeben. Nichts." Auch auf den Videos von dem Einsatz seien keinerlei Provokationen seitens der FC-Bayern-Fans zu erkennen. So erinnert sich Leonhardt: "Ich war in der Halbzeitpause auf dem Weg zu meinem Sohn."
Der hatte wenige Meter entfernt in einem anderen Block Platz gefunden. Urplötzlich griff das schwarz uniformierte Polizeikommando ein.

Sein Sohn (24) wurde am Kopf erwischt, er blutete. "Ich habe Max zugerufen: Setz dich hin! Bleib ruhig!" Auch andere Fans hätten versucht, die Situation zu beruhigen. Ohne Erfolg. In den Gängen des altehrwürdigen Stadions wurde natürlich über die Gründe des brutalen Einsatzes spekuliert, erinnert sich Anwalt Noli. Von einem verbotenen Banner einer französischen, mit den Bayern-Fans befreundeten Fan-gruppierung sei die Rede gewesen. Aber reicht das als Grund?
Fan erhebt nach vier Jahren Privatklage
Rainer Leonhardt hat eine andere Erklärung: "Die Spanier mögen uns einfach nicht." Es ist nicht das erste Mal, dass er als FC-Bayern-Fan in südeuropäischen Stadien mit übertriebener Härte der Ordnungskräfte konfrontiert wurde. Die in Madrid erlittenen Verletzungen auf seinem Rücken sind jedenfalls durch Fotos gut dokumentiert. Wer ihn so zugerichtet hat? "Ein Polizist in schwarzer Uniform, der auf mich eingedroschen hat." Auf einem Bild, das im Internet kursiert, ist tatsächlich zu sehen, wie Leonhardt mit dem Schlagstock angegriffen wird und er in Deckung geht.

Warum Leonhardt nach vier Jahren noch Privatklage erhebt? Um Schmerzensgeld gehe es ihm nicht, betont er. Sondern? "Um zukünftig Fans aller Vereine vor der völligen Willkür der Polizei oder schwarzen Schläger zu schützen." Ob das gelingt? Jetzt ist das Gericht in Madrid am Zug.