Van Gaal & Ribéry: Je t'aime!

Hatten der Superstar und der Trainer nicht mal Stress miteinander? Nun aber springt der Franzose dem Coach jubelnd in die Arme. Der Holländer wertet das so: „Er hat gezeigt, dass er den Trainer liebt.“
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Freudensprung zum Trainer: Franck Ribéry nach seinem Tor in Dortmund.
dpa Freudensprung zum Trainer: Franck Ribéry nach seinem Tor in Dortmund.

DORTMUND - Hatten der Superstar und der Trainer nicht mal Stress miteinander? Nun aber springt der Franzose dem Coach jubelnd in die Arme. Der Holländer wertet das so: „Er hat gezeigt, dass er den Trainer liebt.“

Lieber Leser, denken Sie bitte kurz mal an ihren Chef und überlegen, ob das drin wäre – vielleicht noch dazu in einem Großraumbüro: Einfach mal ganz ungehemmt nach einem betriebswirtschaftlichen Erfolg seinem Vorgesetzten mit Anlauf in die Arme springen und ihm auf Hals und Nacken einen Schmatzer verpassen. Nein? Nicht denkbar? Ach, Sie wollen nicht? Schon gar nicht, wenn man in den Monaten zuvor nicht wirklich einer Meinung war, hier und da schlecht übereinander geredet wurde?

Ein Fußballer wie Franck Ribéry kann das machen. Und was wäre los gewesen, hätte Louis van Gaal die gemeinsame Jubelnummer sabotiert, in dem er einfach einen Schritt zur Seite gemacht hätte? Hat er nicht. Der Holländer empfing den Franzosen, der vom Tatort Freistoß via Mittellinie stramm auf ihn zugestürmt war, mit offenen Armen und offenem Mund. Die wahre Meisterleistung war nicht der elegante Freistoß von Ribéry zum zwischenzeitlichen 3:1 beim 5:1 in Dortmund, sondern der Kraftakt des Trainers. Er blies die Backen auf, drückte den Rücken durch und konnte Springer Franck halten – samt Kladde und Aufstellungszettel in der linken Hand.

"Lustig, wenn so ein kleiner Zwerg an so einem großen Trainer hängt"

„Lustig, wenn so ein kleiner Zwerg an so einem großen Trainer hängt“, meinte Beobachter Bastian Schweinsteiger. Des Trainers Anzug war ein wenig verknittert an der linken Schulter, das Verhältnis zwischen Ribéry und van Gaal dafür auf einen Streich wieder glatt gebügelt.

„Man hat gesehen, dass der Coach wirklich fit ist“, sagte Ribéry am Sonntag und fügte hinzu: „Er geht ja auch jeden Tag in den Kraftraum.“ Er lachte. Nein, nein, war bloß ein Schabernack – der Spruch. Und die ganze Aktion?

Keine geplante Aktion, versicherte der Franzose. „Das war instinktiv. Nach meinem Freistoßtor verspürte ich plötzlich diesen Impuls und dann rannte ich los“, sagte Ribéry. Welche Worte er bei seinem aggressiven Jubellauf in Richtung Bank schmetterte, daran konnte und wollte sich der 26-Jährige nicht mehr erinnern. Ist wohl auch besser so.

In seinem Selbstverständnis ist er sich zu gut für die Jokerrolle

Ich wollte zeigen, dass zwischen uns alles in Ordnung ist“, erklärte Ribéry, verriet aber auch: „Da war auch viel Frust dabei, weil ich bei der französischen Nationalmannschaft nicht viel gespielt habe.“ Bei Bayern auch nicht. Es ist eine Saison der Einwechslungen bisher für Ribéry, tatsächlich drei Mal für Frankreich und auch drei Mal für den FC Bayern. Doch in seinem Selbstverständnis ist er sich zu gut für eine Jokerrolle, auch wenn sein Körper in Folge mehrerer Blessuren seit der Sommerpause ihm mehrere Streiche gespielt hatte. Dazu kam die Umstellung auf die Arbeitsmethoden des neuen Vorgesetzten.

„Am Anfang kannten wir uns nicht, das Training war sehr hart, van Gaal fordert und verlangt viel – das waren wir alle nicht gewohnt“, erzählte Ribéry, „doch er ist ein Trainer mit viel Intelligenz und Erfahrung, das wird nun in den Spielen belohnt.“ Dank Ribéry.

Weil er wieder Spaß hat, zumindest im Spiel. Im Training, so sein Vorwurf zuletzt an den Coach, seien alle „viel zu ernst. Ich spüre vor allem bei Trainingseinheiten eine gewisse Blockade bei den Spielern. Keiner lachte oder traute sich etwas zu sagen.“ Nun revidierte er seine Aussagen, meinte: „Wir brauchten Zeit, um uns aneinander zu gewöhnen. Aber es gibt wirklich keine Probleme.“

"Es freut mich immer, wenn ein Spieler sein Tor mit mir feiert"

Ein Filou, der Franck. Die Wechselfrist ist vorbei, seine Verletzung bald ganz überstanden und die Fitness wiederhergestellt – da kann man den Trainer schon mal anspringen. Dem blieb nichts anderes übrig als den Versöhnungsakt zu bestätigen: „Es freut mich immer, wenn ein Spieler sein Tor mit mir feiert. Franck Ribéry hat heute gezeigt, dass er diesen Trainer liebt.“

Je t’aime! ist es wirklich Liebe beim Franzosen?

Die Bayern sind durch das 5:1 in Dortmund neu entflammt. Da spricht man in der Euphorie gleich von mehr, etwa von einer Verlängerung der vertraglich geregelten (Liebes-) Beziehung über 2011 hinaus. „Der Verein wird bereits seine Idee haben, und ich habe auch schon eine Idee“, meinte Ribéry am Sonntag, „eine kleine Sitzung, und dann kann sich das schon entscheiden.“ So macht man besonders den Fans Hoffnung.

Am Dienstag aber droht eine weitere, kleine Beziehungskrise der jungen Liebe. Beim Champions-League-Auftakt in Israel bei Maccabi Haifa (20.45 Uhr) droht Ribéry erneut die Bank. „Dass Franck wieder fit ist, ist bis heute nicht der Fall“, sagte der Coach und meinte: „Ich weiß das, und Franck weiß das auch.“ Der Franzose nickte, sagte jedoch: „Auf die Bank habe ich keine Lust mehr. Da wird mir langsam langweilig.“ Da macht das Jubeln auch nur halb so viel Spaß.

Patrick Strasser

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