Urbig gegen Nübel: So klar ist das Torwart-Rennen nun beim FC Bayern
Es war ein Spaziergang der Bayern in Stuttgart. Am Samstagvormittag, ab 11 Uhr vom Mannschaftshotel aus. Und dabei – bei diesem Spaziergang vor jenem auf dem Platz gegen Ende der Partie beim VfB Stuttgart – erfuhr Jonas Urbig von Trainer Vincent Kompany: "Du spielst, Manuel bekommt eine Pause."
Rotation also auch im Tor. Platzhirsch Neuer macht Platz für den 22-jährigen Kronprinzen. Dessen Reaktion? "Ich habe mich gefreut", meinte Urbig nach dem 5:0 bei den Schwaben trocken und erklärte: "Ich bin immer vorbereitet, wir bereiten uns als Torwartteam immer gemeinsam vor." Fokus aufs Spiel, Tunnelblick – und durch.
Duell der Nachfolger
Dass ihm gegenüber im Tor des VfB ein weiterer Bayern-Keeper stand, die Leihgabe Alexander Nübel (29 Jahre, zwei Länderspiele), tangierte Urbig nicht. Dass es das Duell der möglichen Neuer-Nachfolger sein würde – habe er im Hinterkopf gehabt? "Nein." Urbig parierte Fragen wie Schüsse. Klar, trocken, ohne Fehler.
Der ehemalige Kölner durfte in Stuttgart sein viertes Pflichtspiel in dieser Saison bestreiten, vertrat den Weltmeister von 2014 mühelos und souverän – ganz im Gegensatz zum Auftritt seines Gegenübers Nübel im VfB-Tor, der zweimal gravierend patzte und dabei eines der Gegentore verschuldete. "Aus seiner Sicht bitter für ihn", meinte VfB-Trainer Sebastian Hoeneß. Auch er wusste: Der klare Punktsieger hieß Urbig.
Respekt statt Rivalität
"Über Torwartkollegen möchte ich nicht urteilen. Der Alex ist ein sehr guter Torwart", meinte Urbig nur, während sich Nübel bei den VfB-Reportern entschuldigte: "Ich komme ja sonst immer zu euch." Diesmal nicht.
Denn diese Partie war – wenn es das noch gebraucht hätte – ein klarer Fingerzeig dafür, wer von den beiden eines Tages Neuer nachfolgen wird. Nübels Leihvertrag endet im Sommer, der VfB wird sich eine Verpflichtung nicht leisten können. Das Paket aus Ablöse und Gehalt ist nicht zu stemmen. Die Bayern erhoffen sich bei einem Verkauf eine zweistellige Millionen-Ablöse. Urbig soll Neuer beerben.
Die Zukunft von Neuer
Wann, hängt vom 39-Jährigen ab. Will er noch eine Spielzeit dranhängen – oder macht er nach Saisonende Schluss? Im Frühjahr soll es konkrete Vertragsgespräche mit den Bayern-Bossen geben.
Dass Kompany das Spiel beim VfB für Urbig auswählte, erklärte der Belgier so: "Wir haben drei Spiele in sechs Tagen, wollen den Kader nutzen. Jonas hat bisher noch nie enttäuscht und uns immer geholfen. Wir suchen immer den richtigen Moment, damit er seine Minuten bekommt und seine Entwicklung weitermachen kann. Das haben wir auch mit Manu besprochen und uns für heute entschieden anstatt es nächste Woche zu machen. Danach geht alles wieder normal weiter."
Neuers Vertrauensbeweis
Im zweiten Glied – als Erbfolger von Neuers Gnaden. Der schätzt Urbig, fördert Urbig, lobt Urbig. "Er hat in den Spielen schon gezeigt, dass er es kann, und das wird er noch weiter tun", sagte Neuer letzte Woche – und verkündete, als sei dies bereits Fakt: "Es ist für ihn kein Problem, dass er meine Nachfolge antreten kann und wird."
Urbigs Reflex: "Das ehrt mich natürlich – aber ehrt natürlich auch ihn, dass er das so sieht." Der Gelobte bleibt Realist: "Ich finde, dass es trotzdem nichts garantiert."
Die Bayern-Position
Immerhin: Kurzfristig habe Neuer "sofort grünes Licht gegeben und gesagt: Okay, kein Problem", berichtete Sportvorstand Max Eberl in den Stuttgarter Katakomben.
Über den Zeitplan, wann die Weichen für die Zukunft im Bayern-Tor gestellt werden sollen, erläuterte Eberl: "Wir haben, glaube ich, eine sehr, sehr gute Ausgangslage. Mit Manu einen herausragenden Torwart, mit Jonas einen, der immer wieder seine Leistungen bringt, wenn er spielt. Alex Nübel gehört auch noch zum FC Bayern – ein Keeper mit sehr, sehr guter Qualität." Eine Entscheidung falle jedoch "nicht in den nächsten Wochen und Monaten", sondern werde "ein bisschen Zeit benötigen".
Klingt nach einer weiteren Saison mit Neuer – und Urbig in dessen Schatten.
