Trainer der Herzen! "Ein Sieg für mich"
MÜNCHEN Hinterher war alles easy, so was von entspannt. Vor allem der Trainer. „Heute konnte man sehen, wie Bayern spielen kann. Ein sehr gutes Ergebnis, das auch für das Spiel gegen Inter Mailand gut ist. Robben war fantastisch, Ribéry großartig.“ So weit die Kurzbilanz von Louis van Gaal.
Er strahlte. Das 6:0 gegen den HSV war ein seltener Ausbruch von Spielfreude, ein Frustlaufen nach harten Tagen, ein Fest für den auf Raten gekündigten Trainer. Perfekt, um Spiel eins als „Ente Louis“, („lame duck“) Eigenwerbung zu betreiben. „Ich habe auch eine Aufgabe, das Publikum zufriedenzustellen. Ich glaube, dass Bayern in der ganzen Welt sympathisch geworden ist, nur wegen dieser Art und Weise zu spielen“, sagte er schon vor Anpfiff bei „Liga Total“. „Ich werde das nicht so einfach ändern, weil ich denke auch, dass das eine Handschrift eines Trainers ist.“ Das geht an die Bosse.
Was van Gaal meinte, waren die großartigen Auftritte der letzten Saison. Denn auch gegen den HSV führte erst ein zäher Anlauf zur Show. Nach einer halben Stunde schien es, dass die Dinge ihren Lauf nehmen sollten, den Anti-Lauf. 1:3 gegen Dortmund, 0:1 gegen Schalke, 1:3 in Hannover. Sie waren verunsichert. Querpässe, Rückpässe. Pfiffe. Ballgeschiebe führt zu Ballbesitz und Sympathieverlust bei den Fans.
Als Mario Gomez einem mit seinem Künstlerpech schon leid tat, entschied sich Arjen Robben für den brachialen Durchbruch des Anti-Laufs. Der Holländer jubelte derart aggressiv, als müsste er sich sämtlicher Ketten entledigen. Drei Spiele hatten Robben und seine Kumpels in der Grube, im Leistungsloch, verbracht. Nun drehten sie, besonders Franck Ribéry, auf. Van Gaal, der Sanduhr-Trainer, ließ sie laufen. Völlig enthemmt zerlegten sie den HSV mit 6:0. Leb’ wohl, Ballgeschiebe! Louis van Gaal, einst Feierbiest, dann mehr und mehr Fehlerteufel, wirkte auf seiner Ehrenrunde bis zum Abschied Mitte Mai gelöst und locker.
Ein Trainer der Herzen. Er lobte das Publikum, redete ausführlich wie lange nicht mit den Reportern. Die Bärbeißigkeit hat er abgelegt, seine Eitelkeit freilich nicht. „Die Mannschaft hat heute auch für mich gewonnen, das war ein Sieg für mich.“ Robben sprach: „Wir ziehen mit dem Trainer an einem Strang. Wir müssen einander helfen und unterstützen.“ Besonders am Dienstag im Rückspiel gegen Inter. Der Rest ist nicht mehr seine Sache. Sportdirektor Christian Nerlinger: „Wir werden zu 100 Prozent im Sommer keine Übergangslösung wählen, sondern einen Trainer, der uns erfolgreich macht.“