Traditionsspiel mit legendärer Wutrede

Gegen französische Mannschaften taten sich die Bayern im Europapokal immer schwer. Vor allem 2001. Da gab es eine böse Niederlage und die legendäre Wutrede von Franz Beckenbauer
von  Abendzeitung

Gegen französische Mannschaften taten sich die Bayern im Europapokal immer schwer. Vor allem 2001. Da gab es eine böse Niederlage und die legendäre Wutrede von Franz Beckenbauer

MÜNCHEN Franzosen? Eher selten. Allein gegen Real Madrid spielte der FC Bayern in vier Jahrzehnten Europacup-Historie öfters als gegen alle französischen Mannschaften zusammen. Duelle, die nie für ein derart freudiges Kribbeln sorgten wie etwa bei Gegnern aus Spanien, Italien, England, Mannschaften wie Madrid, Mailand, Manchester. Aber Spiele, die für die Bayern meist unangenehm waren.

So bereits bei der Premiere im Pokal der Landesmeister gegen AS St. Etienne. 1969, nach dem ersten Meistertitel zu Bundesliga-Zeiten. Daheim im Grünwalder Stadion gab es noch ein 2:0, durch Tore von Brenninger und Roth, doch auswärts folgte dann ein 0:3. Das Aus in der ersten Runde, genau heute vor 39 Jahren. Allez les Bleus? Au revoir, les Rouges.

Die Revanche gegen St. Etienne gab es 1975 im Halbfinale. 0:0 und 2:0, dank Treffer von Beckenbauer und Dürnberger, ein Jahr später trafen sie sich in Glasgow beim Endspiel. Das miserabelste Finale, das die Bayern jemals spielten, aber ein Freistoß von Bulle Roth reichte zum dritten Triumph am Stück.

20 Jahre danach ging es im Endspiel gegen Girondins Bordeaux. Im Uefa-Pokal, der damals in Hin- und Rückspiel entschieden wurde und die Bayern 2:0 und 3:1 gewannen.

Den ganz großen Pott im Wettbewerb, der inzwischen Champions League hieß, holten die Bayern dann erst 2001 wieder. Im Elferschießen gegen Valencia.

Das war zwar keine französische Mannschaft, aber doch sagen manche Beteiligte von damals inzwischen, dass ein Spiel Anfang März damals ganz entscheidend gewesen sei für den Triumph Ende Mai. Das 0:3 in der Zwischenrunde in Lyon. Mit der Brandrede von Franz Beckenbauer.

Der Kaiser war schon in der Halbzeit fürchterlich grantig, als die Bayern in der Halbzeit 0:2 zurück waren: „Wir könnten auch 0:5 hinten liegen. Schlechter kann man nicht spielen. Das war eine Katastrophe, gelinde gesagt.“ Gelinde sagte er nach Abpfiff dann nichts mehr.

Im Salon „Tête d’Or“ des Hilton von Lyon beschimpfte Beckenbauer die Spieler als „Lehrbuben“ und tobte: „Es ist jetzt ein paar Minuten vor Zwölf. Wer seine Einstellung nicht ändert, muss sich einen anderen Beruf suchen. Jeder muss jetzt an die Schmerzgrenze gehen – und wenn’s einer noch nicht kapiert hat und Nachhilfe braucht, kriegt er noch was ganz anderes zu hören.“

Es folgte noch der berühmte Vergleich mit der Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft, was vor allem dort bei den Alten Herren um Seeler, Jürgen Grabowski, Bernd Cullmann und Wolfgang Kleff für Empörung sorgte, weil sie meinten: „Wir spielen besser als die Bayern.“

Doch auch die Bayern-Spieler zürnten ihrem Präsidenten, Kapitän Stefan Effenberg sagte damals in einer ersten Reaktion: „Das geht ganz klar unter die Gürtellinie.“ Klar, dass er das inzwischen auch ganz anders sieht. „Beckenbauer hatte das Recht, uns zu kritisieren“, sagte er am Montag im AZ-Interview, „wir haben dann ja auch die richtige Reaktion gezeigt.“ Mit anschließenden Erfolgen über Arsenal, Manchester United und Real, dann dem Triumph gegen Valencia.

Und auch das bis Dienstag letzte Spiel gegen Lyon verloren sie. 1:2 im November 2003 im Olympiastadion, auch in der Gruppenphase, als ausgerechnet Giovane Elber das Siegtor für die Gäste schoss. Danach gewannen die Bayern nicht die Champions League. Vielleicht hätte Beckenbauer mehr schimpfen müssen.

fk

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