Schweinsteiger: "Es fehlt der Respekt"
Bastian Schweinsteiger ist nach 101 Tagen zurück in der Nationalmannschaft. Bei seinem ersten Auftritt wirkt er etwas dünnhäutig.
Frankfurt/Main - Bastian Schweinsteiger war eigentlich bester Laune. Beim Training feixte er im Sonnenschein mit seinen Mannschaftskollegen, zur Pressekonferenz schlenderte er lächelnd mit den Händen in den Hosentaschen. Doch als ihm kritische Fragen gestellt wurden, schaltete Schweinsteiger, der nach 101 Tagen zur Nationalmannschaft zurückgekehrt war, in den Angriffsmodus.
"Sie sprechen mit Wörtern, die ich nie in den Mund genommen habe“, sagte Schweinsteiger zu einem Journalisten und lehnte sich nach vorne. "Wenn sie das nicht können, dann kann ich nicht antworten. Sie müssen sich vernünftig vorbereiten!"
Nein, er habe nie von mangelndem Teamgeist in der DFB-Auswahl gesprochen. Dennoch präzisierte er seine kürzlich getätigte Aussage, bei der EM seien nicht alle zum Jubeln von der Bank aufgesprungen – was allgemein als Kritik am Teamgeist aufgefasst wurde: "Ich will nichts Schlechtes, ich will vielleicht nur am letzten Rädchen drehen, damit es besser läuft. Ich will, dass alles dem einen Ziel untergeordnet wird.“
Dass man nach dem verlorenen EM-Halbfinale gegen Italien auf das DFB-Team eingedroschen habe, fand Schweinsteiger hingegen schwach. "Leider fehlt der allgemeine Respekt. Das war nicht gerecht. Ich weiß nicht, ob es irgendwo geschrieben steht, dass man alle Spiele gewinnen muss“, sagte der Vize-Kapitän.
Ansonsten wurde Schweinsteiger, der Ersatzkapitän für das WM-Qualifikationsspiel gegen Irland in Dublin am Freitagabend (20.45 Uhr/ZDF), selbstverständlich bestens aufgenommen – obwohl seine Einlassungen über Auswechselspieler, die bei Toren nicht so recht mitjubeln, doch für Verstimmungen gesorgt hatten. Inzwischen sind die Unstimmigkeiten mit Bundestrainer Joachim Löw und Manager Oliver Bierhoff ausgeräumt. Doch Schweinsteiger sagt auch: "Es war meine Wahrnehmung – und dazu stehe ich. Ich werde weiter meine Meinung sagen. Auch intern."
Das erste Halbjahr dürfte seine Gier auf die großen Pokale jedenfalls fast ins Unermessliche gesteigert haben. "Nach meinem Fehlschuss habe ich in viele leere Gesichter geblickt. Diese leeren Gesichter werde ich nicht vergessen“, sagte der Mittelfeld-Star des FC Bayern über jene traumatische Nacht, in der in München so viele Träume geplatzt waren. Das Scheitern bei der EM, durch die er sich trotz einer Fußverletzung kämpfte, war der nächste Nackenschlag.
Doch dies alles ist, so wirkt es, zumindest weitgehend verarbeitet. Nicht vergessen, natürlich, aber beiseite geschoben. Schweinsteiger will wieder richtig angreifen, ohne seine Energie auf Nebenkriegsschauplätzen zu verschwenden. "Ich denke, es gibt Wichtigeres“, sagte er, nun wieder lächelnd, zum Abschluss seiner Pressekonferenz in Frankfurt/Main. Dann ging er, die Hände in den Hosentaschen.