Schweini vermisst Poldi

Lukas Podolski spürt bei seiner Rückkehr nach Köln bereits die großen Erwartungen – und zumindest sein Spezl aus gemeinsamen Bayern-Tagen weint ihm ein bissl hinterher.
von  Abendzeitung

Lukas Podolski spürt bei seiner Rückkehr nach Köln bereits die großen Erwartungen – und zumindest sein Spezl aus gemeinsamen Bayern-Tagen weint ihm ein bissl hinterher.

KÖLN Vor dem Spiel war alles wie früher. Bastian Schweinsteiger, genannt Schweini, und Lukas Podolski, genannt Poldi, lümmelten zusammen auf der Bank rum, tollten und spaßten sich an. Hätten sie nicht Trainingsanzüge mit unterschiedlichen Emblemen getragen, man hätte meinen können, sie seien immer noch zusammen, Schweini und Poldi, die Sommermärchenspezl, die nach der der WM in München zwar selten zusammen ausgegangen sind, beim FC Bayern und der Nationalmannschaft aber doch irgendwie als Einheit galten.

Nun aber, nach einem dreijährigen Entfremdungsprozess, sind sie endgültig getrennt. Hier Schweinsteiger, der sich als Eigengewächs in München zuweilen verkannt, ja unterbewertet fühlt und auch (nun: wegen Trainingsrückstands) beim neuen Bayern-Trainer Louis van Gaal derzeit nur für das B-Team vorgesehen ist. Dort Podolski, dem ob seiner Rückkehr nach Köln, ganze Zeitungsbeilagen gewidmet werden, der nach dem Dom der beste Werbeträger der Stadt ist – und der bei seinem Comeback in der heimischen Arena vom Stadionsprecher so begrüßt wurde: „Drei Jahre Strafbank und Heimweh sind vorbei.“

"Drei Jahre Strafbank sind vorbei"

In Köln war die erste Poldi-Party, die lange vor dem Anpfiff mit Karnevalsliedern der Dauerschleife begonnen hatte, schon nach 19 Minuten vermiest (dank der frühen Bayern-Führung von Gomez) und nach 73 Minuten endgültig vorbei, und dass es ausgerechnet Schweinsteiger war, der drei Minuten nach seiner Einwechslung und auch noch per Kopfballtreffer den 2:0-Endstand erzielte und somit das erste Festspiel seines Kumpels jähe beendete, hatte schon eine pikante Note. Podolski jedenfalls vergrub, fernab vom Geschehen im Mittelkreis stehend, die Hände vorm Gesicht und erklärte später: „Ich war da schon sauer.“ Wohl aber weniger auf den Spezl als viel mehr auf sich und seine neuen Kollegen.

Natürlich versuchte der Rückkehrer die Niederlage runterzuspielen, „weil der FC Bayern nicht der Gegner ist, an dem wir uns messen dürfen“, aber Podolski hatte wohl selbst ein Gespür dafür, dass er persönlich mit nur einem Torschuss und ansonsten auch kaum effizienten Ballkontakten den großen Erwartungen an diesen Heimatabend nicht gerecht geworden ist. „Man darf jetzt nicht den Fehler machen und alles schlecht reden“, sagte er ungefragt – als ob ihm die Erwartungen schon nach dem ersten Jux-Heimspiel zu schaffen machten. Er sprach dann noch ziemlich staatstragend von Härte der Vorbereitung und der Schwere der nächsten Aufgaben. Podolski will ja gereifter rüberkommen und nicht mehr als kindlicher Gaudibursch, er will Verantwortung übernehmen, daheim und auf dem Platz, und so hat er, nachdem er sein Söhnchen Louis zunächst zur Freude der Fotografenmeute nach Abpfiff lustig durchs Stadion trug, wenig später über seinen Berater den Lokalreportern aufgetragen, man möge das Baby doch bitte pixeln, also das Gesicht nicht erkennbar machen. Nicht dass die Podolskis von der Liebe der Kölner noch erdrückt werden.

Von Fanliebe erdrückt

„Ich Freude mich sehr für den Lukas, wie toll er hier aufgenommen wurde und wie gut es seiner Familie hier geht“, sagte Bastian Schweinsteiger später und es wirkte wie ein letzter Freundschaftsdienst, als der Schweini dem Poldi noch nett hinterherweinte: „Uns fehlte seine Art schon ein bisschen. Er ist eine Frohnatur, und auch, wenn's bei uns mal sportlich nicht so gut lief, hatte er immer Sprüche drauf. Auf eine gewisse Art vermissen wir ihn schon.“

Und umgekehrt? Gefragt, ob er nicht doch gerne unter dem neuen Bayern-Coach van Gaal nach seiner Chance in München gesucht hätte, sagte Podolski trocken: „Das hat ja auch vorher bei anderen Trainern nicht geklappt. Ich bereue keine Sekunde.“ Was damit gemeint war, also dass er keine Sekunde der doch eher verlorenen Münchner Jahre bereue oder doch zu keiner Sekunde den Wechsel nach Köln, ließ Poldi schelmisch offen: „Sucht's euch aus.“ Also beides.

Gunnar Jans

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