Vor Bayerns zweitem Gruppenspiel: Eine erste Bilanz der Klub-WM in den USA
Der Standort Miami ist exakt so, wie sich Gianni Infantino das mit der Klub-WM wohl vorgestellt hat. Palmen, Sommerwetter, gut gelaunte Menschen und vor allem: viele, viele Fußballfans, die sich für dieses Turnier begeistern. Hier herrscht tatsächlich WM-Stimmung – im Stadion und auch an anderen Orten in der Stadt.
Rund um das Spiel zwischen den Boca Juniors und dem FC Bayern waren zehntausende Fans aus Argentinien in Miami unterwegs, manche in dritter Generation: Opa, Papa, Sohn – alle da. "Boca ist Leben!", erzählt ein Fan, als er gerade mit einer großen Gruppe am Strand feiert. Ein Meer aus blau-gelben Trikots, Schals und Fahnen. Manche nahmen ihren Jahresurlaub für den Trip ins rund neun Flugstunden entfernte Miami – andere kündigten ihre Jobs gleich ganz.
Mehr als 340.000 Zuschauer in den Stadien in der ersten Woche
Es sind besonders die Fans aus Süd- und Mittelamerika, die das umsetzen, was sich Fifa-Präsident Infantino mit der Reform der Klub-WM vor Jahren gewünscht hatte. Von einem "neuen Meilenstein für den Weltfußball" sprach Infantino damals, eine "neue Ära des Fußballs" sei angebrochen. 32 Mannschaften nehmen nun an der Klub-WM teil, das Turnier dauert vier Wochen. Preisgeld insgesamt: eine Milliarde US-Dollar.

Und mit dem Beginn ist die Fifa zufrieden. Zu den ersten acht Spielen seien mehr als 340.000 Menschen in die Stadien gekommen, teilte der Verband mit. Herausragend gewesen seien dabei die ausverkauften Arenen beim Eröffnungsspiel zwischen Al-Ahly FC und Inter Miami (0:0) mit 60.927 Zuschauern in Floridas Metropole sowie die Partie Paris Saint-Germain gegen Atlético Madrid (4:0) mit 80.619 Fans im Rose Bowl von Pasadena.
Klub-WM: Fans aus mehr als 130 Ländern in den Stadien
Die Fifa sei stolz auf die "einzigartige und multikulturelle Atmosphäre und Unterstützung", die dieser neue Wettbewerb bereits erzeugt habe, sagte Infantino. Für die insgesamt 63 Spiele bis zum Finale am 13. Juli sind nach Fifa-Angaben bislang fast 1,5 Millionen Eintrittskarten verkauft worden. Fans aus mehr als 130 Ländern hätten Tickets gekauft.
An der Spitze dabei stünden Zuschauer aus den USA gefolgt von Anhängern aus Brasilien, Argentinien und Mexiko. Klar: Die Süd- und Mittelamerikaner wollen den reicheren Klubs aus Europa zeigen, dass sie mithalten können. Bislang gelingt das gut.
Klub WM: Stadion teilweise nur zur Hälfte gefüllt
Allerdings sind auch einige der Spiele nur äußerst dürftig besucht gewesen. Zur Mittagszeit verloren sich beim WM-Auftakt von Borussia Dortmund gegen Fluminense Rio de Janeiro (0:0) nur 34.736 Zuschauer im riesigen MetLife-Stadium von East Rutherford, das ein Fassungsvermögen von 82.500 Plätzen hat. Auch das 10:0 im ersten Spiel des FC Bayern gegen Auckland City sahen in Cincinnati nur 21.152 Zuschauer.
Beim 2:0-Sieg des FC Chelsea gegen Los Angeles FC in Atlanta blieben 50.000 Plätze leer, zur Partie zwischen Mamelodi Sundowns FC aus Südafrika und Ulsan HD aus Südkorea in Orlando (1:0) kamen offiziell nur 3.412 Fans. Es sah noch deutlich weniger Fans aus.

Steigerungspotenzial für die K.o.-Runde bei der Klub-WM
Immerhin: Die TV-Quoten stimmen. Bei Sat.1 verfolgten bis zu 1,93 Zuschauer das Dortmund-Spiel, was einem Marktanteil von 12,6 Prozent entsprach. Bei Bayern waren es im Schnitt sogar 2,64 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 16,3 Prozent). Und doch bleibt das Gefühl, dass sich das Turnier noch steigern kann – und in der K.o.-Runde steigern wird. "Wir werden sehen, wie sich jede einzelne Mannschaft hier schlägt und mit den Bedingungen klarkommt. Und dann steht die Knockout-Stage für sich", meinte Manuel Neuer.
Joshua Kimmich sagte vor WM-Start: "Bis jetzt spürt man nicht so eine Euphorie. Aber wir konnten auch noch nicht wirklich in das Leben hier eintauchen. Man spürt, dass die Leute hier sehr sportbegeistert sind, aber es natürlich auch andere Sportarten gibt."

Statt Klub-WM: Aktueller Fokus noch auf anderen Sportarten in den USA
In einer Sportsbar in Cincinnati beispielsweise wurde das Eröffnungsspiel mit Lionel Messi nicht übertragen, stattdessen lief Golf auf den TV-Schirmen. Auch in Orlando begeisterten sich die Menschen vergangene Woche mehr für das Stanley-Cup-Finale im Eishockey und die Basketball-Finals als für die neue Klub-Weltmeisterschaft.
Das kommt in einer vielfältig interessieren Sportnation wie den USA nicht überraschend, zudem finden einige Partien wochentags zur Mittagszeit in der prallen Sonne statt. Da würden vermutlich auch in Europa einige Plätze leer bleiben.
Klub-WM hat ihr Potenzial angedeutet
Dass zudem ein sportliches Gefälle – wie beim 10:0-der Bayern gegen Auckland – nicht wegzudiskutieren ist, ist offensichtlich, aber auch die Konstellation David gegen Goliath kann faszinieren. "Die erste Runde im DFB-Pokal hat auch ihren Reiz", sagte Sportvorstand Max Eberl: "Solche Gegner müssen erst mal gespielt werden. Man kann hinreichend nach dem Turnier darüber reden, was es gebracht hat, wie der Modus ist, die Anzahl der Vereine. Aber nach dem ersten Gruppenspiel ein Urteil zu fällen, finde ich zu früh."
So ist es. Die Klub-WM hat ihr Potenzial angedeutet – besonders in Miami.