Mourinho gegen van Gaal: Jesus trifft Gott
Die Trainer Jose Mourinho und Louis van Gaal sind Brüder im Geiste. Jetzt treffen sie mit Inter und Bayern im Finale aufeinander. Die AZ erklärt ihre Macken und die (wenigen) Unterschiede
MÜNCHEN Louis van Gaal sagt in so einem Fall immer zu den Journalisten, es täte ihm Leid. Tut es natürlich nicht. Er kokettiert dann nur damit, mal wieder Recht behalten zu haben. Am Dienstag, also vor den beiden Halbfinalspielen der Champions League, hatte der Holländer eine SMS an José Mourinho, den Coach von Inter Mailand, geschickt. Die Botschaft aufs Handy: Noch ein Spiel, dann sehen wir uns!
So kommt es. Am 22. Mai in Madrid: Bayern gegen Inter. Van Gaal gegen Mourinho. Ein Duell zweier Trainermannschaften, zweier Typen, die sich wohl am liebsten selbst als Klon zum Assistenten hätten. Liebhaber des Fußballs, ihrer Philosophie. Ein Match zweier Masterminds.
Brüder im Geiste. „Mein Freund José“ (van Gaal über Mourinho) ging einst beim Holländer in die Lehre, damals 1997 bis 2000 als dessen Assistent in Barcelona. Es war mehr als kollegiale Zusammenarbeit. Der Portugiese, zuvor lediglich als Übersetzer angestellt, erhielt unter van Gaal mehr und mehr Kompetenzen, durfte sich emanzipieren. Und womöglich hat sich der heutige Inter-Trainer auch das Kauzige, das Knorrige abgeschaut. Geradlinigkeit und Sturheit inklusive. Wer ist eigensinniger, extravaganter? Ist Louis mehr Mourinho oder steckt mehr José in van Gaal? Ein AZ-Vergleich:
DIE FUSSBALLMAXIME
Van Gaal betrachtet das ganzheitliche Prinzip (kurz: alles beeinflusst alles) als Leitmotiv, er sieht sich als Vater und erster Verteidiger der Spieler. Für Mourinho gibt es nur schwarz und weiß – Triumph oder Versagen. Er sagt: „Fast bedeutet im Fußball eine Niederlage.“ Nach dem Finaleinzug über Barcelona formulierte er pathetisch: „Das war die schönste Niederlage meines Lebens. Meine Helden haben ihr Blut gegeben.“
DIE SPIELPHILOSOPHIE
Für van Gaal sind „Ordnung und Organisation“ auf dem Platz alles. Wer sich nicht daran hält, spielt nicht. Seine Mannschaften agieren einen Tick offensiver als die von Mourinho, der eher auf Cleverness und Physis setzt. Es ist die Wucht und die Entschlossenheit, die Barca zerstörten.
DIE SPRÜCHE
Mourinho polarisiert, Abneigung hält er aus: „Jesus wurde auch nicht von allen geliebt.“ Er ist selbstbewusst, arrogant, dominant, ehrlich, arbeitsam, innovativ, aber auch warm und familiär. Also: van Gaal. Genau mit diesen Attributen umschrieb sich der Holländer, als er 2009 in München antrat. Mourinho erklärte einmal, er komme „direkt hinter Gott“. Also hinter van Gaal? Der hatte sich mal so bezeichnet – freilich nur im Spaß.
DIE MACKEN
Van Gaal lässt sich von seinen Töchtern siezen, Mourinho legt sich zur Not mit allen und jedem an – als Mittel zum Zweck. Sky-Experte Stefan Effenberg: „Mourinho ist ein Mann voller Emotionen. Er polarisiert – aber ich liebe solche Typen. Ein bisschen provozieren gehört dazu. Das ist Fußball.“
Patrick Strasser