Mia san mia – beim Inder
Ein Tag mit dem FC Bayern in Neu Delhi: Die Spieler werden wie Staatsgäste empfangen, der Sponsor organisiert „das größte Event der Geschichte“, und Bastian Schweinsteiger wird beim 4:0 gefeiert.
Aus dem Aufenthaltsraum der Sicherheitsleute drängt der unverkennbare Geruch von verbranntem Haschisch heraus, im Innenraum des Jawahar Nehru Stadions in Neu Delhi duftet es dagegen nach Curry.
Bayern gegen Indien: Die Bilder:
Für einen Tag sind die Bayern nach Indien gekommen, um ihrem Automobilsponsor Audi einen Gefallen zu machen – und dem Subkontinent mit seinen 1,3 Milliarden Menschen ein wenig Anschauungsunterricht im modernen Fußball zu liefern.
Rund 25.000 Zuschauer sind an diesem milden Spätwinterabend gekommen um sich diese Begegnung zwischen den „German Giants“ (Hindustan Times) und der indischen Nationalmannschaft anzusehen. Es ist das „größte Fußball-Event in der Geschichte Delhis“, sagt Michael Perschke, der Chef von Audi of India, das die Begegnung organisiert hat. Und dementsprechend groß ist auch die Eröffnungszeremonie geraten: Mit mehr als 100 Jugendlichen bei der fünfminütigen Choreographie zu Bollywood-Klängen und Shakiras WM-Song „Waka-Waka“.
Doch die Bayern dürften sich da schon daran gewöhnt haben, dass sie in Indien eine große Nummer sind. Die Spieler sind schon bei ihrer Ankunft am Montag wie Staatsgäste in der Hauptstadt empfangen worden, das geht die gesamten 30 Stunden ihres Aufenthalts auf dem Subkontinent so weiter. Thomas Müller schreibt ein paar Stunden vor dem Anpfiff auf Facebook: „Es ist eine wahnsinnige Erfahrung, auf der einen Seite die unglaubliche Begeisterung der Leute zu erleben und auf der anderen Seite Einblicke in die große Armut mitzuerleben. Das bringt einen schon zum Nachdenken, wie privilegiert wir sind.“
Dienstagvormittag hat Müller die wohlhabendere Seite Delhis kennengelernt. Zusammen mit Holger Badstuber, Jörg Butt und Mario Gomez besucht er die Autoausstellung in Delhi. Dort lernt er, dass Audi in Indien ungefähr den gleichen Status hat wie Aston Martin bei uns: Ein unerreichbarer Traum. Die Ingolstädter haben den Status eines absoluten Luxus-Herstellers, verkaufen vor allem die Dickschiffe A8 und Q7. „Die haben hier eine saubere Aussprache“, sagt Müller schmunzelnd, nachdem er seine Interviews im unfallfreiem Englisch absolviert hat. Als er spontan noch zu den rund 100 Fans rennt, die vor dem Stand stehen, brandet Jubel auf. Zwei indische Kinder haben ein Plakat dabei. Unter dem Bayern-Wappen steht „Mia san Mia“. Wer hat eigentlich gesagt, die Inder interessieren sich nur für Cricket und Rugby? Der beliebteste Bayer ist aber – neben der asiatischen Ikone Oliver Kahn – Bastian Schweinsteiger. Als der nach seinem Treffer im Testspiel zum 4:0 seinen obligatorischen Basketball-Jubel zeigt, jubelt das ganze Stadion. Bei den Toren der Kollegen gibt es nur freundlichen, aber eher überschaubaren Beifall.
An die Popularität von Baichung Bhutia kommt aber auch Schweinsteiger, dem die „Hindustan Times“ die „Lunge und Willenskraft eines Pferdes“ attestiert hat, nicht heran. Der 35-Jährige Kapitän der indischen Nationalmannschaft bestreitet gegen Bayern sein Abschiedsspiel. Der Stürmer aus der Himalaya-Region gilt als bester Fußball, den Indien je hervor gebracht hat, er ist der einzige kickende Superstar des Subkontinents. Seine Hochzeitsfeier vor ein paar Jahren erinnerte an eine zuckrigsüße Bollywood-Produktion. Doch das hinderte am Montagabend auch Bhutai nicht daran, sich bei der gemeinsamen Party am Montagabend Autogramme zu holen von Schweinsteiger, Müller, Ribéry und Co. Auf dem Fest lernten die Stars dann auch noch eine andere Seite von Jupp Heynckes kennen. Teilnehmer berichten, der Coach hätte spätabends noch das Tanzbein geschwungen. Indische Nächte beflügeln eben.
