"Gewinnen, Verein auflösen, Unsterblichkeit erreichen"

Am Sonntagnachmittag treffen der FC Bayern München und der FC Nöttingen im DFB-Pokal aufeinander. Vor dem Spiel spricht Nöttingens Bürgermeister Luca Wilhelm Prayon in der AZ.
von  Thomas Becker
Nöttingens Bürgermeister zum kommenden Spiel gegen den FC Bayern: "Gewinnen, Verein auflösen, Unsterblichkeit erreichen".
Nöttingens Bürgermeister zum kommenden Spiel gegen den FC Bayern: "Gewinnen, Verein auflösen, Unsterblichkeit erreichen". © dpa/AZ

München/Nöttingen - Im Interview spricht der Bürgermeister über die Chancen des Underdogs, Public Viewing und seinen möglichen Ausflug zur Tankstelle.

AZ: Herr Prayon, schön, dass Sie so kurz vor dem großen Spiel gegen den FC Bayern Zeit für uns haben!

LUCA WILHELM PRAYON: Wenn’s nur das Bayern-Spiel wäre! Ich werde sehr bald auch noch Vater, zum ersten Mal!

Auch das noch! Wann ist der Termin?

In zwei Wochen.

Könnte spannend werden.

Ja, aber es reicht noch, um am Sonntag gemütlich das Spiel zu gucken.

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Dabei geht es in Ihrer Gemeinde wahrscheinlich ganz schön heiß her. Wie ist denn die Stimmung in der Stadt, pardon: im Ort?

Man kann sich’s ja vorstellen, oder? Na ja, als Münchner vielleicht nicht so. Für uns als Dorfverein ist das was ganz Besonderes. Der FC Nöttingen hat es in den vergangenen fünf Jahren ja dreimal in den DFB-Pokal geschafft. Seit wir den FC Bayern gezogen haben, herrscht in der Gemeinde eine unglaubliche Euphorie.

Das einzige Problem, das Sie nun haben: Nächstes Jahr oder in Runde zwei können Sie das nicht mehr toppen ...

Das ist das ganz große Dilemma. Der FC Bayern: Mehr geht ja wirklich nicht. Mit den ganzen Weltmeistern: einfach super! Zu toppen ist das nicht. Eigentlich kann man jetzt nur gewinnen, am Sonntagabend die Auflösung des Vereins bekannt geben und Unsterblichkeit erreichen.

Wie lange sind Sie schon Bürgermeister?

Fünfeinhalb Jahre. Ich habe also die gesamte DFB-Pokal-Erfolgsgeschichte des Vereins mitbekommen – ich möchte da aber keinen Zusammenhang herstellen!

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Mit diesen Erfolgen sind Sie ja praktisch nicht abwählbar! Wann ist die nächste Wahl?

Wir haben in Baden-Württemberg acht Jahre, also in zweieinhalb Jahren.

Puh, dann müssen Sie so lange das FC-Bayern-Level halten!

Stimmt. Ich kann das nicht so nutzen, wie Helmut Kohl 1990 die Weltmeisterschaft zum Wahlsieg genutzt hat.

Aber Sie könnten wie der Kanzler in die Kabine gehen!

Nee, da bin ich eisern. Wir machen ja viel für den Verein, aber den sportlichen Triumph haben sich die Jungs erkämpft. Ich finde es manchmal befremdlich, wer sich da immer alles aufs Foto drückt.

Wie hoch ist das Bayern-Fieber so kurz vor dem Spiel?

Man spürt das in jeder Ecke. Schade ist nur, dass wir nicht daheim spielen, sondern nach Karlsruhe ausweichen müssen.

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Sind Sie Bayern-Fan?

Nein. Als Nicht-Bayern-Fan darf ich mit einer gewissen Wehmut sagen: Man kommt an ihnen ja überhaupt nicht vorbei! Ich habe versucht, meine beiden Patenkinder zu VfB-Fans zu machen – keine Chance: alles Bayern-Fans!

Gibt’s ein Public Viewing, für diejenigen ohne Ticket?

Gibt’s nicht. Wir haben ja nur 2500 Einwohner, und wer eine Karte will, hat eine. Jeder Nöttinger wird im Stadion sitzen.

Wie viel Gaststätten gibt es überhaupt in Nöttingen?

Ich glaube drei.

Und die zeigen nicht unbedingt Fußball, oder?

Nee. Ich gehe davon aus, dass Nöttingen am Sonntag ziemlich ausgestorben ist. Nach der Kirche wird’s dann ruhig.

Ist nach dem Spiel ein Fest geplant?

Jetzt mal in Klammern gesetzt: Da wir nicht davon ausgehen, dass wir uns in die Verlängerung oder ins Elfmeterschießen retten, wird es eher kein großes Fest geben. Falls doch, wird man sicher spontan auf dem Rathausplatz einen Empfang machen. Das Bier hole ich dann kurzfristig von der Tankstelle.

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