Dieter Hoeneß im AZ-Interview über Robert Lewandowski vom FC Bayern

AZ-Interview mit Dieter Hoeneß: Der Ex-Nationalspieler (64) spielte von 1979 bis 1987 für den FC Bayern, er holte dort fünf Meisterschaften und drei Pokalsiege.
AZ: Herr Hoeneß, Robert Lewandowski hat am Wochenende beim 3:0 gegen Frankfurt sein 100. Tor im 136. Pflichtspiel für den FC Bayern erzielt. Er bewegt sich fast schon auf Gerd-Müller-Niveau, oder?
DIETER HOENESS: Richtig, so kann man das durchaus ausdrücken. Das ist nicht nur beachtlich, sondern fast schon unglaublich, einfach überragend.
Ist Lewandowski für die aktuelle Bayern-Mannschaft auch so wichtig wie Gerd Müller damals?
Du brauchst einen Torgaranten. Das war Gerd Müller, und das ist jetzt Lewandowski. Er ist ein kompletter Spieler. Ein Torjäger, der auch viele Räume für andere schafft. Das ist schon ganz große Klasse.
In der vergangenen Saison erzielte Lewandowski 30 Liga Tore, jetzt steht er schon wieder bei 21. Ist Lewandowski nach seinem Wechsel von Dortmund nach München noch einmal stärker geworden? Ohne den Dortmundern zu nahe treten zu wollen, aber er ist bei Bayern in einer Mannschaft, die noch einen Tick stärker ist. Bayern hat die Möglichkeiten, einen Mittelstürmer noch besser aussehen zu lassen. Er profitiert von einer Weltklassemannschaft. Aber Lewandowski hat sich natürlich auch weiterentwickelt und ist noch kompletter geworden.
Liegt das auch an seinem großen Wohlfühlfaktor in München, mit seiner Frau Anna erwartet er nun zum ersten Mal Nachwuchs?
So kannst du nur performen, wenn du dich einhundertprozentig wohlfühlst. Das ist doch bei jedem Menschen so. Wenn es privat stimmt, man ausgeglichen ist und alles rund läuft, wirkt sich das auch beruflich positiv aus. Den Eindruck hat man bei ihm.
Mit Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang hat er einen Konkurrenten, der ähnlich häufig trifft.
Für einen Stürmer seiner Klasse ist es – neben den Titeln mit dem Team – auch das Ziel, Torschützenkönig zu werden. Als Mittelstürmer hat er da auch einen gesunden Egoismus. Du kannst nur dann ein Torjäger sein, wenn du den Drang, die Power und die mentale Stärke hast, treffen zu wollen. Da ist die Konkurrenz hilfreich. Der Wettbewerb mit Aubameyang spornt ihn natürlich an. Das hängt auch ein bisschen damit zusammen, dass es auch noch ausgerechnet der Stürmer seines Ex-Vereins ist.
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Sehen Sie da Parallelen zum Wettbewerb zwischen Barcelonas Lionel Messi und Real Madrids Cristiano Ronaldo?
Das kann man schon vergleichen. Aubameyang und Lewandowski sind auch nicht mehr weit von Messi und Ronaldo entfernt, auch wenn die beiden keine klassischen Mittelstürmer sind. Da ist der Unterschied nicht mehr groß.
Es gibt aber noch einen?
Einen minimalen vielleicht, weil Messi und Ronaldo diese Leistung eben schon seit fast einem Jahrzehnt bringen. Bei Robert Lewandowski wächst die Bedeutung für sein Team ständig. Aber die von Messi beim FC Barcelona ist noch mal höher, das Spiel ist schon extrem auf ihn abgestimmt. Und bei Real ist es es genauso auf Ronaldo zugeschnitten. Man mag es sich aber auch bei Bayern gar nicht vorstellen, wenn Lewandowski mal verletzt ausfallen sollte.
Weil es keinen Backup für ihn im aktuellen Bayern-Kader gibt?
Lewandowski wäre schon schwer zu ersetzen. Thomas Müller kann mal vorne drin spielen, ist aber hinter der Spitze einfach besser aufgehoben. Ansonsten sehe ich da wenig Alternativen. Es ist aber auch schwierig, einen Top-Stürmer zu holen, der nur dann spielt, wenn Lewandowski mal geschont wird.
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Ist Lewandowski für Sie der beste klassische Stürmer der Welt? Karim Benzema, Gonzalo Higuain oder Luis Suarez sind für mich noch in dieser Kategorie, aber Suárez ist ja auch kein klassischer Mittelstürmer. Lewandowski ist für mich da schon der Beste.
Der FC Bayern hat seinen Vertrag kürzlich bis 2021 verlängert. War das eine Schlüsselpersonalie für die Zukunft?
Durchaus. Es ist für den FC Bayern gut zu wissen, dass sich Robert Lewandowski noch viele Jahre an den Verein gebunden hat.
Real Madrid bemühte sich intensiv um eine Verpflichtung Lewandowskis. War das auch ein wichtiges Statement an die Konkurrenz aus Spanien?
Absolut. Da ist der FC Bayern vielleicht der einzige Verein, der da mithalten kann – in Deutschland sowieso.