Die Fußball-Oper: „Ich hab’ geklärt, bin mein Geld wert“

Kurz vor Abpfiff wird die Hoffnung des deutschen Rekordmeisters wie im Requiem zu Grabe getragen. Die Opernkritikerin ist dennoch begeistert von der musikalischen Premiere eines Bayern-Spiels.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Es ist eben mal etwas Anderes: Das Opern-Improvisationsensemble "La Triviata" in Frack und schwarzem Abendkleid am Samstagabend im "Sky"-Studio.
az Es ist eben mal etwas Anderes: Das Opern-Improvisationsensemble "La Triviata" in Frack und schwarzem Abendkleid am Samstagabend im "Sky"-Studio.
Carbonatix Pre-Player Loader

Audio von Carbonatix

MÜNCHEN - Kurz vor Abpfiff wird die Hoffnung des deutschen Rekordmeisters wie im Requiem zu Grabe getragen. Die Opernkritikerin ist dennoch begeistert von der musikalischen Premiere eines Bayern-Spiels.

Was verbindet Fußball und Oper? Neben den Sponsoren einmal im Jahr ein Ball, und wenn einer pfeift, ist was schief gelaufen? Doch auch zur freien musikalischen Improvisation in der Gruppe braucht es Können, Wagemut, geschicktes Zusammenspiel und volle Konzentration – wie beim Fußball.

Zwar nahmen die fünf Musiker vom Opern-Improvisations-Ensemble „La Triviata" klassisch im Frack und schwarzem Abendkleid ihre Spielpositionen am Konzertflügel im TV-Studio von „Sky“ ein, doch vorher gab es im Kreis aufmunternde Parolen für das Crossover-Experiment: den Live-Kommentar zu Bayern gegen Schalke als Impro-Opern-Welturaufführung.

Hier gilt es mit festem Blick auf den Bildschirm nicht nur zu kommentieren, was auf dem Spielfeld zu sehen ist. Getragen von Michael Armanns unendlicher Melodie am Flügel bekommen auch Fans, Spieler, Trainer, ja sogar Ball und Pfosten eine Stimme. Das hat großen Unterhaltungswert, besonders in den zähen Spielminuten. Frech und witzig spielen sich wenigstens die Sänger immer punktgenau den Ball zu und landen im Gegensatz zu den unglücklichen Bayern einige Volltreffer: „Nun hab’ ich wieder geklärt, ich bin mein Geld wert / Der macht uns alles kaputt, die Kugel wär’ schon lange drin" nach Neuers Paraden.

Die Opernsänger mauern vor der Kamera, und mit vollem Elan stürmt Benno Vogel als Stimme des FC Bayern synchron mit Ribéry heran: „Ich schieß’ jetzt ein Tor, von hinten schieß’ ich vor!“ Dann bricht es mit tenoraler Extase aus ihm heraus: „Scheiße, vorbei! Vorbei!“ Stark! Endlich ein Kommentar, der ausdrücken darf, was zumindest die Hälfte der Zuschauer empfindet. Die Kunst macht’s.

Im zweiten Akt entwickelt sich diese erste Fußballoper aus Bayern-Sicht zur Tragödie. Doch wo wird schöner gelitten als in der Oper? „La Triviata“ laufen parallel mit den Schalkern zu Höchstform auf: Verena Barth klagt mit dunkel verhangener Stimme: „Sind das noch meine Bayern, die so gerne feiern?“, während Sibylla Duffe aus Schalke-Sicht zwitschert: „Ich geh’ jetzt Tee trinken, Zeit schinden.“

Kurz vor Abpfiff wird die Hoffnung der Bayern wie im Requiem zu Grabe getragen und den Schalkern gewidmet, was die Stimmbänder hergeben: „Wir haben es geschafft mit vereinter Kraft!“ Das gilt auch für die Musiker – bravo!

Die Zuschauer im Studio sind von den Opernkommentatoren mindestens so begeistert wie die Schalke-Fans im Stadion.

Franziska Stürz

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.