Dicke Jacke, dicker Hals

Robben verfolgt die 90 Minuten in Stuttgart missmutig auf der Bank. Heynckes sagt: „Ist doch klar, dass ich reagieren musste.“ Wo ist jetzt noch Platz für den Holländer?
von  Patrick Strasser

Arjen Robben verfolgt die 90 bitterkalten Minuten in Stuttgart missmutig auf der Bank. Heynckes sagt: „Ist doch klar, dass ich reagieren musste.“ Wo ist jetzt noch Platz für den Holländer?

Stuttgart - Arjen Robben verschränkte die Arme vor seiner dicken Vereinsjacke (Modell „FC Bayern-Winterjacke, Kostenpunkt 99,95 EUR“) und schaute den Temperaturen angepasst drein. Zusammengepresste Lippen, nur nicht zu viel kalte Luft einatmen.Seine Laune war gestern Abend in Stuttgart unter Null. Reservist, Bankdrücker, Einwechselspieler – hässlich anmutende Worte für einen, der im Mittelpunkt stehen, Spiele entscheiden will. Für Arjen Robben, Vize-Weltmeister.

Der Niederländer musste gestern draußen bleiben. Was kein nachträglicher Glückwunsch von Trainer Jupp Heynckes zur Geburt des Robben-Babys Kai am Sonntagabend war. Nein, Heynckes hatte sich gegen den Rechtsaußen entschieden. Und pro Müller, pro Kroos. Die beiden durften auf ihren geliebten Positionen ran. Der eine rechts, wie sonst Robben. Der andere hinter der Spitze Gomez mit allen Freiheiten. Und schon lief's.

„Ist doch klar, dass ich nach dem schwachen Rückrundenstart reagieren musste“, begründete Heynckes die Robben-Verbannung. Diplomatisch erklärte der 66-Jährige: „Ich hätte jeden in der Offensive wegnehmen können. Wir haben nicht so überzeugend gespielt zuletzt. Ich verstehe, dass Arjen enttäuscht ist. Er hat es professionell aufgenommen. Das ist nicht leicht wegzustecken." Und nicht leicht zu verbergen. Für Robben galt 90 bitterkalte Minuten lang: Dicke Jacke, dicker Hals.
Robben muss schon vor anpfiff arg in Wallung gewesen sein – anders lässt sich das überschaubare Aufwärmprogramm vor Spielbeginn nicht erklären. Vielleicht war er aber auch nur gut gekleidet in seiner wattierten Thermojacke, da konnte er es bei ein paar leichten Dehnübungen und Schüsschen belassen. Erstmals in dieser Saison auf der Bank, das nagte. Selbst nach einer mehrwöchigen Verletzung im Herbst brachte ihn Heynckes gegen Dortmund (0:1) von Beginn an.

Gestern Abend war Robben nur Zuschauer – ein Trend? „Diesmal hat sich Heynckes gegen Robben entschieden – mal sehen, wer es am Samstag ist", meinte Sportchef Christian Nerlinger und ergänzte: „Arjen ist sehr enttäuscht, ganz klar. Aber damit müssen die Spieler umgehen können. Man darf das nicht dramatisieren. Es ist normal, dass hochkarätige Spieler auf der Bank sitzen, wenn alle fit sind.“ Und auch, dass man eine starke Bande wie Kroos/Müller/Ribéry/Gomez nicht auseinander reißt. Das Experiment mit Kroos als Sechser dürfte beendet sein, seine Stärken zeigt er als Spielmacher. Ribéry ist gesetzt und Müller effektiver auf rechts. Harte Zeiten für Robben: Wo ist jetzt noch Platz für ihn?

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