Das Fuss-Fazit: "Bayern holt den Pott!"

Im AZ-Interview spricht Sky-Kommentator Wolff-Christoph Fuss über die Chancen des FC Bayern in der Königsklasse, seinen Spieler des Jahres und die Dortmunder Krise.
von  Patrick Strasser
Wirft einen Blick auf die Leistung des FC Bayern im vergangenen Jahr: Sky-Kommentator Wolff-Christoph Fuss.
Wirft einen Blick auf die Leistung des FC Bayern im vergangenen Jahr: Sky-Kommentator Wolff-Christoph Fuss. © GES/Augenklick

AZ: Herr Fuss, es ist die Zeit der Wahlen und Ehrungen. Nun sind Sie dran. Welcher Spieler ist für Sie der deutsche Fußballer des Jahres 2014?

WOLFF FUSS: Ganz klar Manuel Neuer. Er hat uns in Brasilien zum Weltmeister gehalten. Der Bayern-Torhüter vereint alles in sich, er ist vielleicht der perfekteste, kompletteste Torhüter, den es je gab.

Und Ihr Trainer des Jahres?

Jogi Löw. Weil er vom Schicksal geküsst wurde: Weltmeistercoach – was gibt es denn mehr? Er hat das Höchste erreicht, was ein Trainer erreichen kann, und schwingt nun in der Liga der weltweit ganz Großen mit. Wenn Löw nicht Weltmeister geworden wäre, dann hätte ich Pep Guardiola genommen.

Ihre dritte Wahl, bitte: Ihr Sportdirektor/Manager des Jahres aus der Bundesliga.

Matthias Sammer hat gute Griffe getan bei den Transfers der Bayern. Juan Bernat zum Beispiel, der ist unschlagbar im Preis-Leistungs-Verhältnis, der kann ja alles, der läuft rund 800 Kilometer pro Spiel. Aber die Bayern leben ja in Ihrem Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Also geht Ihr Voting an...

Stefan Reuter. Er macht den besten Job, hat die Augsburger Mannschaft mit kreativen Transfers immer wieder ein Stückchen besser gemacht. Beim FCA zeigt man den etablierten Traditionsklubs, wie man Nachhaltigkeit schafft, auch wenn man Jahr für Jahr sehr gute Spieler, wie vergangenen Sommer Hahn nach Gladbach, abgeben musste. Es ist kein Zufall, dass Augsburg am Ende der Hinrunde dort steht, wo es steht.

Es folgen sieben Fragen mit Blick auf das Fußballjahr 2015. Mit der Bitte um Ihre Einschätzung. Los geht’s: Verliert der FC Bayern in der Rückrunde ein Spiel?

Ja. Eins. Und zwar in einer Phase, wenn der Titel schon feststeht. Wenn sie etwa im Halbfinale der Champions League auf den FC Barcelona oder Real Madrid treffen, und es da um die heißen Preise mit Hin- und Rückspiel in acht Tagen geht, und der Fokus sich natürlicherweise verschiebt. Auch wenn Pep Guardiola nicht mehr die Maximal-Rotation durchzieht wie im Frühjahr in Augsburg, als man 0:1 verlor.

Frage Nummer zwei: Wer wird in der Liga Zweiter?

Ich glaube, Wolfsburg macht’s. So ein Spiel wie das 2:1 am Samstag gegen Köln hätten sie früher nicht gewonnen. Die Wolfsburger haben sich extrem weiterentwickelt, spielen guten, attraktiven Fußball. Das ist der Verdienst von Trainer Dieter Hecking. Auf den weiteren Champions-League-Plätzen sehe ich Gladbach und Schalke.

Drittens: Brennpunkt BVB. Steigen die Dortmunder ab?

Nein. Ein einstelliger Tabellenplatz ist auf jeden Fall noch drin, bei einem Lauf vielleicht sogar noch das Ticket für die Europa League. Viel hängt vom Start nach der Winterpause ab, da geht es gleich nach Leverkusen. Generell ist es so, dass es nie einen wichtigeren Zeitpunkt für eine Pause gegeben hat als aktuell. Die Dortmunder müssen jetzt mal emotional durchlüften, die Situation endgültig annehmen. Vielleicht gilt es auch diese extreme Emotionalisierung von Mannschaft und Umfeld, die über Jahre hinweg zum Erfolg beitrug, jetzt ein Stück weit zu hinterfragen.

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Nächste Frage: Welcher Bayer wird Torschützenkönig?

Nein, ich denke, der Alex Meier wird’s. Wenn der Frankfurter fit bleibt, kommt er bei der Eintracht auch immer wieder zum Abschluss. Die Bayern dagegen haben fünf, sechs Spieler, die am Ende der Saison eine zweistellige Trefferanzahl verbuchen können. Da zähle ich auch Bastian Schweinsteiger dazu, obwohl er letzten Freitag in Mainz erst sein erstes Tor diese Saison gemacht hat. Als jetzt noch offensiverer Achter kommt er noch häufiger in die torgefährliche Zone.

Wird Cristiano Ronaldo wieder Weltfußballer?

Ich befürchte es. Durch die deutsche Brille bin ich natürlich für Manuel Neuer, man müsste seine herausragenden Leistungen als Torhüter honorieren. Aber auch Lionel Messi, ein Jahrtausendfußballer, und Ronaldo wären nicht die falsche Wahl. Die Torquote in 2014 von Ronaldo ist der totale Wahnsinn, der trifft konstant auf höchstem Level, hat mit Real die Champions League gewonnen.

Nummer 6: Verteidigt Real den Champions-League-Pott?

Glaube ich nicht. Die Bayern sind wieder dran, sie holen das Ding. Für mich ist Real der ganz große Gegner der Bayern, den FC Chelsea und Barcelona sehe ich eine Niveau-Stufe darunter. Auch ein Team wie der BVB kann übrigens die Bayern über 90 Minuten schlagen, aber wohl kaum in einem Duell mit Hin- und Rückspiel über 180 Minuten oder mehr. Für Pep Guardiola ist das Halbfinal-Aus der letzten Saison mit dem 0:4 im Rückspiel eine offene Wunde und womöglich die Triebfeder, die letzten Extra-Körner herausholen zu können, um bei der Revanche siegreich zu sein. Jeder, der weiß, wie sehr Pep stolzer Katalane ist, der weiß, wie viel ihm das bedeuten würde, die Königlichen von Real weinen zu sehen.

Letzte Frage: Verpassen die Weltmeister die EM-Qualifikation?

Auf keinen Fall! Was wir erlebt haben, sind die typischen Nachwehen eines WM-Titels, ein paar Spiele Ausschuss wie in Polen und gegen Irland. Das sollte man Löw und der Nationalelf nachsehen. Es gab einen gewissen Umbruch, aber ich sehe das alles nicht so dramatisch. Sich nicht für diese EM 2016 in Frankreich zu qualifizieren, wäre eine größere „Leistung“, als den WM-Titel zu gewinnen.

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