Beckenbauer: „Irgendwann hat van Gaal die Nase voll“

„Ich bin fußballgeschädigt!“ Franz Beckenbauer spürt wenig Vorfreude auf die kommende Saison– zumal er innerlich schon darauf eingestellt ist, dass der Trainer den FC Bayern danach verlässt.
von  Abendzeitung
Franz Beckenbauer, Fußball-Kaiser:...weil keiner so lässig Tore, Sprüche und Kinder macht.
Franz Beckenbauer, Fußball-Kaiser:...weil keiner so lässig Tore, Sprüche und Kinder macht. © dpa

„Ich bin fußballgeschädigt!“ Franz Beckenbauer spürt wenig Vorfreude auf die kommende Saison– zumal er innerlich schon darauf eingestellt ist, dass der Trainer den FC Bayern danach verlässt.

AZ: Grüß Gott, Herr Beckenbauer, Sie sehen ja sehr entspannt aus. Haben Sie sich gut erholt von den Strapazen in Südafrika?

FRANZ BECKENBAUER: Nein, eher weniger. Ich war ja gleich wieder unterwegs mit der U20-WM der Frauen, habe dann meine Stiftungs-Golfturniere gehabt, dann war das 20-jährige Treffen der Weltmeistermannschaft von 1990. Es war einiges los. Wie lang ist Südafrika denn jetzt her?

Gut drei Wochen.

Drei Wochen, in denen ich permanent in Bewegung war.

Sind Sie urlaubsreif?

Naa, des ned. Aber a bissl langsamer werde ich machen müssen, weil so geht’s ja auch nicht weiter. Das sag ich zwar jedes Jahr, aber dann mache ich immer den gleichen Fehler, es ist immer das Gleiche.

Muten Sie sich zu viel zu?

Das nicht. Es ist ja nicht so, dass es mir schlecht geht und ich irgendwelche Ermüdungserscheinungen habe, aber ein bissl mehr Zeit für die Kinder und die Familie würde ganz gut tun.

Haben Sie die Familie recht vermisst bei der WM?

Ich war ja nicht die ganze Zeit da drüben. Zwischendrin war ich ja mal fast drei Wochen daheim, ich war am Anfang drüben und am Schluss. Aber permanent sechs Wochen, mit den ganzen Terminen vor der WM, mit Exekutivkomitee und Kongressen, das wäre mir zu viel gewesen und zu lang.

Freuen Sie sich denn schon auf die Bundesliga?

Nein. Dazu bin ich noch zu sehr fußballgeschädigt. Von der WM und im Anschluss die Frauen- U20-WM, also im Moment reicht’s mir. Ich denke aber schon, wenn es dann so weit ist, dann ändert sich das auch wieder. Da bist ja neugierig, allein auf die neuen Namen schon. Raul zum Beispiel, eine enorme Aufwertung für die Bundesliga. Aber es dauert sicher noch, bis ich wieder diesen „taste“ habe, wie es auf Englisch so schön heißt.

Fürchten Sie einen Fehlstart der Bayern? Traditionell tun die sich nach einer erfolgreichen WM recht schwer in der Liga, weil sich die Stars nur wenig erholen konnten. Sie erinnern sich ja sicher.

Jaja, Offenbach.

Genau: nach dem WM-Sieg 1974 – 1. Spieltag, ein 0:6 der Bayern gegen die Kickers.

Wir haben damals ja einen relativ kleinen Kader gehabt, da konntest nicht viel kompensieren. Heute ist das anders, da ist der Kader viel größer. Aber es kann schon sein. Der Gegner wird darauf brennen, den Bayern eins auszuwischen, mehr vielleicht noch als sonst, und es kann schon sein, dass es am Anfang nicht so gut läuft. Die Spieler werden in jedem Fall einen Trainingsrückstand haben, befriedigend ist das für einen Trainer wie Louis van Gaal nicht.

Van Gaal geht jetzt in seine zweite Saison bei den Bayern, vielleicht seine letzte, sein Vertrag läuft 2011 aus. Würden Sie ihn gerne längerfristig an Bayern gebunden sehen?

Naja, wünschen würd ich’s mir schon, aber das nützt ja nix. Selbst wenn einer einen langfristigen Vertrag hat. Wenn da einer mit einem guten Angebot daherkommt, dann geht er halt woanders hin. Da gibt’s ja genug Beispiele.

Er spricht ja oft davon, Nationaltrainer werden zu wollen.

Wenn das sein Ziel ist, kann ich das gut verstehen. Er schätzt die Bayern und weiß, was er an ihnen hat. Er geht ja auch schon auf die 60 zu, da ist es nachvollziehbar, dass er irgendwann einmal die Nase voll hat vom täglichen Training, dass er mehr Freiheiten will. Da ist der Nationaltrainer ein idealer Posten. Die Sehnsucht, dass er das einmal werden will, kann ich verstehen. Aber schön wär’s schon, wenn er bei Bayern bleiben würde. Die Mannschaft hat ja einige Monate gebraucht, bis sie seine Philosophie verstanden hat, jetzt ist sie verinnerlicht. Und die Mannschaft ist ja noch jung, da könnte er schon noch einiges entwickeln und bewirken.

Was wollen Sie denn in Zukunft bewirken? Sie sind ja jetzt auch schon gut acht Monate nicht mehr Bayern-Präsident, wollen Sie vielleicht nun doch die Winterspiele 2018 nach Oberbayern holen? Einen wie Sie könnten die bestimmt gut gebrauchen.

Also erst einmal müssen die ihre Hausaufgaben machen. Das nützt doch nix, wenn du international gut unterwegs bist und die Hausaufgaben nicht gemacht hast. Das Problem Garmisch müssen sie unbedingt lösen.

Eben. Wieso reden nicht Sie mal mit den Bauern?

Naa, des is ned meine Aufgabe. Da müssen die Politiker ran. Und ich bin kein Politiker.

Interview: Florian Kinast

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