Bayerns Woltemade-Poker und DFB-Entwicklung: Sammer schlägt Alarm

Der Bayern-Poker um Nick Woltemade und die Entwicklung des deutschen Fußballs: Matthias Sammer äußert deutliche Kritik.
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Kritik an der Entwicklung des deutschen Fußballs: Matthias Sammer, der Europameister von 1996.
Kritik an der Entwicklung des deutschen Fußballs: Matthias Sammer, der Europameister von 1996. © IMAGO/Ulrich Hufnagel

Der mögliche Wechsel von Nick Woltemade zum FC Bayern ist eines der großen Aufreger-Themen dieses Sommers - und beschäftigt auch Matthias Sammer intensiv. Der frühere Sportvorstand der Münchner und Sportdirektor des DFB monierte via "Kicker", dass die Gerüchte kurz vor dem Finale der U21-EM gegen England (2:3 n.V.) aufkamen und für mächtig Unruhe im deutschen Team sorgten.

"Dieses Thema war ein Schlag, wow. Dem kann ich nicht mit Streicheln begegnen. In dieser Situation wäre eine klare Ansage richtig gewesen", sagte Sammer und ergänzte: "Warum hat kein Offizieller des DFB das sofort unterbunden, als die Diskussion aufkam?" Dass Woltemade einen Tag vor dem Endspiel auf der Pressekonferenz saß, missfiel Sammer besonders. "Ich hätte gar nicht gegen den FC Bayern argumentiert, sondern für den Deutschen Fußball-Bund und gesagt: Alles, was den Titelgewinn gefährdet, gehört nicht vor dieses Finale", meinte er: "Und ich hätte womöglich mit Konsequenzen gedroht, wenn es nicht aufhören würde. Es musste unmissverständlich mitgeteilt werden: Wir sind im Tunnel."

Sammer-Kritik am DFB

Das gelang nicht, Woltemade agierte im Finale unauffällig. Was freilich nichts am großen Interesse des FC Bayern geändert hat. 40 Millionen Euro haben die Münchner inzwischen für den 23-jährigen Stürmer geboten, der VfB Stuttgart verlangt dem Vernehmen nach das Doppelte. Der Poker läuft.

Woltemade ist einer der Hoffnungsträger für die Zukunft des deutschen Fußballs. Und hier sieht Sammer insgesamt Steigerungsbedarf. "Wir Deutschen sind, wie man an unserer Fußballgeschichte sieht, immer mannschaftlich geschlossen, robust und kompakt aufgetreten", sagte er. "Wir hatten Einzelspieler, die Genies waren; aber als Mannschaft waren wir eine Maschine. Heute sind wir noch maximal ein Maschinchen."

DFB-Hoffnungsträger Nick Woltemade wird vom FC Bayern umworben.
DFB-Hoffnungsträger Nick Woltemade wird vom FC Bayern umworben. © IMAGO/Mutsu Kawamori

Derzeit herrsche "eine falsche Interpretation vor", sagte Sammer: "Wir haben keine Künstliche Intelligenz auf dem Platz, keine KI, sondern denkende und fühlende Menschen, die Selbstvertrauen und Abläufe brauchen."

Bilanz der deutschen Klubs "in Ordnung"

Angesprochen auf das Viertelfinal-Aus deutscher Klubs in den europäischen Wettbewerben und der Klub-WM sowie der deutschen Nationalmannschaft bei der Heim-EM 2024, antwortete Sammer, dass diese Bilanz "in Ordnung" sei: "Aber wir sollten auf der Grundlage unserer Ansprüche schon noch umfassend sachlich-kritisch analysieren und hinterfragen, warum es nicht weiter ging."

Für Sammer ist einer der Gründe, dass der deutsche Fußball "seine grundsätzliche Identität und damit wesentliche Stärken verloren" habe. Sicherlich seien Veränderungen und Innovationen notwendig gewesen, diesen Aspekten sei jedoch in der Wahrnehmung und Argumentation "ein höherer Stellenwert zuerkannt als den traditionellen Stärken", sagte der 57-Jährige.

Sammer fordert: Rückkehr zu traditionellen Stärken

"Diese wurden fälschlicherweise als Rumpelfußball, Fußball von gestern oder oldschool abgetan. Die Balance zwischen Innovation und Tradition, um unsere Identität zu bewahren, ist uns nicht geglückt", sagte Sammer: "Bewusst provokativ stelle ich mir, wenn ich den deutschen Fußball gerade sehe, die Frage: Wofür steht der deutsche Fußball heute eigentlich? Ich kann es nicht erkennen."

Sammer plädierte zudem dafür, bei Beurteilungen zu "differenzieren und kritisch-konstruktiv" zu diskutieren. Ergebnisse dürften nicht künstlich beschönigt werden: "Im Schönreden sind wir noch immer stärker als in der kritischen Analyse." Der deutsche Fußball müsse "wieder lernen, Durchschnitt nicht als Weltklasse zu verkaufen", erklärte Sammer.

So sei die Analyse nach der Heim-Europameisterschaft beispielsweise "übertrieben positiv" ausgefallen, sagte Sammer angesprochen auf das Viertelfinal-Aus gegen Spanien: "Es fehlte der Mut, bei unserem Maßstab zu sagen: Entschuldigung, wir sind im eigenen Land im Viertelfinale ausgeschieden, egal gegen wen."

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