Bayern-Star Tymoschchuk: „Ich trinke nichts – und sammle Weine!“

Anatoliy Tymoshchuk, inzwischen Stammkraft, über seine Zukunft bei den Bayern, schwere und glückliche Zeiten mit seinen Zwillingsbabys, Weihnachten im Trainingslager und seltene Hobbies.
AZ: Herr Tymoshchuk, wie ist das Wetter momentan in Lzuk, Ihrem Geburtsort in der nordwestlichen Ukraine?
ANATOLIY TYMOSHCHUK: Ich weiß nicht genau, Temperaturen auch unter null Grad. In St. Petersburg, wo ich bis 2009 gespielt habe, ist es manchmal minus 23 Grad kalt.
Also ist der Münchner Winter lächerlich.
Das ist typisch für München. Die Sommer hier sind auch nicht so heiß wie mir vor meinem Wechsel gesagt wurde. Ich fühle mich gut, kein Problem, es ist komfortabel.
Das sieht man auf dem Platz. Sie sind seit Mitte Oktober Stammspieler.
Es ist ein gutes Gefühl, 90 Minuten zu spielen.
Im Sommer hatten Sie darüber nachgedacht, den FC Bayern nach nur einem Jahr wieder zu verlassen, auch die kommende Winterpause war eine Deadline. Wie sind Ihre Überlegungen nun?
Wenn dieses Gefühl anhält, dann wissen Sie, wie meine Entscheidung ausfällt.
So, wie denn?
Dann bleibe ich. Es gibt einige Interessenten. Ich habe eine gute Form. Ich versuche meine Leistung für die Mannschaft zu bringen.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Trainer Louis van Gaal?
Gut, ganz normal. Jeder Mensch ist individuell, jeder macht Sachen gut und andere Dinge schlecht. Ich bin Profi.
Lassen Sie uns über Ihre Heimat sprechen. Sie kommen aus einer sportlichen Familie.
Richtig. Mein Vater war auch Fußballer, später Trainer, meine Schwester Inna Basketball-Profi. Mit 13 Jahren bin ich von Lzuk nach Kiew in ein Sportinternat, ganz alleine. Für meine Mutter (eine Ingenieurin, d.Red.) war das schwer, ihren Sohn gehen zu lassen. Sie war traurig, aber Papa, der einen landwirtschaftlichen Betrieb geleitet hat, und Mama haben mich oft besucht.
War das für Sie sehr hart?
Ich musste lernen, sehr früh selbständig zu sein. Aber ich hatte ein Ziel: Fußballprofi. Das hat meinen Weg geleitet.
Wie sehr hat Ihnen Ihr Glaube geholfen?
Immer. Wie ein ständiger Begleiter. Ich würde nicht sagen, dass ich streng gläubig bin. Aber ich gehe in Kirchen und sammle Ikonen.
Sie meinen die auf Holz gemalten Kultus- und Heiligenbilder der Ost-Kirchen, besonders der orthodoxen Kirche.
Ja, ich habe eine große Kollektion, kommuniziere mit Fachleuten, suche im Internet nach bestimmten Werken. Die Ikonen lagern im Safe einer Bank. Es sind wertvolle Kulturschätze, die man erhalten muss.
Sie haben noch eine Sammelleidenschaft.
Jeder Mensch sammelt doch gerne. Sie meinen die Weine.
Ja, und das obwohl Sie noch nie einen Tropfen Alkohol getrunken haben.
Das stimmt. Ich trinke nichts - und sammle Weine. Die Flaschen lagern in Donezk, hier in München nur ein paar. Ich informiere mich, lese viel darüber, das ist sehr interessant.
Was sagen die Mitspieler zu solchen Hobbies?
Miroslav (Klose, d.Red.) und Ivica Olic wissen es, wir sind befreundet. Viele wissen es gar nicht. Es geht in der Kabine um unseren Beruf, wir machen Scherze, da ist für andere Dinge wenig Platz.
Wie geht es Ihren Zwillingen Noa und Mia? Im April war bei Ihrer Frau während des sechsten Monats der Schwangerschaft die Fruchtblase geplatzt, die Frühchen wurden im Brutkasten versorgt.
Gut. Sie sind zu Hause. Sie wachsen kräftig. Es war eine sehr schwere Zeit für mich und meine Frau. Wir sind froh, dass sie überlebt haben und nun alles überstanden ist. Die Unterstützung der Mitspieler und Leute im Verein war toll. Derzeit sind mein Vater und meine Mutter hier, sie helfen uns mit den Kindern.
Wie feiern Sie Weihnachten?
In der orthodoxen Kirche ist der Heilige Abend am 6. Januar, der erste Weihnachtsfeiertag der 7. Januar. Einen Tannenbaum stellen wir zum Jahreswechsel auf.
Sie verbringen Weihnachten also ohne Familie in einem Hotelzimmer in Doha, während des Bayern-Trainingslagers.
Vielleicht besorgen mir die Bayern ja eine Kutja, unsere traditionelle Weihnachtsvorspeise aus Weizen, Mohn, Honig, Sultaninen und Nüssen (lacht). Ich bin Profi. Meine Geburtstage feiere ich auch meist in Fußballstadien.
Interview: Patrick Strasser