Augenthaler im Interview: Stark wie die Stier'

Die Duelle zwischen Bayern und Madrid in den 80er Jahren sind legendär. Hier erinnert sich  Klaus Augenthaler: „Der Respekt ist immer noch groß." Wie er Bayerns Chancen sieht.
von  Florian Bogner
Die Kopie: Bastian Schweinsteiger, der für das Bayern-Magazin in Augenthaler-Manier posiert. das Original...
Die Kopie: Bastian Schweinsteiger, der für das Bayern-Magazin in Augenthaler-Manier posiert. das Original... © Christian Kaufmann

Die Duelle zwischen Bayern und Madrid in den 80er Jahren sind legendär. Hier erinnert sich Augenthaler – und sagt: „Der Respekt ist immer noch groß. Die Chancen stehen fünfzig-fünfzig”

Klaus Augenthaler, der 54 Jahre alte Trainer, spielte von 1975 bis 1996 beim FC Bayern. Er gewann sieben Meistertitel und wurde 1990 Weltmeister.

AZ: Herr Augenthaler, vor 25 Jahren besiegten Sie mit Bayern Real Madrid im Hinspiel des Landesmeistercup-Halbfinals, eine magische Nacht. Welche Erinnerungen haben Sie?

KLAUS AUGENTHALER: Sehr gute! Wir haben 4:1 gewonnen und ich glaube, dass ich damals das 1:0 geschossen habe. 16 Meter vor dem Tor sah ich eine Lücke und schoss dem Gegenspieler bewusst durch die Beine.

Der Aufreger des Spiels: Juanito tritt Lothar Matthäus ins Gesicht.

In den 80ern ging es zwischen Bayern und Real oft hoch her, das war fast schon normal. Ich erinnere mich an ein Freundschaftsspiel in München Anfang der 80er: Wir haben 9:1 gewonnen – das war eine Majestätsbeleidigung! Ein Jahr später gab’s die Revanche beim Bernabeu-Cup. Ein böses Spiel, wir sind zwischendurch einfach vom Platz gegangen.

„Mia san mia – stark wie die Stier’”, hieß damals das Bayern-Motto, das auch heute wieder gelten soll. Dazu passt auch Ihre Hörner-Geste vom 4:1 im Jahr 1987.

Ich stoppe den Ball mit dem Oberkörper und mein Gegenspieler trifft mich mit dem gestreckten Bein voll an der Brust. Ich hatte Glück, dass ich mir nicht die Rippen gebrochen habe. Also habe ich ihm die Hörner gezeigt. Nach dem Motto: Wir sind hier beim Fußball, nicht beim Stierkampf!

Das wurde in Spanien als Provokation aufgefasst.

Ich weiß noch, dass wir uns trotz des 4:1 nicht sicher sein konnten, das Finale zu erreichen. Real hatte im Jahr zuvor Gladbach nach einem 1:5 noch mit 4:0 rausgehauen. Wir waren gewarnt.

 


 

In Madrid flogen damals mehr Wurfgeschosse als Bälle in den Bayern-Strafraum.

 

Was genau uns da alles um die Ohren flog, weiß ich heute gar nicht mehr. Ich weiß nur, dass es damals immer mal wieder vorkam, auch in Mailand oder in anderen Stadien.

Und dann mussten Sie nach 30 Minuten beim Stand von 0:1 mit Rot vom Platz.

Ja, wegen der Szene mit meinem ,Freund’ Hugo Sanchez. Ich hab’ ihn ein bisschen umgegrätscht, und im Stürzen – er war ja ein echter Artist, konnte den Salto vorwärts wie rückwärts – haut er mir beide Beine an den Oberschenkel. Ich bin ihm dann hinterher gelaufen und habe ihm eine Watsch’n auf den Hinterkopf gegeben, wie man auf Bayrisch sagt. Der Schiedsrichter hat’s nicht gesehen, auf den hab’ ich Acht gegeben, aber der Linienrichter hob plötzlich die Fahne.

Was passierte dann?

Nach einigen Tumulten musste ich in die Kabine. Das war für mich die Hölle! Es gab damals keine Fernseher in den Katakomben und ich habe immer nur die 80000 Zuschauer schreien hören, wusste aber nie, was passiert war. Da zittert man mehr als auf dem Platz. Es kam mir elendig lang vor. Ich bin zweimal in die Dusche und wieder raus. Ab und zu habe ich einen Ordner gefragt: „Wie steht’s?” Und er: „1:0 immer noch, 1:0...”

Am Ende brachten die Kollegen das Ergebnis über die Zeit – und Sie fehlten im Finale.

Zum einen war ich gesperrt, zum anderen wurde ich auch noch an der Bandscheibe operiert. Die Niederlage gegen Porto habe ich dann zuhause vor dem Fernseher erlebt – im Stehen, weil ich frisch operiert nicht sitzen durfte.

 


 

Damals wie heute an der Linie: Jupp Heynckes. Wie hat er sich verändert?

Man wird mit dem Alter ruhiger, auch der Jupp. (lacht) Damals war er sehr ehrgeizig, heute ist er das auch noch, aber er ist gelassener geworden.

 

Waren die Duelle der 80er und 90er der Grundstein für den Mythos der „Bestia negra”, des Real-Angstgegners?

Mit Sicherheit. Wir haben Sie damals oft geschlagen und auch zweimal den Bernabeu-Cup gewonnen, der sogar einiges größer war als der Landesmeisterpokal. Real hat das damals sehr beeindruckt.

Taugt die aktuelle, eher brav anmutende Bayern-Truppe noch zur schwarzen Bestie?

Auf jeden Fall. Der Respekt ist immer noch groß. Real hat nur den kleinen Vorteil, das Rückspiel zuhause spielen zu dürfen, das war’s dann aber auch. Die Chancen stehen fünfzig-fünfzig.

Trauen Sie dem FC Bayern den Finaleinzug zu?

Ein klares Ja! Real kann man in zwei Spielen besiegen, die Niederlage gegen Dortmund gibt vielleicht noch mal den Extra-Kick. Und absolut jeder will das Finale im eigenen Stadion erreichen.

Wie geht’s aus?

Im Tippen bin ich viel zu schlecht. Ich habe auch auf einen 3:1-Sieg in Dortmund getippt. Ich hoffe einfach, dass es für die Bayern reicht.

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