Arjen Robben: Bayerns Märchenprinz
LONDON Als Arjen Robben den Rasen von Wembley betrat, zum Aufwärmen und zur Mannschaftsformation, da hat er den Pott, der auf ihn warten sollte an diesem Abend, nicht einmal aus den Augenwinkeln betrachten wollen: „Ich wusste, er ist da, aber ich habe ihn absichtlich nicht angeschaut. Ich hatte immer im Kopf: ,Wir sehen uns später!’ Und so ist es ja gekommen.“
Als Robben, Held jener magischen Nacht, „von meinem Traum“ erzählt, der „nun endlich in Erfüllung gegangen ist nach all den Enttäuschungen“, steht der Henkelpott vor ihm in den Katakomben des Stadions. Er überlässt ihn immer wieder seinen Kollegen, schließlich hat er ihn ja für sie gewonnen, dann aber holt er ihn sich wieder zurück, es ist in dieser Nacht ja vor allem Robbens persönliche Trophäe.
Es ist eine Geschichte wie aus dem Märchenbuch, eine kitschige, mit einem schier unglaublichen Happy End. Wer hätte das vor einem Jahr vorhersagen wollen, nachdem der Holländer 2012 schon im Liga-Endspurt gegen Dortmund einen Elfmeter verschossen hatte und er dann im Finale gegen Chelsea mit einem erneuten Fehlschuss vom Strafstoßpunkt vergab. Er wurde beim Freundschaftsspiel der Bayern gegen die Niederlande von den Fans ausgepfiffen, nicht wenige sahen in ihm einen egozentrischen Versager, den sie nach dem Finale 2012 gerne geteert und gefedert fortgejagt hätten. Und nun feiern sie den Helden Robben, der sie in der 89. Minute des Finals 2013 mit dem 2:1 vom Trauma erlöste und den Alex Ferguson zum „Man of the Match“ adelte.
Wer hätte das gedacht? Robben natürlich! „Ich habe dieses Spiel mehrfach im Kopf durchgespielt“, sagt er. Und so war er quasi vorbereitet auf seinen Moment: „So viele Leute haben mir gesagt: Du schießt das Tor, du schießt es. Als ich am Anfang zwei gute Chancen vergeben habe, bin ich ruhig geblieben.“ Noch in der Halbzeitpause hatte Franz Beckenbauer bei Sky geunkt: „Robben kann in den entscheidenden Spielen keine Tore machen.“ Ganz anders aber, als der die letzte Möglichkeit des Abends endlich nutzte, da war die Ruhe dahin.
Er läuft vor die Kurve, brüllt „Was! Was!“, dann dreht er ab, die Tränen schießen ihm in die Augen, das Gesicht wirkt entstellt, als er schließlich auf dem Rasen in die Knie rutscht und den Kopf senkt. Einen Moment will er für sich allein sein, dann fällt er, beim Abpfiff, den Mitspielern in die Arme – und der ganze Ballast der letzten Jahre von ihm ab. „In diesem Moment kommt alles hoch“, erzählt Robben später, „die ganze Karriere.“ Und dann startete er durch, zur Trophy-Tour mit der holländischen Fahne um die Hüfte.
Es war sein viertes großes Finale, zwei hatte er mit Bayern verloren (2010, 2012), eines mit Holland bei der WM 2010. „Ein großer Sieg hat mir gefehlt“, sagte er jetzt, „du willst etwas gewinnen, nicht am Ende immer der Loser sein“, der ewige Verlierer, und die Karriere nicht von Verletzungen geprägt sehen – äußeren wie inneren. Das hat ihn angetrieben in diesem Jahr und zum Mannschaftsspieler par excellence gemacht.
„Mit diesem Titel kann ich alles wegschieben“, sagt Robben nun. Und: „Heute hat es geklappt, da kann man das andere vergessen.“ Und sich für alle Ewigkeiten an diesen Abend erinnern.