FC Bayern Basketball: Würfelspiele unterm Korb

Chemnitz hat gezeigt: Bayerns Basketballer sind nicht unschlagbar. Intern gibt’s erste Kritik.
MÜNCHEN Locker und entspannt schlenderte Robert Garrett am Sonntagabend aus den Katakomben der Olympia-Eishalle in Richtung VIP-Bereich; geradezu erstaunlich locker für jemanden, der eine halbe Stunde zuvor den ausnahmslos spannenden 63:60-Sieg gegen Chemnitz durchgestanden hatte.
118 Länderspiele, deutsche und internationale Erfolge haben Garrett (33) gelassen gemacht. Beim FC Bayern gibt er jetzt unter Freunden und alten Bekannten seine Abschiedstour, bevor er ins Immobiliengeschäft wechselt. Er muss nicht um seine weitere Karriere bangen – und kann deshalb auch offen darüber sprechen, was in der Mannschaft nicht so gut läuft.
Zwar kennen sich die Bayern-Basketballer schon von verschiedenen Mannschaften als Mit- und Gegenspieler, als Einheit sind sie sich bisweilen aber noch fremd. „Jeder wartet, was der Andere auf dem Feld macht“, sagt Garrett, „und keiner weiß, was er dann macht.“ Und: „Man muss Geduld haben mit so einer zusammengewürfelten Mannschaft.“ Denn so kann man das auch sehen: Der Kader der Bayern ist charakterlich und sportlich einwandfrei – zusammengewürfelt.
AZ exklusiv: Robert Garrett im Interview
Natürlich, die Bayern sind in der zweiten Bundesliga ProA weiter ungeschlagen. Aber das Spiel gegen Chemnitz hat, eine Woche vor dem Knaller gegen die ebenfalls äußerst ambitionierten Würzburg Baskets, deutlich gezeigt, dass die Mannschaft von Trainer Dirk Bauermann nicht unschlagbar ist. Und noch eine Zeit brauchen wird, bis sie, trotz aller großen Namen und deren Basketball-Verstand, tatsächlich eingespielt ist.
„Im Prinzip machen wir aufgrund der Verletzten und Zugänge gerade unsere zweite Vorbereitung“, sagt Bauermann. Er gibt Garrett Recht: „Das instinktive Kennen der Mitspieler ist noch nicht da.“ Das sind die kleinen, für den Zuschauer fast unsichtbaren Dinge: Wie sehen die bevorzugten Laufwege des Mitspielers aus? Wann hilft er in der Verteidigung beim Doppeln des Gegenspielers?
Dass sich Spieler zu sehr auf ihre Kollegen verlassen, will Bauermann nicht gelten lassen. „Ich habe bisher noch keinen gesehen, der Verantwortung delegiert hat. Jeder hat gegen Chemnitz geworfen.“ Die meisten trafen eben nur nicht gut, Garrett mitunter am schlechtesten (vier Punkte, 12,5 Prozent Wurfquote). „63 Punkte sind zu wenig bei unserer Qualität“, sagt er.
„Robert muss erst wieder zu seiner Form finden“, sagt Bauermann. Deshalb schindet der sich auch im Training. „Die ersten beiden Wochen bedeuten große Schmerzen“, sagt Garrett, „das ist genauso hart wie in der Saison, als wir in Bamberg Meister wurden und in der Euroleague gespielt haben.“
Er hat es im Frühjahr 2011 überstanden, wenn er aller Voraussicht nach seine Karriere beenden wird. Für einige seiner Mitspieler geht es dann – das ist trotz aller Abstimmungsprobleme nicht unwahrscheinlich – erst richtig los: in der BBL.
Julian Galinski