Eis-Sprinterin Jenny Wolf vor Abschied forsch: "Will gewinnen"
Jenny Wolf trägt auch mit 35 Jahren noch immer die Hoffnungen der deutschen Eissprinter auf eine Medaille. Der letzte Test ging aber daneben. Und die Konkurrentinnen hinterließen im Eis-Oval von Sotschi einen blendenden Eindruck.
Sotschi – Mit einer überraschenden Kampfansage hat sich Sprinterin Jenny Wolf vor ihrem letzten großen Rennen Mut gemacht. „Ich will gewinnen. Wie immer“, sagte die Berlinerin 24 Stunden vor den 500 Metern am Dienstag in der Adler-Arena von Sotschi. „Ich schaue immer nach vorn. Aber diesmal wäre es wirklich eine Sensation“, räumte die 35-Jährige ein. „Ich bin da ganz entspannt.“
Nach Silber vor vier Jahren in Vancouver brauchte sie viele Monate, bis sie sich überhaupt Freude konnte. Nun will Wolf bei ihren vierten Olympischen Spielen mit einer Medaille den Schlusspunkt unter eine große Karriere setzen.
Lesen Sie hier: Claudia Pechstein: "Blech statt Triumph"
„Vancouver ist abgehakt, ich sehe die Spiele heute in einem ganz anderen Licht als noch vor zwei Jahren. Bis dahin war nicht klar, ob ich überhaupt weitermache“, meinte die Leseratte, die es schaffte, parallel zur Sport-Karriere den Magister in Literatur, Soziologie und Linguistik zu erwerben und gleich noch ein Masterstudium in Betriebswirtschaft anzuschließen. „Es fiel mir verdammt schwer, mich wieder auf den Sport zu konzentrieren“, gibt sie zu. In dieser Saison gelang dies der fünfmaligen Weltmeisterin mit vier zweiten Plätzen.
„Die Ausgangsposition ist in etwa so wie vor vier Jahren“, meinte ihr Coach Thomas Schubert. „Das Potenzial ist da, die Medaille eine Hoffnung“, fügte er hinzu und vergisst nicht zu erwähnen, dass in den vergangenen Tagen kleinere „gesundheitliche Unregelmäßigkeiten“ den Alltag seiner Sportlerin beeinträchtigten. Details zu nennen, sei er nicht befugt, meinte Schubert, der seiner Top-Athletin nun einen möglichst „freudvollen Abgang“ von den Eisbahnen der Welt wünscht.
<strong>Alle Infos, Meldungen und Statistiken aus Sotschi finden Sie hier!</strong>
Natürlich käme Freude bei Jenny Wolf nur bei einem Podestplatz auf. „Am Angang fehlen mir zwei Zehntel, dafür ist die Runde jetzt schneller als damals in Vancouver“, meinte sie. Allerdings ist Konkurrentin Lee Sang-Hwa, deren Stern ausgerechnet bei den Spielen in Kanada aufging, zu denen Wolf als Top-Favoritin anreiste, stärker denn je. Die Südkoreanerin stellte zu Saisonbeginn in Salt Lake City in 36,36 Sekunden einen schier unfassbaren Weltrekord auf. An der Traummarke war ihre Weltrekord-Vorgängerin stets gescheitert: Wolfs Bestzeit steht seit über vier Jahren bei 37,00 Sekunden. „Natürlich ist es recht unwahrscheinlich, Lee schlagen zu können. Aber nichts ist unmöglich“, sagte sie und gibt sich nach wie vor kämpferisch.
Auch Wang Beixing aus China glänzte in der Olympia-Vorbereitung mit Fabelzeiten, von denen Wolf zuletzt nur träumen konnte. „Aber hinter den beiden gibt es einen kleinen Kreis, der um Bronze kämpft. Da wollen wir möglichst mitmischen“, meinte Schubert. „Wenn sie zwei gute Läufe bringt und Vierte wird, wäre ich auch zufrieden. Aber sie würde sich sicher ärgern.“ Die Chinesin Yu Jing war wegen Hüftbeschwerden aus dem von Schubert erwähnten Kreis ausgeschieden.
Jenny Wolf haderte ein wenig damit, dass sie seit Anfang Dezember keinen Wettkampf mehr bestritten hat. Und auch der letzte Test auf dem Eis von Sotschi endete nicht glücklich. Sie hatte einen Wackler gleich in der ersten Kurve. „Das war nicht schlimm, ich habe dann auch Power rausgenommen, um nicht Kräfte zu verschwenden“, meinte sie gelassen. Und registrierte positiv, dass sich die Qualität des Untergrundes für die Sprinter verbessert hat. Zuvor hatte sie nur über das harte und brüchige Eis geflucht.
- Themen:
- Olympische Winterspiele