„Ein netter Bursch“

Die Ski-Legenden Rosi Mittermaier und Christian Neureuther, die Eltern von Felix Neureuther über den Triumph ihres Sohnes und über seine Krisen, über ihre Gefühle, über Tee und Brotzeit auf der Autofahrt und den schönsten Moment am Sonntag in Kitz
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In Kitzbühel feierte er den ersten Weltcup-Sieg seiner Karriere: Felix Neureuther, hier mit seinen Eltern Christian Neureuther und Rosi Mittermaier.
Rauchensteiner/Augenklick In Kitzbühel feierte er den ersten Weltcup-Sieg seiner Karriere: Felix Neureuther, hier mit seinen Eltern Christian Neureuther und Rosi Mittermaier.

Die Ski-Legenden Rosi Mittermaier und Christian Neureuther, die Eltern von Felix Neureuther über den Triumph ihres Sohnes und über seine Krisen, über ihre Gefühle, über Tee und Brotzeit auf der Autofahrt und den schönsten Moment am Sonntag in Kitz

Von Florian Kinast

AZ: Frau Mittermaier, nach dem Sieg Ihres Sohnes in Kitzbühel hatte Ihr Mann Tränen in den Augen. Sie auch?

ROSI MITTERMAIER: Nein. Ich bin da immer sehr gefasst und gelassen. Nach außen zumindest. Ich Freude mich eher nach innen und zeige das weniger her. Ich habe mir den ersten Lauf auch ganz allein am Hang angeschaut, den zweiten Durchgang dann mit meinen Schwestern und dem Fanclub.

Und wo waren Sie, Herr Neureuther?

CHRISTIAN NEUREUTHER: Ich bin ja beim Alois Vogl gestanden, dem Luis, seinem alten Kollegen und Freund.

Dem letzten deutschen Slalom-Sieger, vor fünf Jahren in Wengen.

Richtig. Der Luis hat zu mir noch gesagt: „Christian, sei ganz beruhigt, der Felix fährt heute aufs Stockerl. Da kann gar nix passieren.“

Was machte ihn so sicher?

Der Luis kam extra für den Felix nach Kitzbühel, hat sich mit ihm den Hang angeschaut, immer und immer wieder. Das hat dem Felix richtig gut getan, darum hat der Luis ganz gewaltigen Anteil am Erfolg, sonst ist der Felix ja auch meistens alleine unterwegs.

Auch ohne Sie, Mutter und Vater. Sie sind ja bei seinen Rennen fast nie dabei, weil Sie Ihren Sohn nicht noch mehr dem Vergleich mit seinen berühmten Eltern aussetzen wollen. Wieso waren Sie denn in Kitzbühel?

MITTERMAIER: Der Felix hat sich das gewünscht. Als er letzte Woche abgefahren ist, hat er gemeint: „Jetzt schaut’s mir doch amal zu, ich würd’ mich Freude, wenn ihr in Kitzbühel dabei seid.“ Und als ich dann Sonntag früh zum Fenster rausgeschaut und das schöne Wetter gesehen habe, da habe ich den Christian überredet. Wir haben uns dann einen Tee gemacht und eine Brotzeit eingepackt für die Autofahrt und sind hingefahren.

Und nach dem Rennen war es dann beim Vater vorbei mit der Zurückhaltung.

NEUREUTHER: Natürlich. An so einem Tag. Beim größten Erfolg seiner Karriere. Das sind Glücksmomente, die einem eben nur der Sport liefern kann. Die größte Emotion spürt der Sportler selbst, aber der Vater natürlich auch.

Gerade vor dem Hintergrund, dass Sie am gleichen Hang ja auch schon gewonnen haben.

Das spielte keine Rolle. Ich war in Kitzbühel als Vater, nicht als ehemaliger Rennläufer. Ich habe nicht einmal an meinen Sieg 1979 gedacht. Jeder Vater, jede Mutter weiß, was es heißt, wenn man sich für die Kinder Freude kann. Das Schönste, was Eltern passieren kann. Ich Freude mich genauso für die Ameli (Felix’ drei Jahre ältere Schwester und Modestylistin, d. Red.), wenn sie Erfolg im Beruf hat. Beim Felix kam nun einfach die Dimension dazu, dass er erst vor wenigen Wochen dieses Tief hatte.

Er sagte, er war mental ganz unten, dachte an einen Psychologen und ans Aufhören. War es wirklich so schlimm?

MITTERMAIER: Ja, es war ganz arg. Er hat immer wieder gesagt: „Mensch, ich habe doch den ganzen Sommer so viel trainiert.“ Aber dann kamen immer wieder Rückschläge. Mal die Bandscheibe, dann zwickte das Knie. Wenn dich alle abschreiben, dann zu gewinnen, dass von einer Sekunde auf die andere alles ganz anders ausschaut, da ist das umso gewaltiger.

NEUREUTHER: Das meinte ich ja mit den Emotionen. Der Felix war ganz unten, tiefer geht es nicht mehr. Und von ganz unten nach ganz oben zu kommen, das sind einfach gigantische Gefühle. Das ist der Wahnsinn. Immer nur zu gewinnen, das wäre langweilig.

Empfinden Sie nun Stolz oder einfach nur große Freude?

MITTERMAIER: Mich freut’s einfach. Weil ich weiß, wie wichtig ihm dieser erste Sieg war. Ich selbst hätte mich ja schon Freude, wenn er mit einer sauberen Fahrt aufs Stockerl gekommen wäre. Jetzt hat er gewonnen, das ist wunderschön, aber ich denke, das ist Sport, und es gibt noch ganz andere Dinge im Leben.

Feiern werden Sie dann aber trotzdem sicher gemeinsam, wenn er wieder mal daheim ist in Garmisch.

Der Felix soll ruhig alleine feiern. Er soll das genießen jetzt. Was mir viel mehr bedeutet ist, dass er sich mit den ganzen Slalomfahrern so gut versteht. Die haben alle so ein großes Herz und pflegen ihre Freundschaften. Der Herbst, der Lizeroux, der Ligety, da gönnt jeder dem anderen den Sieg und leidet mit, wenn der andere rausfliegt. So eine Einstellung ist mir viel wichtiger als die Frage, ob der Felix jetzt eine Zehntel oder eine Hundertstel vorne liegt. Es ist mir das Wichtigste, dass er ein netter Bursch ist.

Einer, der es vielleicht nun endlich geschafft hat, von vielen nicht mehr an den Erfolgen seiner Eltern gemessen zu werden.

NEUREUTHER: Er hat lange lernen müssen, mit diesem Namen zu leben.

MITTERMAIER: Das war eine ganz besondere Situation, immer der Vergleich. Darum hat mich ein Moment am Sonntag am allermeisten Freude.

Welcher denn?

Nach dem Rennen, als zwei Zuschauer an uns beim Fanclub vorbei sind und der eine zum anderen meinte: „Du schau, da ist die Mama vom Felix.“ Da war ich richtig froh. Endlich war der Felix nicht mehr der Bub einer Olympiasiegerin, sondern ich die Mama des Kitzbühel-Siegers. Das war das Allerschönste an dem Tag.

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