Ein Mann im Schaufenster
Nick Heidfeld steht beim Formel-1-Grand-Prix am Sonntag in Japan vor der nächsten Bewerbungsfahrt um ein Cockpit für 2011.
SUZUKA Für einen, der seit zehn Jahren im Geschäft ist, zwölf Mal mit den ganz Großen auf dem Podest Champagner verspritzt hat, so einem muss die Rolle des Intermezzo-Manns doch schmecken wie abgestandenes Selters statt prickelndem Schampus. Nick Heidfeld sieht das anders, zumindest nach außen hin. Als er vor dem Großen Preis von Japan in Suzuka am Sonntag (8 Uhr/RTL und Sky live) erfuhr, dass sein Aushilfsplatz im Sauber-Team demnächst vom Mexikaner Sergio Perez besetzt wird, flötete Quick Nick: „Ich habe mich nicht darüber beklagt, sondern Teamchef Peter Sauber im Gegenteil sogar gratuliert. Ich denke, das sind tolle Nachrichten für das Team.“
Damit meinte er nicht seinen zu Saisonende anstehenden Abschied, sondern die Zusage in zweistelliger Millionenhöhe des künftigen Sponsors Telmex, hinter dem das Firmenimperium von Carlos Slim steht, der mit einem Vermögen von geschätzten 53,5 Milliarden Dollar als reichster Mann der Welt gilt. „Für Sauber, das Team und ganz Hinwil ist es sehr wichtig, einen starken Partner zu haben“, sagte Heidfeld.
Zuletzt war er in Singapur erstmals wieder für die Schweizer gefahren, jedoch nach einer Kollision mit Michael Schumacher vorzeitig ausgeschieden. Sein Fazit: „Nach einem Jahr gab es viel mehr zu lernen, als ich dachte. Ich kenne zwar das Team, doch das Auto und die Reifen sind so anders, dass man nicht einfach einsteigen und am Maximum ankommen kann.“
Saubers Entscheidung gegen den WM-Fünften von 2007 kam nicht unerwartet: „Die Überraschung war für mich nicht ganz so groß. Es war klar, dass ich für fünf Rennen unterschrieben habe und für nächstes Jahr alles offen ist“, sagte der 33-Jährige, der auch dank seiner Erfahrungen als vorübergehender Chef-Tester des künftigen Reifen-Lieferanten Pirelli auf den zweiten Platz bei Renault hofft.
Nach der schlechten Erfahrung aus dem vergangenen Jahr, als Heidfeld am Ende nur der Platz auf der Ersatzbank von Mercedes blieb, versucht er es diesmal mit mehr Eigenwerbung: „Ich hoffe, dass man daran denkt, wie und gegen wen ich in den letzten Jahren gefahren bin. Da muss ich mich mal ein bisschen ins Schaufenster stellen. Ich bin gegen Kubica gefahren, Räikkönen, Massa, Webber, die alle mal Weltmeister-Kandidaten waren, und ich habe – ohne überheblich zu klingen – gegen alle gut ausgesehen, wenn nicht noch mehr.“
Seine Chancen auf ein Cockpit für 2011 sieht der Mönchengladbacher recht positiv: „Wir waren vorher mit anderen Teams in Gesprächen und sind das nach wie vor. Ich denke, das wird klappen."
Thomas Becker