„Ein Irokese ist nicht genug“

Deutschlands Handball-Legende Erhard Wunderlich zweifelt an Topstar Pascal Hens – und der WM-Titelverteidigung der Brand-Truppe.
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Der Star in Deutschlands Handball-Team: Rückraumspieler Pascal Hens, genannt „Pommes“, vom HSV Hamburg.
dpa Der Star in Deutschlands Handball-Team: Rückraumspieler Pascal Hens, genannt „Pommes“, vom HSV Hamburg.

Deutschlands Handball-Legende Erhard Wunderlich zweifelt an Topstar Pascal Hens – und der WM-Titelverteidigung der Brand-Truppe.

AZ: Herr Wunderlich, Deutschland tritt bei der WM in Kroatien zur Mission Titelverteidigung an: Glauben Sie, Deutschlands Handballer des Jahrhunderts, an die Neuauflage des Wintermärchens?

ERHARD WUNDERLICH: Nun, Bundestrainer Heiner Brand hat ja gesagt, wenn er sein Team sieht, sieht er 80 Prozent Baustellen. Das klingt so, als wollte er sagen: Schauen wir mal, wie weit wir kommen.

Und wie weit kommt die Nationalmannschaft?

Ab dem Viertelfinale wird jede Partie am goldenen Faden hängen. Das war 2007 nicht anders. Da hätten wir auch gegen Frankreich oder Spanien rausfliegen können. Und der Ausfall von Kraus wiegt für uns sehr schwer. Brand hat bei so einem Ausfall nicht die Qual der Wahl, sondern die Wahl quält ihn. Aber wir müssen uns dieser historischen Chance bewusst sein. Dass RTL die WM überträgt, ist ein Sechser im Lotto, mit dem keiner gerechnet hat.

Man hatte das Gefühl, dass man versäumt hat, aus dem Wintermärchen Kapital zu schlagen.

So ist es. Man hat seit dem Titelgewinn 1978 schon so viele Riesenchancen nicht genutzt, sozusagen so viele Siebenmeter verworfen, dass war fahrlässig. Ich muss auch sagen, diese kleinen Forderungen, etwa an die Politik, die Heiner manchmal anspricht, die sind mir fast zu wenig. Da könnte, da dürfte, da müsste man mal mehr auf den Tisch hauen und auch bei der Politik Veränderungen an der Basis, den Schulen und Vereinen, einfordern.

Wie würden Sie Brand, den Sie seit über 30 Jahren kennen, charakterisieren?

Schwierig. Brand als Spieler und so wie ich ihn anfangs als Bundestrainer erlebt habe, und Heiner jetzt, sind zwei verschiedene Menschen. Er ist immer mehr zu einem Politiker geworden. Er sagt nicht mehr das, was er wahrscheinlich früher gesagt hätte. Belassen wir es dabei.

Spricht man von Handball, denken die Leute immer noch an Wunderlich, Brand, Kretzschmar. Das zeigt aber, dass die heutige Generation versäumt hat, sich zu etablieren.

Sie müssen präsenter sein. Etwa Oliver Roggisch. Ich habe oft mit ihm darüber gesprochen. Er ist eine Persönlichkeit, er macht die Drecksarbeit. Wie Heiner früher. Der war auch immer der böse Bube. Aber bei ihm kam klar rüber, dass er die Strafen bekam, weil er sich für das Team geopfert hat, nicht, weil er böse ist. Das müsste bei Roggisch auch rüberkommen. Wir haben ja Charaktere. Ein Kehrmann oder Pascal Hens. Okay, der hat mit seinen Verletzungen oft Pech. Aber da muss auch mehr kommen. Ein Irokesenschnitt ist nicht genug. Das Äußere kann den Star nur verstärken, aber nicht machen. Entscheidend ist, was er innen hat und nach außen transportiert. Da fehlt noch was

Interview: Matthias Kerber

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