Ulmers Genickbruch: "Ich dachte, das geht schon"
EHC-Crack Jason Ulmer schrammte vor wenigen Monaten knapp an der Querschnittslähmung vorbei. „Ich bin bei fast 100 Prozent”, sagt er vor dem Spiel gegen Ingolstadt
MÜNCHEN Er ist der unumstrittene Vorlagen-König beim EHC Red Bull. Die Rede ist von Jason Ulmer, der in dieser Saison bereits 24 Tore vorbereitet und zwei selber erzielt hat. Damit ist er vor dem Spiel am Freitag gegen den ERC Ingolstadt (19.30 Uhr, Olympia-Eishalle) nicht nur der zweitbeste Scorer beim Tabellenneunten, sondern auch an fast jedem vierten Tor des EHC (111 Treffer bisher) beteiligt.
Wenn man den Wirbelwind mit der Nummer 39 über das Eis gleiten sieht, kann man sich kaum vorstellen, dass der 34-Jährige Ende 2012 nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschlittert ist. Genauer gesagt, nur um ein paar Millimeter. Im Spiel gegen die Hannover Scorpions bekam der Kanadier Anfang des Schlussdrittels einen Schlittschuh ins Genick. Doch trotz Schmerzen spielte er die Partie zu Ende. „Ich dachte, das geht schon”, sagt Ulmer der AZ, „wir sind Eishockeyspieler, wir spielen auch mit Schmerzen. So ist unser Sport, so wurden wir erzogen. Das ist vielleicht nicht immer klug.” Bei Ulmer war es nicht nur nicht klug, sondern sogar wirklich gesundheitsgefährdend. Ulmer hatte ein Halswirbelsäulen-Trauma und einen Bruch des Dornfortsatzes im Wirbel erlitten.
Oder anders gesagt: Ulmer spielte mit gebrochenem Genick weiter. „Als wir die Ergebnisse der Untersuchung gesehen haben, waren wir selber erschrocken”, sagt Dr. Erich Rembeck, der renommierte Mannschaftsarzt des EHC, „wir haben dann mehrere absolute Spezialisten konsultiert, denn so eine Verletzung hatte ich in einer Teamsportart in meiner Karriere auch noch nicht gesehen. Wir mussten Ulmer auch fast zur Untersuchung zwingen. Eishockeyspieler musst du immer fünf Mal fragen, bevor sie sagen, dass ihnen was weh tut.”
Ein weiterer Schlag auf die Wirbelsäule hätte fatal enden können, da zum Nervenkanal nur wenige Millimeter fehlten. Wäre der verletzt worden, hätte es zu einer Querschnittslähmung führen können. Ulmer selber war von der Diagnose geschockt. „Du gehst zum Arzt, weil du ein bisschen Schmerzen hast und kriegst mitgeteilt, dass dein Genick gebrochen ist. Die Ärzte sagten zwar, es sei nicht so schlimm.
Aber Genickbruch und nicht so schlimm, das passt für den Betroffenen nicht zusammen.” Ulmer ließ sich dann gleich die Röntgenaufnahmen mitgeben. „Ich musste ja meiner Frau Erin erklären, dass ich mir zwar das Genick gebrochen habe, aber sie sich keine Sorgen machen müsste”, sagte Ulmer, „sie war damals ja auch noch mit unserer Tochter hochschwanger.” Wochenlang musste Ulmer pausieren. „Ich durfte nichts heben, was mehr als drei Kilo wiegt. Zum Glück kam unsere Tochter Kyla sehr leicht zur Welt, so dass ich sie anfangs noch im Arm halten durfte”, sagt Ulmer, „aber mit meinen Söhnen Tyson und Caden konnte ich daheim nicht Eishockeyspielen. Das haben sie anfangs nicht verstanden, warum der Papa nicht mehr mitspielt.” Seit seinem Comeback spielt er mit einer Titanschutzplatte, die den gebrochenen Wirbel abdeckt. „Es war mental nicht leicht, die Verletzung hinter sich zu lassen, aber ich bin wieder bei fast 100 Prozent. Physisch und psychisch”, sagt Ulmer.
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