Petermann: "Wir gewinnen mit Eiern und Herz"

Vor dem Kracher gegen die Eisbären Berlin spricht EHC-Kapitän Petermann Klartext. Warum er und seine Kollegen „Helden” werden können, wann er ein Vaterunser betet – und wem er es zeigen will.
von  Matthias Kerber
EHC-Kapitän Felix Petermann.
EHC-Kapitän Felix Petermann. © Rauchensteiner/Augenklick

AZ: Herr Petermann, 50 Spieltage haben Sie mit der Inbrunst der Überzeugung erzählt, dass der EHC die Playoffs erreicht, jetzt – zwei Spiele vor Schluss – stehen Sie mit dem Rücken zur Wand.

FELIX PETERMANN: Das stimmt, aber ich habe weder die Inbrunst noch die Überzeugung verloren. Und was viel wichtiger ist, die Mannschaft hat die Überzeugung nicht verloren. Ja, das vergangene Wochenende mit den Niederlagen gegen Nürnberg und Mannheim war sehr, sehr bitter, wir haben es uns dadurch jetzt schwerer gemacht als es nötig war. Wir packen das!


Mit Berlin und Hamburg trifft der EHC auf zwei seiner Angstgegner, gegen die man in dieser Saison die Bilanz von 1:17-Punkten und 9:20-Toren hat.


Wir dürfen darüber gar nicht nachdenken. Am besten wäre ein Denkverbot für uns alle. Wer es schafft, den Kopf auszuschalten, nur auf seinen Instinkt zu vertrauen, der spielt im Eishockey seiner Identität entsprechend. Unsere Identität ist der Kampf. Unsere Siege tun weh. Uns und den anderen. Wie unser Trainer Pat Cortina sagt: Wir gewinnen mit Eiern und Herz. Was gibt es Schöneres als nach dem Spiel mit Eisbeuteln auf dem schmerzenden Körper in der Kabine zu sitzen und dieses verschmitzte Lächeln zu haben, das besagt, dass man gegen alle Widrigkeiten gewonnen hat? Was haben wir schon zu verlieren? Eigentlich können wir in diesen zwei Spielen nur zu Helden werden. Die Situation ist schwierig, aber wir haben schon ganz anderes in der Saison weggesteckt.


Zum Beispiel?


Man hat uns doch gar nicht ernst genommen. Man hat uns verspottet und auf uns eingeprügelt. Als uns die NHL-Stars Paul Stastny und Blake Wheeler wieder verlassen haben, haben wir gleich im ersten Spiel danach eine 1:5-Klatsche gegen Hamburg kassiert. Die ganze Liga hat gelacht, war voller Häme. Da hieß es nur, jetzt wird der EHC auf den letzten Platz durchgereicht. Es war eine große Genugtuung, allen zu zeigen, dass wir auch ohne die NHL-Stars gewinnen können.


Auch Sie hatten eine schwere Saison. Viele Verletzungen und das erste Saisontor gelang Ihnen, dem Kapitän, auch erst am 46. Spieltag.


Das war schon verflixt. Ich glaube, ich hatte noch nie so viele gute Chancen zu treffen, Chancen, die ich alle versiebt habe. Da verkrampft man im Kopf. Es war eine Erlösung, als der Puck dann gegen Iserlohn endlich drin war.


Bei Ihren Strafzeiten fielen viele Gegentore.


Ja, das war hart. Denn ich bin beim EHC der Kapitän, will Vorbild sein. Und dann schadet man dem eigenen Team sogar. Es ist so, dass ich in dem Moment, in dem ich auf der Strafbank Platz nehmen muss, anfange, ein Vaterunser zu beten. Wenn du draußen sitzt und dann schlägt es beim eigenen Team ein, bist du immer der Depp. Mein Spiel ist immer eine Gratwanderung. Ich spiele an der Grenze zum Legalen, ich kann ein Ekel für die Gegner sein – und das ist auch gut so. Aber wenn man einen gewissen Ruf hat, pfeifen die Schiedsrichter vielleicht auch ein bisschen schneller, ein bisschen leichter. Wie Sie sagten, es gab schwere Zeiten in dieser Saison. Jetzt müssen wir nur den Weg finden, die Spielzeit zu einem guten Abschluss zu bringen.

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