Pat Cortina: Ein Baby namens EHC

Pat Cortina über seine Rolle als Vater – im Eishockey und daheim bei seinen Töchtern
AZ: Herr Cortina, vor der Deutschland-Cup-Pause hatte der EHC mit dem ausverkauften Derby gegen Augsburg ein Highlight der Vereinsgeschichte, jetzt steigen Sie mit dem nächsten Höhepunkte wieder ein, am Sonntag (19.05 Uhr) gegen Straubing dürfte die Olympia-Eishalle bestens gefüllt sein...
PAT CORTINA: Was hier abgeht, ist einfach atemberaubend. Die Energie, die in der Halle herrscht, wenn sie voll ist, ist einzigartig. Der EHC sorgt in München für Furore. Man merkt es in der Stadt, wie oft man angesprochen wird. Ich habe nie verstanden, warum Eishockey in München jahrelang ein Schattendasein geführt hat. Ich habe mich gefragt: „Warum? München ist doch eine Sportstadt“.
Haben Sie eine Erklärung, warum es jetzt ausgerechnet der EHC geschafft hat?
Ich denke, dass es genau so was wie den EHC brauchte. Ein Team, das in München geboren, an der Brust genährt, aufgezogen und groß geworden ist. Ein Team, bei dem jeder sagt: Das ist eine Münchner Mannschaft.
Sie waren während der Pause mehrere Tage bei Ihrer Familie in Italien.
Ja, ich habe dort meine Batterien aufgeladen. Es tat gut, mehrere Tage miteinander verbringen zu können. Für mich war es toll, meine Frauen (Cortina hat mit seiner Lebensgefährtin zwei Töchter, d. Red.) hatten dafür das Problem, dass sie mich länger ertragen mussten (lacht).
Wie würden Sie den Vater Pat Cortina beschreiben?
Ich würde sagen, genauso, wie mein Team noch Luft nach oben hat, kann ich mich in der Beziehung verbessern. Ich bin sehr viel nicht da, das macht es nicht leicht für uns alle. Auf der anderen Seite ist die Lage auch für alle klar. Wenn ich da bin, dann bin ich hundert Prozent für sie da. Wenn sie hier wären, wäre ich auch nicht viel da und ob ich nicht viel abgelenkter wäre, weiß ich nicht. Aber mir ist klar, dass ich in Zukunft mehr für sie da sein muss. Meine Frau macht einen unglaublichen Job, aber gerade meine ältere Tochter (Alissa, 10 Jahre, d. Red.) braucht auch mal jemand anderen als die Mama, wenn sie reden will. Ich denke, sie brauchen mich auch als Feuerwehrmann, als Ansprechpartner, als Schulter zum Anlehnen, als Schlichter. Wir haben uns aber noch nicht entschieden, wann meine Familie hierher kommen wird. Ich hoffe, dass ich meinen Kindern so ein guter Vater sein kann, wie mein Vater es für mich ist. Meine Eltern haben mich zu dem gemacht, was ich bin. Sie haben mir die Werte mit gegeben, die ich hochhalte, und sie haben mir diese Werte vorgelebt. Sie tun es immer noch.
Kann man als Trainer eine Art Vater für ein Team sein?
Ja, das geht. Manager Winkler und ich, wir sagen ja oft über den EHC: „Das ist unser Baby.“ Und daher sehen wir uns auch als Vater, der alles dafür tut, dass dieses Baby gut und behütet aufwächst. Wir müssen manchmal durchgreifen, und auch hart sein, aber das ändert ja nichts an der Liebe, die man für das Kind empfindet. Da ähneln sich das Vatersein und die Arbeit als Trainer.
Das Lazarett, zuweilen fehlten ja sieben Stammspieler, lichtet sich langsam. Das muss Ihre Arbeit als Trainer jetzt doch leichter machen.
Ja, aber ich sehe auch eine Gefahr. Nämlich, dass die, die sich zuletzt den Hintern aufgerissen haben, sich zurücklehnen. Wir werden aber nur weiter Erfolg haben, wenn alle diese Intensität beibehalten. Das habe ich den Spielern eingebläut. Ob sie es wirklich verinnerlicht haben, weiß ich nicht. Manchmal müssen die Spieler erst gegen die Wand fahren, damit sie einsehen, dass der Coach nicht nur Unsinn redet.
Interview: Matthias Kerber