Miracle on Ice: Dehners unsterblicher Onkel
Jeremy Dehner vom EHC Red Bull München spricht über seinen Onkel Bob Suter, der Teil des „Miracle on Ice“ war und im September verstarb. „Ich verdanke ihm viel!“
München - Weihnachten, das Fest der Liebe, des Friedens, der Familie. Und doch senkt Jeremy Dehner den Blick, die Stimme stockt, wenn er von diesem Weihnachten in München spricht. „Meine Eltern kommen aus Amerika rüber zu Besuch. Darüber freue ich mich sehr“, sagt der Verteidiger des EHC Red Bull München, „wir werden als Familie feiern. Und ein Extra-Gebet sprechen.“
Ein Extragebet für Onkel Bob. Der verstarb am 9. September diesen Jahres im Alter von nur 57 Jahren in einer Eishalle in Madison, Wisconsin an Herzversagen. „Es ist das erste Familienfest, bei dem er nicht mehr dabei ist. Ich denke, dass wir da unseren Verlust ganz intensiv fühlen werden“, sagt Dehner, „mein Onkel war der perfekte Familienmensch. Nichts war ihm wichtiger als seine Liebsten. Er war schlicht der mit Abstand liebenswerteste, bescheidenste, wunderbarste Mann, den es gab.“
Bescheiden, obwohl er eine Legende war. Teil eines des größten sporthistorischen Ereignisses des letzten Jahrhunderts. Bob Suter, der Spieler mit der Nummer 20, gehörte der legendären US-Nationalmannschaft an, die am 22. Februar 1980 bei Olympia in Lake Placid das Undenkbare möglich machte und die als unbezwingbare geltende Mannschaft der Sowjetunion im Halbfinale mit 4:3 niederrang. Und das auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Team USA, das dann auch noch durch einen 4:2-Sieg im Finale gegen Finnland Gold holte, versetzte das Land in einen Taumel des Patriotismus. „Mein Onkel hat von sich aus nie darüber gesprochen. Kein Mensch, der ihn kannte, hätte aus seinem Auftreten daraus geschlossen, dass er einen Teil Sportgeschichte mitgeschrieben hat“, sagt Dehner über den Bruder seiner Mutter. „Für uns war er immer nur Onkel Bob, der immer für uns da war, der für seine Familie alles stehen und liegen ließ. Und er war einer, der dich immer angestachelt hat, das Beste aus dir rauszuholen. Selbst wenn es irgendein unwichtiges Kinderspiel war, er wollte, dass wir alles für den Sieg geben.“
Dieser Onkel Bob war es, der Dehner zum Eishockey brachte. „Er war für mich, meine Brüder und Cousins der allererste Trainer. Kein Coach später hatte einen derartigen Einfluss auf mich. Ich habe ihm so viel zu verdanken. Jeden Sommer waren wir zusammen, teilten alles“, erinnert sich Dehner, dessen Cousin Ryan Suter in der NHL bei der Minnesota Wild spielt und der bei Olympia 2010 Silber mit dem US-Team holte. „Erst später habe ich mir auf Video das Miracle on Ice angeschaut, die letzten Momente, als die Fans die Sekunden nach unten zählen, sind Gänsehaut pur“, sagt Dehner, „dass mein Onkel in diesem Moment auf dem Eis stand, und das alles live und hautnah erlebt hat, ist unglaublich.“
Zwei Mal wurde das Mega-Event verfilmt, einmal mit Karl Malden in der Rolle von Coach Herb Brooks, einmal mit Kurt Russell als Brooks (die Filmrechte hält Disney). Diesen Film benutzt etwa der deutsche Bundestrainer Pat Cortina als Motivation für seine Teams. „Natürlich habe ich die DVD daheim“, sagt Dehner, „das Miracle, das Eiswunder gehört zu unserer Familiengeschichte.“
So wie eben auch der tragische 9. September. Als Onkel Bob nur unweit der Eisfläche, wo Dehner seine ersten Schritte auf Schlittschuhen machte, tot zusammenbrach. „Als die Nachricht kam, konnte ich es nicht glauben. Nicht mein Onkel, das durfte nicht wahr sein“, sagt Dehner, der dann zur Beerdigung nach Amerika flog. „Erst beim Begräbnis habe ich wirklich für mich realisiert, dass er nicht mehr da ist, dass ich nie wieder mit ihm sprechen kann. Das tut immer noch ungemein weh“, sagt Dehner, „aber er lebt nicht nur in unseren Gedanken weiter, sondern auch im Miracle on Ice. Dadurch ist er für alle Welt unsterblich.“