Meisterschaft im Visier

Am Freitag kann der EHC den Finaleinzug perfekt machen - auch dank Kapitän Bahen. Er spielt unter Schmerzen und mit Spezialhelm.
MÜNCHEN Das Gesicht geschwollen, blaue Flecken, zwei genähte Cuts. All das sind Souvenirs, die Kapitän Chris Bahen aus Ravensburg mitgebracht hat. Wenn sein Verein, der EHC München, am Freitag (20 Uhr, Olympia-Eishalle) in Spiel fünf gegen die Tower Stars, den Finaleinzug klar machen kann, wird er aber selbstverstädnlich wieder auf dem Eis stehen – mit Schmerzen.
Beim 2:0 am Dienstag, in Spiel vier der Halbfinal-Serie (Stand 3:1), hatte Ravensburgs Shane Endicott den Kanadier Kopf voraus in die Bande gecheckt. „Es war ein gefährlicher Check“, sagt der 29-Jährige, „aber zum Glück trage ich ja den Vollvisierhelm. Daher ist alles nicht so schlimm.“
Den Spezialhelm muss Bahen tragen, weil er Anfang des Jahres im Training einen Puck ins Gesicht bekam. Die niederschmetternde Diagnose damals: Trümmerbruch des Kiefers, sieben Zähne verloren – drei oben, vier unten. „Ich habe zwei Platten und acht Schrauben in meinem Kiefer, die werde ich auch mein gesamtes Leben haben müssen. Außerdem spreche ich seitdem mit einem leichten Lispeln“, sagt Bahen, der zuletzt – trotz des Bandenchecks – das 1:0 erzielt hatte. „Das ist alles heftig, aber wenn ich all das erdulden muss, um mit dem EHC die Meisterschaft zu gewinnen, denn nehme ich gerne diese Opfer auf mich“, sagt Bahen, „dann ist es mir das wert.“
Eine Einstellung für die ihn die ungeteilte Bewunderung der EHC-Bosse und Mitspieler sicher ist. „Chris ist einer der echten Leader, der stets das Team vor seine eigenen Interessen stellt“, sagt Coach Pat Cortina. Und der verletzte Kapitän Andreas Raubal, den Bahen derzeit vertritt, meint: „Chris ist ein superharter Hund. Wahnsinn, Was der alles abgekriegt hat! Und trotzdem spielt er mit all diesen Schmerzen und jammert nicht.“ Und dann macht der Urbayer aus Garmisch seinem Teamkameraden noch ein Kompliment: „Für mich ist der Chris so hart, der ist eigentlich ein Werdenfelser, kein Kanadier.“
Eine Ehreneinbürgerung, die Bahen mit Stolz erfüllt: „Ein Kompliment von Andi zu kriegen, das macht mich sprachlos. Denn Raubal ist für mich der größte Kämpfer, mit dem ich je zusammengespielt habe. Er ist hart wie kein zweiter, er kennt keine Furcht, blockt jeden Schuss. So etwas macht mich glücklich.“
Zeit wird’s, denn Bahen war der EHC-Pechvogel der Saison. Gleich zu Beginn entzündete sich eine Blase am Fuß, führte zu einer Blutvergiftung. Bahen musste – am Geburtstag seiner Frau – operiert werden. Kaum war er genesen, traf ihn im Training ein Puck genau auf die Operationsnarbe. Wieder wurde er operiert, wieder kämpfte er sich zurück. Dann brach ihm der Puck den Kiefer. „Meine Frau nimmt die Hiobsbotschaften schon gelassen, mit einem Schulterzucken. Als ich ihr jetzt die Sache erzählt habe, sagte sie nur: ,Okay. Noch was?’ Meine Kinder denken wahrscheinlich, ich sei Boxer“, sagt Bahen, der nach der Saison drei Monate keinen Kontaktsport betreiben darf. „Der Kiefer muss ausheilen. Dann kann man mir auch Zahnprothesen einsetzen. Dann wäre das Riesenloch in meinem Mund weg – und auch da Lispeln.“
Matthias Kerber