Kompon: Titel für die tote Freundin
Bei einem Autounfall verunglückte eine enge Bekannte des Topstars vom EHC München. Jetzt will er die Meisterschaft holen und ihr widmen: „Das würde ihrer Familie viel bedeuten!“
MÜNCHEN Mike Kompon ist ein Mann vieler Worte. So vieler, dass ihm Coach Cortina schon mal einen Maulkorb für die Zeit auf dem Eis erteilte.
Doch außerhalb darf er weiter seinem Rededrang freien Lauf lassen, und so sprudelte es aus dem Kanadier auch nur so hervor, als es um seine Verletzung ging, die er sich nach einem üblen Foul von Chris Blight im fünften und letzten Halbfinal-Spiel gegen Ravensburg (Serie 4:1 für München) zugezogen hat. „Macht euch keine Sorgen. Ich bin okay, es ist nichts Schlimmes, mein Knie hält, ich brauchte nur ein paar Tage Pause, die habe ich mir genommen, es fühlt sich alles wieder ganz okay an, es ist nur ein Bluterguss, meine Bänder sind nicht beschädigt“, erklärte der Topstar des EHC München vor dem ersten Finalspiel am Freitag in der best-of-Five-Serie in Bietigheim (20 Uhr).
Auch Manager Christian Winkler gab Entwarnung. „Wir haben bei Mike eine Kernspintomographie machen lassen, es ist zum Glück wirklich nur ein Bluterguss oberhalb des Knies. Mike kann spielen. Es wäre schon eine üble Schwächung, wenn er ausfallen würde.“
EHC München: Cortina spricht von "Verletzungsabsicht"
Das befürchteten sie beim EHC nach der Attacke Blights. Die bringt Erfolgscoach Pat Cortina immer noch in Rage. „Das war ein Foul mit der klaren Absicht, Mike zu verletzen. Das war dreckig.“
Kompon selber will sich damit nicht mehr beschäftigen. „Heh, ich stehe jetzt mit dem EHC im Finale. So eine Chance hatte ich den elf Jahren meiner Eishockey-Karriere nicht. Er hätte mir schon das Bein abhacken müssen, damit ich im Finale nicht dabei bin“, legt Kompon mit einem weiteren Verbal-Feuerwerk nach, „ich fühle mich hier so wohl wie noch nie in meiner Karriere, es ist fantastisch, die Jungs, die Kameradschaft, alles.“
Genau diese Kameradschaft, sie half dem 28-Jährigen auch über einige der schwersten Stunden und Tage seines Lebens hinweg. Am Tag des ersten Halbfinal-Spiels gegen Ravensburg erfuhr Kompon, dass seine Sandkasten-Freundin, mit der er weiter engen Kontakt pflegte, bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist.
„Ich kannte sie fast mein gesamtes Leben. Sie war fast ein Teil der Familie. Ich bin sehr traurig“, sagt Kompon und dabei schießen ihm Tränen in die Augen. „Klar sind meine Gedanken auf Eishockey konzentriert, aber in den stillen Momenten denke ich schon an sie. Sie stammt aus einer Eishockey-Familie und ich will den Titel für sie und ihre Familie holen. Ich weiß, dass sie sich für mich immer gewünscht hat, dass ich einen Meistertitel hole. Jetzt wünsche ich mir, dass ich ihr den Titel widmen kann. Es würde auch ihrer Familie viel bedeuten, ich habe mit ihnen telefoniert.“
EHC München: Kompon trauert um "Sandkasten-Freundin"
Die Art, wie Kompon mit dem Verlust, dem Schmerz umgeht, hat ihm noch mehr Respekt seiner Mitspieler eingebracht. „Nur die Größten wachsen in solchen Momenten über sich hinaus. Das hat Mike getan“, sagt Topstürmer Dylan Gyori, der Kompon sogar als „Mr. Playoffs“ adelte. Ob Mr. Playoffs über diese hinaus beim EHC bleiben wird, das steht übrigens noch nicht fest. „Dass Mike ein begehrter Spieler ist, das ist klar. Und er hat sicher das Ziel, auch einmal im der DEL zu spielen. Und da könnte man ihm auch nicht böse sein. Ich würde es sogar als Auszeichnung für unsere Arbeit sehen, wenn er diesen Sprung machen könnte“, sagt Manager Christian Winkler, „München ist seine erste Wahl. Stören würde mich nur, wenn er in der 2. Liga zu einem anderen Verein ginge.“
Doch bis dahin ist er beim EHC auf einer Mission. „Ich kann den Schmerz, der Mike ausfüllt, sehr gut nachvollziehen. Man fühlt, dass er für mehr als nur den Titel spielt“, sagt Cortina, der ein ähnliches Schicksal in der Viertelfinalserie erlitten hat. Da erfuhr der Italo-Kanadier, dass Gabor Ocskay (33), sein Freund und Lieblingsspieler in der von ihm trainierten ungarischen Nationalmannschaft, einem Herzinfarkt erlegen war.
Kompon spielt auch für die tote Freundin, für die er eben diesen Titel holen will. „So ist es“, sagt der Mann der vielen Worte nur. Drei Worte, diesmal sagen sie alles.
Matthias Kerber
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