Klassenkampf auf Kufen

Heimatverein kontra Kunstprodukt: Wenn der EHC heute die Hamburg Freezers empfängt, den Nachfolgeklub der München Barons, treffen zwei unterschiedliche Eishockey-Kulturen aufeinander.
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Wollen in Köln wieder jubeln.
Rauchensteiner/Augenklick Wollen in Köln wieder jubeln.

Heimatverein kontra Kunstprodukt: Wenn der EHC heute die Hamburg Freezers empfängt, den Nachfolgeklub der München Barons, treffen zwei unterschiedliche Eishockey-Kulturen aufeinander.

AZ: Herr Bochanski, nach drei Niederlagen in Serie hat der EHC beim 3:2 in Ingolstadt wieder drei Punkte eingesackt und sich auf Tabellenplatz vier etabliert. Eine kleine Münchner Cinderella-Story, oder?

JÜRGEN BOCHANSKI: Absolut. Die Mannschaft hat gezeigt, was man alles mit Power, mit Willen, mit Kampfgeist erreichen kann. Wir müssen im Moment ohne sieben Stammspieler auskommen und daher mit einer Mannschaft antreten, der man vom Grundsatz, von der Papierform her, kaum etwas zutrauen kann. Und dann kämpft das Team einen Gegner nieder, der fast das Doppelte an Etat hat. Das ist zwar alles an der Grenze des Menschenmöglichen, aber irgendwie macht es diese Mannschaft eben möglich. Das bereitet ganz besondere Freude.

Was macht in Ihren Augen den EHC, der bereits als bester Aufsteiger in der Geschichte der DEL gefeiert wird, so stark?

Manager Christian Winkler und Trainer Pat Cortina haben bei der Zusammenstellung des Teams besonderen Wert auf den Charakter der Spieler gelegt. Das zahlt sich jetzt in einer so schwierigen Situation aus. Wir haben echte DEL-Stars wie Eric Schneider oder Stéphane Julien, aber keiner von denen lässt jemals den Star raushängen. Die Etablierten, wie etwa auch Felix Petermann, sind einfach Vorbild durch ihre Art. An ihnen können sich die anderen aufbauen und wachsen. Und dadurch werden dann eben auch die Spieler, auf die wir schon lange setzen, so stark, wie es etwa der Martin Buchwieser jetzt ist. Ich kann nur sagen, das ist wirklich alles traumhaft. Nach den bisherigen Vorstellungen kann man vielleicht auch schon ganz leise an die Preplayoffs denken, also, dass wir unter die ersten Zehn kommen könnten.

Am Donnerstag um 19.30 kommt es jetzt in eigener Halle zu einem Duell, das eine gewisse Brisanz in sich hat. Schließlich empfängt man die Hamburg Freezers, also den Nachfolgeverein der München Barons, die im Jahre 2002 nach Hamburg zwangsumgesiedelt wurden.

Nun, seit die Reizfigur, der ehemalige Barons-Sportdirektor Boris Capla, nicht mehr in Hamburg tätig ist, hat sich da auch einiges beruhigt. Wir wollen in dem Sinne auch kein Signal an die Hamburger senden, sondern eher an die DEL, dass man auch mit einem kleinen Budget Erfolg haben kann. Das hat Augsburg vergangene Saison gezeigt, das wollen wir jetzt zeigen. Trotzdem ist das Spiel gegen Hamburg wegen der Vorgeschichte speziell. 2002 nach der Umsiedlung der Barons haben wir uns entschieden, Eishockey irgendwie in München am Leben zu erhalten. Damals war es unvorstellbar, dass sich diese beiden Vereine – die Ex-Barons, bei denen es hieß, Profi-Eishockey ist in München nicht machbar, und eben der EHC, der zeigt, dass es geht – je in der DEL aufeinander treffen.

Sie sind selber seit fast 30 Jahren als Sponsor im Münchner Eishockey tätig und haben damals das Ende der Barons hautnah erlebt.

Ja, die Barons, die haben sich immer sehr abgegrenzt. Von den Sponsoren und den Fans. Die hatten eben den milliardenschweren Geldgeber Anschütz im Rücken. Da wurde einem als Geldgeber stets vermittelt, dass man eigentlich nicht wichtig ist, dass es für die Barons unwichtig ist, ob man das Geld zusteuert oder nicht. Man hat eben ein Kunstprodukt geschaffen, sich die Lizenz und die Spieler zusammengekauft. Aber so kann man maximal kurzfristigen Erfolg kaufen. So etwas geht aber in München, in Bayern, nicht. Dafür ist Eishockey hier viel zu sehr verwurzelt, in Traditionen eingebunden.

Der EHC ist unter Ihrer Führung ja ein Gegenentwurf zu den Barons geworden.

Nun, die Barone waren immer eine geschlossene Gesellschaft, in der Fans und Sponsoren nicht wirklich angesehen waren. Man hatte ein Team, das sich einer Eishalle bediente, die eben in München stand, aber es war nie eine Münchner Mannschaft. Wir vom EHC sind hingegen hier zusammen mit unseren Fans gewachsen. Uns gefällt es auch, so wie es ist. Der EHC passt eben einfach zu München.

Interview: Matthias Kerber

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