Jordan Webb - Der unsichtbare Vollstrecker
MÜNCHEN - Für die Verpflichtung von Flügelstürmer Jordan Webb haben die EHC-Verantwortlichen viel Kritik einstecken müssen. Im Moment ist der Kanadier allerdings der beste Torschütze der DEL.
Es ist nicht das erste Mal, dass Jordan Webb vorgeworfen bekommen hatte, nicht gut genug für die höhere Liga zu sein. 2009 stieg er mit dem ESV Kaufbeuren von der Ober- in die zweite Bundesliga auf, dabei hatte er 119 Punkte in 58 Spielen erzielt. Beobachter jedoch urteilten: „Zu langsam, zu schmächtig, zu sensibel für die zweite Liga.“ Flügelstürmer Webb machte in der folgenden Saison 72 Punkte in 52 Spielen.
Vor der laufenden Saison wechselte er zum DEL-Aufsteiger EHC – und wieder wurde ihm die Tauglichkeit abgesprochen. „Manche Leute haben uns einen Vogel gezeigt, als wir ihn verpflichtet haben,“ sagt EHC-Manager Christian Winkler. „Aber Pat Cortina und ich haben an ihn geglaubt.“ Bisher rechtfertigt Webb das Vertrauen der EHC-Verantwortlichen mit Toren. Webb, 29, ist im Moment der beste Knipser der DEL: Vier Spiele hat er für den EHC gemacht, vier Mal getroffen. „Das sind 400 Prozent mehr Tore, als ihm viele zugetraut haben“, sagt Winkler.
Dass Webb, trotz untrüglicher Statistiken, einen derart zweifelhaften Ruf genießt, liegt an seinem Auftreten auf und neben dem Eis. Wenn der Kanadier einmal kein Tor schießt, und das war in den bisherigen beiden Auswärtsspielen des EHC der Fall, dann ist er so gut wie unsichtbar auf dem Eis. Webb-Checks sind selten, in der vergangenen Saison erhielt er gerade einmal zwölf Strafminuten. „Er muss noch physischer werden“, sagt Winkler, „und sich an das Tempo der Liga gewöhnen.“ Abseits der Eisfläche spricht Webb leise und ist immer bemüht zu betonen, welch großartige Arbeit seine Teamkameraden und der Trainer leisten. „Er ist immer ruhig“, sagt Christian Winkler. Da passt es nur gut, dass Jordan Webb, nach überzeugenden Auftritten bei seinen bisherigen drei deutschen Vereinen EV Landsberg, Hannover Indians und ESV Kaufbeuren, neben Förderlizenzspieler Philipp Quinlan als einziger EHC-Spieler in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia immer noch keine eigene Seite hat – ganz, als ob er sich auch im Netz aus dem Rampenlicht stehlen wollen würde.
Jordan Webb profitiert von den Momenten, in denen er auf dem Eis instinktiv alles richtig macht. „Er hat einfach einen Riecher für Tore“, sagt Winkler, „egal in welcher Liga. Das kannst du nicht lernen.“ Derzeit ist Webb der Vollstrecker in der höchst produktiven ersten Reihe des EHC, er spielt dort zusammen mit Ryan Ready (fünf Vorlagen) und DEL-Topscorer Eric Schneider (ein Tor, sechs Vorlagen). „Eric spielt sensationell und macht alle seine Mitspieler um ihn herum besser“, sagt Winkler, „für ihn fehlen mir im Moment die Superlative.“
Für „15 bis 20 Tore“ hat ihn der EHC eingekauft, sagt Winkler. Für weitere 16 müsste Webb in den übrigen 48 Partien in jedem dritten Spiel treffen. Mit seinen Vorlagengebern Ready und Schneider (am Mittwoch 33 Jahre alt geworden) sollte das zu schaffen sein.
Julian Galinski
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