EHC-Start in die Playoffs: Mit der Aura von Türstehern, aber auch böser Viertelfinal-Erinnerung

In der Vorsaison strahlte der EHC Red Bull München die Titel-Überzeugung ganz natürlich aus - diesmal muss der Meister, der als Hauptrunden-Fünfter in die Playoffs geht und im Viertelfinale auf Wolfsburg trifft, sie ein bisschen herbeireden
von  Ruben Stark
EHC-Trainer Toni Söderholm erklärt seinen Cracks den Viertelfinal-Plan gegen Wolfsburg (gr. Foto) - dafür brauchen Markus Eisenschmid und Co. die passenden "Waffen".
EHC-Trainer Toni Söderholm erklärt seinen Cracks den Viertelfinal-Plan gegen Wolfsburg (gr. Foto) - dafür brauchen Markus Eisenschmid und Co. die passenden "Waffen". © City-Press

München - So ändern sich die Voraussetzungen. In der vergangenen Saison, ungefähr zum selben Zeitpunkt, passte das Selbstvertrauen der Spieler des EHC Red Bull München kaum durch die Tür zur Mannschaftskabine im Olympia-Eisstadion. Die Überzeugung, dass man hier gerade das Reich des kommenden Eishockey-Meisters betritt, lag in jeder Pore der schweißgetränkten Luft.

Dieses Jahr empfängt aber nicht der unangefochtene DEL-Tabellenführer zwei Tage vor dem Viertelfinal-Auftakt am Samstag in Wolfsburg (19.30 Uhr/Magentasport) zum Playoff-Gespräch, sondern der Fünftplatzierte, der eine Achterbahn-Hauptrunde in den Beinen und in den Köpfen hat.

EHC-Coach Söderholm: "Faktor Selbstvertrauen ist nicht schwierig rauszukitzeln"

"Fünfter ist nicht das, was man hier gewohnt ist. Aber der Zählerstand ist wieder auf null bei allen Mannschaften", sagt Manager Christian Winkler und bemüht sich wie allen Protagonisten beim Titelverteidiger um größtmögliche Zuversicht: "Es hat auch viele positive Ausschläge in dieser Saison gegeben - und wir haben eine Kabine, wo jeder Spieler schon mal eine Trophäe hochgehalten hat und jeder weiß, was es braucht."

Cheftrainer Toni Söderholm, der bisher die knifflige Nachfolge auf Rekordtrainer Don Jackson nicht reibungslos bewältigt hat, ergänzt: "Es ist wichtig, zu erkennen, dass wir den Druck der Playoffs gewohnt sind. Der Faktor Selbstvertrauen ist nicht so schwierig rauszukitzeln. Es kommt auf den absoluten Willen zum Gewinnen an."

Vorteil EHC? "Wir haben ein bisschen mehr Tiefe als Wolfsburg"

Der amtierende Champion, er muss darüber reden und überzeugend argumentieren, warum diese Spielzeit nun doch im richtigen Augenblick die erhoffte Wendung nimmt und nicht früher endet, als es der Anspruch ist am Oberwiesenfeld. "Wir hatten eine super Trainingswoche, alles andere ist egal, es muss nicht immer der Erste gewinnen", hält Stürmer Markus Eisenschmid im AZ-Gespräch dagegen und stellt vor dem sechsten Playoff-Duell gegen die Grizzlys seit 2015 heraus: "Wir haben ein bisschen mehr Tiefe als Wolfsburg und wir haben die Möglichkeit, noch eine Schippe draufzulegen."

Die Möglichkeit sicher, das ist unstrittig bei der individuellen Klasse des EHC. Aber gelingt es, quasi im Handumdrehen die Konstanz herbeizuschaffen, die sich über 52 Spiele nicht einstellen wollte? Meistergoalie Mathias Niederberger, der seinen vierten DEL-Titel in Folge holen könnte, zieht den Optimismus ebenso wie Eisenschmid aus den acht Tagen der Ruhe vor dem Sturm, aus mehr als einer Woche Vorbereitung zwischen dem ärgerlichen 4:5 gegen die Augsburger Panther und dem Start der Best-of-seven-Serie in der Eis-Arena von Wolfsburg.

EHC setzt auf das gute Gefühl der Vergangenheit

"Ich habe ein sehr positives Gefühl", sagt Niederberger zur AZ, "wir haben schon einige Male in dieser Saison gezeigt, dass wir auf Top-Niveau spielen können. Wir besinnen uns auf die Spiele, wo wir unsere Leistung gebracht haben." Wenn die Überzeugung, die Stärke sich nicht bereits eingestellt hat, dann holt man eben die guten Gedanken aus der Vergangenheit. "Unser Vorteil ist, dass wir wissen wie es geht und in der Vergangenheit auch gegen Wolfsburg gewonnen haben", ergänzt der Nationaltorhüter.

In der Tat gingen von bisher fünf Playoff-Serien vier an die Münchner Eishackler, nur eine an die Niedersachsen - allerdings war das eben jene, die in einem Viertelfinale (2015) anstand. "Die Rivalität ist groß, es waren immer sehr heiße Serien. Wir haben einen Riesenrespekt vor Wolfsburg, aber alles andere wird ad acta gelegt", beschwört Winkler wie zuletzt Kapitän Patrick Hager die magische Kraft des Vergessens: "Wir werden am Samstag mit gehörigem Feuer starten und dann ist der Weg das Ziel."

Und diesen Weg hat der EHC so fest im Blick wie in der Vorsaison - auch wenn damals ein Team mit der Aura von Türstehern die Titel-Mission begann: An uns kommt ihr nicht vorbei! Und diesmal?

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