EHC ist Mannschaft des Jahres! "Besser als Fußball“
Vizemeister und Pokalsieger EHC München hat mit seinem Spitzeneishockey den Thron erobert. Manager Winkler und Kapitän Raubal erläutern das Erfolgsgeheimnis – und die Zukunftspläne.
AZ: Herr Winkler, Herr Raubal, wir gratulieren schon mal zum Titelgewinn.
CHRISTIAN WINKLER: Danke, sehr nett, aber muss ich das jetzt verstehen?
Nun, die Leser der Abendzeitung haben sensationell den EHC zu Münchens Mannschaft des Jahres gewählt. Das sollte Grund genug zum gratulieren sein, oder?
WINKLER: Wow! Das gibt es ja gar nicht! Das macht mich brutal stolz. Wirklich!
ANDREAS RAUBAL: Eine Supersache! Aber ich muss auch sagen, ich denke, dass wir verdient gewonnen haben. 2009 waren wir sicherlich die beste Mannschaft in München. Die Leser haben richtig entschieden. Guade Leser habt’s!
WINKLER: Dieses Ergebnis zeigt, dass Eishockey aus dem Schatten des Fußballs heraustritt, dass Eishockey halt doch besser ist als Fußball. Bisher war es ja immer so: München war im Sportbereich eine einzige Fußball-Stadt, und wenn die Leser der Abendzeitung so entscheiden, steht das sicher für ein Umdenken, das hier eingesetzt hat.
Vor drei Jahren haben Sie, Herr Raubal, überlegt, Ihre Karriere zu beenden, weil sie mit der Philosophie von Cortina-Vorgänger Doug Bradley nicht einverstanden waren. Sie, Herr Winkler, überlegten hinzuschmeißen, nachdem sie nach einer Pleitenserie von einem Münchener Fan angespuckt wurden. Wie sich die Zeiten ändern...
WINKLER: Tiefs gibt es immer. Das war eine harte Zeit, wir haben uns damals beide dafür entschieden, dass wir nicht aufhören – und diesen Entschluss haben wir auch nicht einen Tag bereut. Die Flinte ins Korn zu schmeißen, das ist einfach, aber durchbeißen ist nicht so einfach, dafür aber am Ende immer lohnender.
RAUBAL: Wie nah war ich wirklich dran? Schwer zu sagen. Ich habe schon oft gesagt, dass ich aufhöre, weil es mich aufregt. Das ist normal, aber es macht auch Spaß, sich aus dem Dreck herauszuarbeiten. Im Moment ernten wir dafür die Lorbeeren. Das ist echt überragend. Wir sind im Moment die Gejagten, wir sind der Tabellenführer, gegen den jeder 120 Prozent gibt.
Das gute alte Problem, das der FC Bayern bestens kennt.
WINKLER: Damit können wir leben. Es ist ein gutes Gefühl, und es führt dazu, dass sich die Mannschaft nie auf dem Erreichten ausruhen kann.
Was definiert den EHC München?
RAUBAL: Durch mannschaftliche Geschlossenheit und Ausgeglichenheit. Wir sind die kompakteste Mannschaft der Liga. Auch andere Teams haben eine tolle erste oder zweite Reihe, aber die haben nicht unsere dritte oder vierte. Das ist der Unterschied. Wenn wir mit vier Reihen gut arbeiten und die anderen nur zwei oder drei haben, werden wir am Ende immer einen Vorteil haben. Das wird sich besonders in den Playoffs auszahlen. Die Musketier-Mentalität zeichnet uns aus.
WINKLER: Was mich besonders stolz macht, ist, dass diese Mannschaft wirklich eine Mannschaft ist. Wenn du da in die Kabine kommst, denkst du oft, das sind 22 Brüder. Die streiten zwar ab und zu miteinander...
RAUBAL: ...sonst wären es ja keine Brüder!
WINKLER: Aber am Ende ziehen alle an einem Strang und wenn es einem nicht gut geht, ziehen ihn die anderen 21 wieder raus. Das ist unser Erfolgsgeheimnis. Da läuft es dir oft kalt über den Buckel, wenn du siehst, wie die zusammenstehen. Die jammern nicht, weil alle an das große Ganze denken.
Vor eineinhalb Jahren haben Sie, Herr Winkler, einen Dreijahresplan aufgestellt, wo der EHC hin will. Demnach müsste man in dieser Saison nur ins Finale kommen. Damit wäre man wohl nicht mehr zufrieden, oder?
RAUBAL: Man spielt nicht so oft in einer Mannschaft, die Meister werden kann. Heuer haben wir die Chance, den Titel zu holen. Oft kann ich es mit meinen 35 nicht mehr werden. Es gibt nichts Schöneres – und ich will das noch mal erleben.
WINKLER: Wir haben uns letztes Jahr angeschaut, wie die Bietigheimer den Titel feiern. Ich denke, wir können das mindestens genauso gut.
RAUBAL: Anschauen mag ich mir das nicht noch mal!
Wo sehen Sie den EHC in ein paar Jahren?
WINKLER: Wenn man den Aufstieg in die DEL schaffen sollte, dann muss man auch dort erst reinwachsen und nicht den Titel erwarten. Aber über die nächsten fünf, sechs Jahre ist München definitiv ein realistischer DEL-Standort. Warum sollte München nicht schaffen, was in Augsburg oder Straubing geht? Aber ich möchte noch eines loswerden: Danke an die Abendzeitung, die Eishockey hier immer unterstützt hat, und danke an die AZ-Leser, dass ihr uns gewählt habt.
Interview: Matthias Kerber
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