EHC-Ass Maurer: "... und plötzlich war ich der Behinderte"

EHC-Profi Uli Maurer ist Botschafter der E-Rollstuhlhockey-WM, die in München startet. Im AZ-Interview spricht er über Erfahrungen im Rollstuhl.
AZ: Herr Maurer, am Mittwoch startet die E-Rollstuhlhockey- WM in München. Sie, der Eishockey-Nationalstürmer in Diensten des EHC Red Bull München, sind einer der Botschafter dieser Veranstaltung in der Olympiaeishalle.
ULI MAURER: Ja, ich bin voller Bewunderung für diese Athleten und als man mich gefragt hat, ob ich die Botschafterrolle übernehmen will, habe ich nicht gezögert. Jetzt wird auch ein Trikot von mir übergeben.
Sie haben sich ja dann auch gleich in einem Match mal im Rollstuhl versucht. Es war kein E-Stuhl, sondern ein klassischer Rollstuhl, aber da hat man schon gesehen, was das für Athleten sind. Die Koordination muss man erstmal
hinkriegen, den Schläger zu führen, den Ball anzunehmen und den Rollstuhl in die richtige Richtung zu bugsieren. Sie können sicher sein, dass ich da plötzlich der Behinderte war. Ich habe die allergrößte Hochachtung vor diesen Sportlern. Auf vielen Ebenen. Sie mussten nicht nur mit ihrem Schicksal fertig werden, psychisch und physisch, sondern sich dann eben auch noch zu Leistungssportlern entwickeln. Ich sehe das so: Das sind genauso Leistungssportler wie wir – nur auf einem anderen Terrain.
Ihre eigene Krankenakte ist ja von legendärem Umfang.
Aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was die Sportler bei der E-Hockey- WM erleben, was sie meistern mussten. Ich habe zwar Rückenoperationen hinter mir, aber im Rollstuhl musste ich zum Glück nie sitzen. Bei mir daheim in Garmisch, da hat nur ein paar Straßen weiter ein Behindertenheim aufgemacht, da arbeitet auch die Cousine meiner Freundin. Da kriege ich einiges mit. Vor allem bekommt man mit, wie unglaublich diese Menschen mit ihrem Leben zurechtkommen. Wenn ich mir die Sportler hier so ansehe, denke ich oft, dass die mehr Spaß am Sport, vielleicht sogar am Leben haben als wir. Wir regen uns manchmal so künstlich über Nichtigkeiten auf. Deren Wertesysteme sind oft gesünder. Was bedeutet es denn eigentlich schon, wenn mal ein Puck verspringt – oder der Pass nicht ankommt? Ich habe oft das Gefühl, dass die behinderten Athleten bei allem Ehrgeiz das Wesentliche nicht so leicht aus den Augen verlieren. Das ist in vieler Hinsicht gesünder.
Wie geht es denn Ihrer Gesundheit? Sie erlitten kurz vor Saisonende eine schwere Gehirnerschütterung.
Ich hatte mit den Symptomen, schlechte Konzentration, Müdigkeit noch sechs Wochen zu kämpfen. Das hat mich die WM gekostet, das war bitter, aber in der Verfassung, in der ich war, hätte es auch keinen Sinn gemacht. Da hätte ich weder mir noch Bundestrainer Pat Cortina einen Gefallen getan.
Seit Samstag ist der EHC jetzt im Trainingslager, Ihr erster Eindruck?
Ich denke, dass wir ein gutes Team haben. Vergangene Saison ist abgehakt, da reden wir auch gar nicht mehr groß drüber. Aber was richtig auffällt, ist, dass alle mit einem großen Lachen auf dem Eis stehen.
Das hatten nicht wenige vergangene Saison unter Trainer Pierre Pagé verloren.
Das will ich so nicht sagen, wir haben uns das selber zuzuschreiben. Aber noch so eine Saison will keiner erleben.
Wie ist Neu-Trainer Jackson?
Ein sehr ruhiger Mann, der dabei aber eine unglaubliche Autorität ausstrahlt. Er hat auch ein sehr gutes System, das extrem erfolgreich ist und das er ja auch nicht groß ändert.
Vergangen Saison waren Sie der Eishockeyspieler für alles. Sie der gelernte Außenstürmer mussten als Verteidiger ran, als Mittelstürmer. Droht Ihnen das wieder?
Ich denke nicht. Wir haben in der Defensive so aufgerüstet, dass ich da hinten eigentlich nichts mehr zu suchen habe. Es war interessant, aber ich denke, dass ich wieder Stürmer sein werde. Das liegt mir mehr.