EHC: Angst um Rautert
Der 28-jährige Stürmer erlitt bereits die vierte Gehirnerschütterung seiner Karriere. Nun muss er auf unbestimmte Zeit pausieren, womöglich sogar aufhören – damit keine Lebensgefahr droht
MÜNCHEN Sie haben gehofft, dass es nicht so schlimm ist. Dass EHC-Stürmer Neville Rautert, der das Spiel bei den Grizzly Adams Wolfsburg (0:3) nach einem üblen Check von hinten durch Blake Sloan mit Kopfschmerzen verlassen musste, im Wortsinn mit einem blauen Auge davon kommen könnte.
Doch gestern gab es die niederschmetternde Diagnose: Der Deutsch-Kanadier, der gegen Wolfsburg erst sein drittes Spiel nach einer schweren Gehirnerschütterung bestritt, hat erneut eine Gehirnerschütterung erlitten. Es ist nuin schon die vierte in der Karriere des 28-Jährigen. „Es handelt sich um das so genannte Second-Impact-Syndrom (SIS, d. Red.)“, erklärt EHC-Teamarzt Dr. Robert Kilger von der Atos-Klinik München der AZ, „dabei wird schon durch eine relativ geringe Einwirkung eine Gehirnerschütterung ausgelöst. Wenn in so schneller, kurzer Folge Gehirnerschütterungen auftreten, ist das sehr ernst zu nehmen.“ Für Rautert ist aller Voraussicht nach die Saison damit bereits beendet, auch ein Ende der Karriere kann nicht ausgeschlossen werden.
„Es gibt definitiv Fälle, in denen das Second-Impact-Syndrom zum Karriereende eines Sportlers geführt hat“, sagt Kilger, „wir werden mit Rautert sehr vorsichtig agieren. Er wird alle Zeit der Welt kriegen. Diese Verletzung ist sehr ernst. Bei einer weiteren Gehirnerschütterung in kurzer Zeit kann wirklich Lebensgefahr bestehen. Es sind schon Personen, die dieses Second-Impact-Syndrom hatten, an einer weiteren Gehirnerschütterung gestorben.“
Beim EHC ist man über die Diagnose erschüttert. „Das trifft uns sowohl sportlich als auch menschlich. Wir wünschen ihm natürlich das Beste“, sagt Manager Christian Winkler vor dem Spiel des EHC gegen Krefeld (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht begonnen). „Ich finde es auch sehr schade, dass Wolfsburgs-Coach Pavel Gross die Szene in der Pressekonferenz nach dem Spiel als Weckruf für sein Team bezeichnete. Das war krass!“
Trainer Pat Cortina meinte schon bei der vorherigen Gehirnerschütterung: „Eishockey ist nur ein kurzer Abschnitt im Leben eines Spielers. Wichtig ist, dass er das Leben danach ohne Schäden weiterleben kann.“ Deswegen wird Rautert ganz langsam aufgebaut werden; er soll psychologische Unterstützung erhalten soll, damit er nicht „in ein Loch fällt“ (Kilger). „Es gibt keinen Zeitplan für ein Comeback“, sagt der Teamarzt.
Doch wie konnte es zu der neuen Verletzung kommen? War Rautert zu schnell wieder auf dem Eis? Kilger: „Nein, wir haben die Vorgaben, die auch für die Footballer der NFL und die Eishockeyspieler in der NHL gelten, minutiös angewandt. Rautert hat den Sechs-Punkte-Plan durchlaufen, der dort vorgeschrieben ist. Es wurden alle Vorsichtsmaßnahmen eingehalten. Die Gründe, warum ein Second-Impact-Syndrom auftritt, sind nicht klar.“ Matthias Kerber
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