Dylan trifft Kid Rock

Die Rüpeljahre bei Musik-Fan Gyori, der vor einem Jahr noch vor dem Rauswurf beim EHC stand, sind vorbei. Er hat sich zum „Führungsindianer“ entwickelt: „Ich bin reifer und vielleicht klüger geworden.“
MÜNCHEN Kid Rock, der „American Bad Ass“ wie einer seiner Songtitel lautet, war jahrelang das Enfant terrible der Rockszene. Der EHC München, er hatte im vergangenen Jahr seinen „Canadian Bad Ass“: Kid-Rock-Fan Dylan Gyori. Es ist genau ein Jahr her, dass der Kanadier beim EHC vor dem Rauswurf stand. Er kassierte dumme Strafe um dumme Strafe, schwächte so das Team. „So ging es nicht weiter, das war klar“, erinnert sich Coach Pat Cortina. Und Manager Christian Winkler meinte: „Ich will es mal so sagen: Er hat es uns nicht leicht gemacht, ihn zu behalten.“
Doch dann klopfte es eines Tages nach dem Training an der Trainertür. Gyori suchte das Gespräch mit den EHC-Bossen. „Ich habe ja selber gemerkt, dass etwas nicht richtig läuft. Ich kann zwar nicht genau sagen, was mit mir los war, aber im Rückblick denke ich, dass es einfach Frust war, der mich trieb. Ich spielte sechs Jahre in der Zweiten Liga, mir fehlte irgendwie die Herausforderung, die Perspektive, da hatte sich doch einiges aufgestaut“, sagt Gyori rückblickend.
„Dylan kam zu uns und hat uns versprochen, dass er sich ändern würde. Und er hat Wort gehalten. Dass er von sich aus zu uns kam, zeigt wie gut sein Charakter ist“, sagt Winkler. Genau wie Kid Rock, der Ex-Ehemann von Silikon-Blondine Pamela Anderson, der vom Störenfried über die Jahre zu einem großartigen Musiker avancierte, änderte sich Gyori. Keine dummen Strafen mehr. Das Feuer, das in ihm brennt, nutzt er nun zugunsten des Vereins. „Ich arbeite nicht mehr so aggressiv mit dem Stock. Wenn ich eine Strafe erhalte, maule ich jetzt auch nicht mehr den Referee an. Das ist nur absolut verschwendete Energie, er wird die Entscheidung eh nicht zurücknehmen“, sagt Gyori.
Vor dieser Saison gab es dann das nächste Gespräch. Die Bosse waren sich nicht zu hundert Prozent sicher, ob Gyori dem EHC nach dem Aufstieg in der DEL weiterhelfen würde. „Wir haben ihm gesagt, dass wir ihn nicht mehr als Häuptling, sondern jetzt als Indianer sehen“, sagt Winkler. Und Gyori meint: „Sie waren nicht überzeugt, also haben sie sich gesagt: Wir warten mal ab und schauen, was er uns noch bieten kann. Ich habe ihnen gesagt: Vertraut mir, ich werde jede Rolle übernehmen, die ihr einplant. Ich kann diesem Team weiterhelfen.“
Nach 37 Spielen offenbart sich das sehr deutlich, Gyori ist nicht nur einer der defensivstärksten Stürmer, er ist mit bisher 11 Saisontreffern auch viertbester Torschütze. „Er ist unser bester Neuzugang“, amüsiert sich Winkler über Gyori, „er ist unser konstantester Spieler. Er ist vielleicht noch nicht wieder in der Häuptlingsrolle, aber er ist wieder ein Führungsindianer.“
„Ich bin reifer, vielleicht klüger geworden“, sagt Gyori, der seit Jahren ein großer Fan von Kid Rock ist und den Superstar bei der Aftershow-Party im P1 nach dessen Auftritt in München im Jahre 2008 getroffen hat. „Er war echt cool, total bodenständig. Wir haben uns viel über Eishockey unterhalten, er ist ein glühender Fan der Detroit Red Wings“, sagt Edmonton-Oilers-Anhänger Gyori, der seine eigene Gitarristen-Karriere – er spielte früher wöchentlich mit Dave Reid und David Wrigley – vernachlässigt. „Die Gitarre steht hier in der Ecke und sammelt Staub an. Ich fürchte, wenn ich sie noch länger nicht benutze, wird sie mein Hund als Feuerhydrant missbrauchen. Aber vielleicht fange ich wieder an. Die neue Kid Rock- Scheibe ,Born Free’ ist sehr gut. Anders, ruhiger, aber sehr gut.“ Genau wie der neue Dylan Gyori, der Kid Rock des EHC.
Matthias Kerber