"Der Pokal kann hier gern Wohnrecht bekommen"

AZ: Herr Wolf, wie war denn die Vorbereitung des Kapitäns des EHC Red Bull München auf die neue Saison jetzt nach der Triple-Meisterschaft?
MICHAEL WOLF: Eigentlich genauso wie nach dem ersten und dem zweiten Titel. (lacht)
Also haben Sie wieder die Berge um Füssen mit der Eishackler-Trainingsgruppe unsicher gemacht.
So schaut’s aus! Da ist alles dabei. Von einstündigen Fahrten bis zu Touren, die vier Stunden gehen. Man ist in der Natur, genießt den Ausblick und wird fit. Aber ich bin schon froh, dass nach der langen individuellen Vorbereitung am Freitag das Eistraining in der Olympiaeishalle losgeht. Außer uns denkt zwar bei den Temperaturen wahrscheinlich kein Mensch an Eishockey, aber ich bin einfach nur glücklich, dass ich mit meinen 37 Jahren meinen Traum immer noch leben darf. Ich kann nur sagen: Ich bin jedem dankbar, der dazu einen Beitrag leistet. Denn als ich angefangen habe, hätte mir nie vorstellen können, dass ich eine so lange Karriere haben würde.
Lang und sehr erfolgreich.
Es ist der Wahnsinn, dass ich all diese Erfolge als Spieler, aber eben in den letzten Jahren auch mit der Mannschaft feiern konnte. Von Erfolgen bekommt man nie genug. Wir haben jetzt drei Mal in Serie die Meisterschaft geholt. Der Pokal kann hier bei uns sozusagen gern ein Wohnrecht bekommen.
Anders als in der Vorsaison gab es diesmal aber einen großen Umbruch beim EHC.
Stimmt. Auf dem Papier haben wir wieder eine sehr, sehr gute Mannschaft, aber wir müssen uns natürlich erst finden. Wir spielen nun mal ein anderes System als die anderen Klubs. Es dauert ein bisschen, bis man das lernt und verinnerlicht. Daher kann es sein, dass es dieses Mal etwas mehr Zeit braucht, bis alles klickt. Aber die Neuen kenne ich – bis auf einen – alle aus der Liga. Es sind alles Spieler, die den Unterschied machen können.
War das Finale gegen Berlin, das der EHC erst im entscheidenden Spiel sieben gewinnen konnte, die schwerste der drei Meister-Serien?
Es war sehr hart. Berlin hat eine sehr gute Mannschaft. Natürlich geht einem viel durch den Kopf, wenn man mit 3:1 in der Serie führt, dann zwei Partien verliert und plötzlich kommt es zum Showdown in Spiel sieben. So etwas erlebt man nicht oft in seiner Karriere. Emotional war das ganz speziell.
Trainer Don Jackson hat vor dem entscheidenden Spiel eine emotionale Rede gehalten.
Ja. Wir haben nicht nur eine Super-Mannschaft, sondern auch ein unglaubliches Trainer-Team. Sowohl Jackson als auch Co-Trainer Matt McIlvane haben Ansprachen gehalten, sie wollten uns wachrütteln, weil sie das Gefühl hatten, dass wir ein bisschen verunsichert sind. Jackson hat aus seiner Karriere erzählt, wie es ist, so ein Spiel zu bestreiten. Das war sehr mitreißend und hat uns sicher noch mal einen Ansporn gegeben.
Die ganzen Playoffs waren hart. Wie steckt ein Team die Unruhe um Steve Pinizzotto, der nach seinem Foul gegen Plachta in der Mannheim-Serie zur Hassfigur von Eishockey-Deutschland wurde, weg?
Wir sind noch enger zusammengerückt. Wir sind eine Mannschaft und lassen nicht zu, dass alle auf einen losgehen. Klar, es war ein Foul, aber wenn es nicht der Pinner gewesen wäre, wäre der Aufschrei nicht so enorm gewesen. Letztlich hat uns das noch mehr zusammengeschweißt.
Eigentlich hätten Sie als Kapitän den Pokal entgegennehmen sollen, doch Sie ließen Keith Aucoin den Vortritt.
Ich wusste, dass es nicht mein letztes Spiel war, Keith aber seine Karriere beendet. Daher habe ich gedacht, dass es eine nette Geste wäre, wenn er die Ehre bekommt, den Pokal als Erster zu erhalten.
Wenn Sie Ihn das nächste Mal selber als Erster hochstemmen, haben Sie also entschieden, die Karriere zu beenden?
(lacht) Das kann gut sein. Ich will auf jeden Fall verhindern, dass die Leute irgendwann sagen: „Hätte er doch vor zwei Jahren die Karriere beendet.“ Bei der Entscheidung spielen viele Faktoren eine Rolle. Wenn man Familienvater ist, kann man keine egoistischen Entscheidungen treffen, sondern nur solche, die für alle das Beste sind.
Letzte Frage: Haben Sie in der Off-Season im Schuhgeschäft Ihrer Eltern, das Sie nach der Karriere übernehmen werden, eigentlich Schuhe verkauft?
Wie immer: Wenn Not am Mann ist, springe ich ein. Ja, ich war als Schuhverkäufer tätig.