"Hätte nicht so enden müssen": Blutige Keilerei, ein Aussetzer und eine Sperre bei EHC-Sieg
Brady Ferguson schimpfte mit blutender Nase wie ein Rohrspatz, war kaum zu beruhigen, es waren sehr eindringliche "Liebesbekundungen", die der Stürmer des EHC Red Bull München seinen Schwenninger Kontrahenten Eric Martinsson und Thomas Larkin entgegenschleuderte. Ein bisschen weiter hatten sich Kapitän Patrick Hager und einer der beiden Spink-Brüder zum verbalen Stelldichein getroffen und auch ein paar andere kamen sich näher.
Dann redete Fabio Wagner vehement auf das Schiedsrichterteam ein – und bevor sich die adrenalingetränkte Lage noch weiter hätte hochschaukeln können, gingen beide Mannschaften besser ihrer Wege. Nach dem 5:4 des Eishockeyclubs gegen die Wild Wings kochten die Emotionen über und das sonst übliche Shakehands wurde gestrichen.
"Hätte nicht so enden müssen": EHC mit Schwung, aber auch Sorgen nach Wolfsburg
Die Münchner nahmen das recht gelassen hin nach dem dritten Sieg in Folge und dem sechsten Spiel nacheinander, in dem die Schützlinge von Trainer Oliver David mindestens einen Punkt holten. Gleichwohl blickten die Eishackler auch mit besorgter Miene auf das Gastspiel am Dienstag bei den Grizzlys Wolfsburg (19.30 Uhr), das zum raschen Wiedersehen mit Luis Schinko wird, der kürzlich nach beendetem München-Missverständnis zurück nach Niedersachsen gewechselt war.
Am Montag drohten Sperren durch den Disziplinarausschuss der DEL für Ferguson und auch für Chris DeSousa, der nach einem Check gegen den Kopf von Larkin (33.) vorzeitig zum Duschen geschickt wurde. Um kurz vor 18 Uhr war klar: DeSousa muss zwei Spiele aussetzen, verpasst somit die Partien in Wolfsburg und zu Hause gegen Mannheim.
Die Eskalation nach der Schluss-Sirene fand EHC-Coach David vollkommen unnötig. "Das Spiel hätte nicht so enden müssen mit fast allen Spielern auf dem Eis, das hätte vermieden werden können", sagte der 47-Jährige – und man kann sich denken, an welche Adresse diese Bemerkung gerichtet war. Der US-Amerikaner fügte an: "Hoffentlich fahren alle gesund nach Hause."

Zu DeSousas Aktion im zweiten Drittel enthielt er sich. "Ich habe es nur auf dem iPad kurz gesehen, ich habe da keine klare Antwort", merkte David an. Allerdings waren diese Szene und das anschließende fünfminütige Powerplay für Schwenningen "der Wendepunkt" nach seiner Auffassung. "Die Jungs haben das wirklich gut gemacht."
"Wir haben unser Glück erzwungen mit der richtigen Arbeitseinstellung"
Und eben den Schwung daraus mitgenommen. Nach der Führung von Ville Pokka (6.) war dem EHC zunächst das Spiel aus der Hand geglitten, aus dem 1:0 wurde ein 1:3. Doch die überstandene Strafe nach dem 2:3 von Tobias Rieder (30.) kurz zuvor setzte Kräfte frei. Ryan Murphy (42.) glückte mit seinem Premierentreffer für den EHC der Ausgleich, dann lenkten Adam Brooks (49.) und Tiro Hirose (53.) auf den Erfolgspfad.
"Wir haben unser Glück erzwungen mit der richtigen Arbeitseinstellung und haben dann den Druck hochgehalten", resümierte der Coach, der nach 14 Punkten aus eben jenen letzten sechs Spielen vorerst ohne Störgeräusche weiterarbeiten kann.

"Das fertige Produkt ist noch nicht da – aber wir sind auf dem richtigen Weg"
"Wir gewöhnen uns aneinander, wir lernen das System besser kennen", klärte Murphy auf, der unter David schon in Salzburg gespielt hatte, dort aber wie der Coach in ein bestehendes Konstrukt gekommen sei. Beim EHC müssen sich nach dem XXL-Umbruch die Dinge grundsätzlicher neu zusammenfinden, bis sie wie die Rädchen in einem Uhrwerk funktionieren. Verteidiger Murphy findet: "Das fertige Produkt ist aber noch nicht da. Wir lernen immer noch, wir trainieren immer noch, aber wir sind auf dem richtigen Weg."
Was sich in der Tabelle widerspiegelt. Der viermalige DEL-Champion ist derzeit achter und hat zwei Punkte Abstand auf Rang vier (Augsburg) und vier Punkte auf Rang drei (Köln). Das sah nach dem Auswärtsspiel in Schwenningen (2:4) vor gut drei Wochen noch wesentlich schlechter aus. "Am Anfang der Saison", bekannte Murphy, "hatten wir keine lustige Zeit – und wir wollten da raus." Es scheint, als sei ihnen das inzwischen gelungen. Ein Erfolg nach einem Rückstand ist dafür in der Regel ein gutes Indiz.
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