Daryl & Derek Boyle: Die Brüder Kampf
München - Er ist einer der stillen Helden des EHC Red Bull München. Keiner, der wie Jason Jaffray durch acht Tore in den ersten acht Spielen mal schnell den DEL-Rekord bricht, oder wie Raubein Steven Pinizzotto, der mit der Kraft seiner Fäuste andere Dinge bricht – etwa den Kiefer von Mannheims hartem Hund Denis Reul.
Aber Verteidiger Daryl Boyle ist ein Ausbund an Konstanz und Zuverlässigkeit. Der Deutsch-Kanadier macht die Arbeit, die kaum einer sieht. Er – immerhin Nationalverteidiger – ist sich für keinen Job auf dem Eis zu schade. Am Freitag (19.30 Uhr, Olympiaeishalle) steht für den EHC eines der Spiele an, bei dem es um mehr geht als nur Punkte. Im bayerischen Derby gegen den Erzrivalen Augsburger Panther geht es ums Prestige, um die Ehre. Für Boyle ist die eiskalte Auseinandersetzung nochmals eine spezielle: 2014 war er als Kapitän von den Schwaben nach München gewechselt. Sympathiepunkte hat er dadurch natürlich an der alten Wirkungsstätte nicht gerade gesammelt. „Die Augsburger haben zwar jetzt einen neuen Trainer, viele neue Spieler, aber wenn ich behaupten würde, dass es ein Spiel wie jedes andere ist, würde ich auf jeden Fall lügen“, sagt der 28-Jährige.
Ein besonderes Spiel, mit einem vertrauten Ritual. Boyle schreibt auf jeden Schläger, mit dem er das Eis betritt, die Initialen seiner Oma und der Frau, bei der er als Jugendlicher in einer Gastfamilie lebte, als er in den Anfängen seiner Eishackler-Karriere steckte. „Beide sind verstorben, ich will sie ehren. Meine Oma war ein sehr wichtiger Mensch. Und die Familie, bei der ich damals lebte, waren wunderbare Menschen“, sagt Boyle, „ich will zeigen, dass sie bei mir sind, dass sie einen Anteil an der Karriere hat, die ich gemacht habe.“
Boyle stammt aus einer Eishockeyfamilie. Sein älterer Bruder Derek spielte selbst, der Vater trainierte die Boyle-Brüder selber. Das Hauptgesprächsthema war am Küchentisch immer eindeutig: Eishockey! „Zumindest beginnen die Gespräche fast immer damit, bis wir irgendwann feststellen, dass es noch andere Themen gibt“, sagt Boyle schmunzelnd.
Sein Bruder Derek beendete die Karriere, als er 22 war. „Er hätte es weit bringen können“, sagt Daryl, „er ist ein harter Hund. Genauso hat er auch gespielt: hart, härter, am härtesten. Einer der Kerle, von dem du hoffst, dass er immer nur deine Teamfarben tragen wird.“
Dem harten Hund war die Härte im Eishockey aber nicht genug. Er wurde Kampfsportler: ein Käfigkämpfer. Sein Kampfname ist Derek „The Gargoyle“ Boyle. Derek und Daryl – die Brüder Kampf. „Derek hat eine unglaubliche Ahnung von allen Dinge, die mit Fitness zu tun haben, da berät er mich. Manchmal trainieren wir Kampfsport. Aber ich bin für ihn kein Herausforderer.“
Da ist es dann besser, wenn man sich auf die Seite dessen schlägt, den man eh nicht besiegen kann. Bei einem MMA-Fight stand Daryl als Trainer in Dereks Ecke. „Bei einem seiner Kämpfe hat sich sein Coach verspätet, da aber einer in der Ecke dabei sein muss, bin ich eingesprungen und habe den Trainer gegeben“, sagt Daryl: „Und er hat gewonnen! Gleich danach habe ich meinen Rücktritt als Trainer erklärt und bin sozusagen als ungeschlagener Kampfsport-Trainer in Ruhestand gegangen. Das kann nicht jeder von sich behaupten.“
Was sagt die Mama der Kampfesbrüder zu den Aktivitäten ihrer Buam? „Eishockey gehört zu unserer Familie, aber Dereks Sport ist für sie nicht leicht. Es fällt ja mir schon schwer, zuzuschauen. Dabei hat er stets gewonnen, wenn ich in der Arena war. Aber die Mama hat nie bei ihm zugesehen. Das ist zu viel für das Herz einer Mutter“, sagt Derek, „da schaut sie lieber Eishockey, das ist entspannter für sie.“
Entspannung beim Eishockey: auch mal was.
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