Corona-Karriereende: Martin Buchwieser "muss ja nicht auf dem Eis tot umfallen"

AZ-Interview mit Martin Buchwieser: Der 32-jährige Ex-Nationalspieler zog sich durch "Long Covid" eine Herzmuskelentzündung zu und beendete die Karriere.
AZ: Herr Buchwieser, die Eishockeysaison läuft und Sie, der frühere Nationalspieler, der einstige Star des EHC München, sind nicht mehr dabei. Was sind die Gründe?
MARTIN BUCHWIESER: Ganz einfach: Ich habe aufgehört (lacht). A aus gesundheitlichen Gründen und B, weil es familiär nicht mehr hereingepasst hat. Mein Kind kommt in die Schule, wir wollten es nicht noch mal herausreißen. Das war der Hauptgrund - und die Corona-Infektion, die eine Herzmuskelentzündung ausgelöst hat.
Sie leiden praktisch an "Long Covid". Wie haben Sie festgestellt, dass am Herz was fehlt?
Ich habe unter dem Spiel einen Stich im Herzen gefühlt. Nach dem Spiel ist es mir nicht gut gegangen. Ärzte haben mich angeschaut, und ich war auch in einer Herz-MRT-Untersuchung, da hat man dann die Herzmuskelentzündung festgestellt. Die Ärzte haben mir gesagt, dass sie in hoher Wahrscheinlichkeit eine Folge der Corona-Infektion gewesen ist.
"Ich merke, dass es nicht wie früher ist"
Wie geht es Ihnen heute?
Alles gut, ich kann alles machen. Wenn ich Sport mache, spüre ich noch Druck auf dem Brustkorb und ein Ziehen im Arm. Es heißt, dass es irgendwann wieder weggeht. Die Ärzte haben mich nochmal angeschaut, finden aber nichts. Ich merke aber, dass es nicht wie früher ist.
Dann war es wohl der klügere Schritt aufzuhören.
Ja, ich muss ja nicht mit 32 Jahren auf dem Eis tot umfallen, nur, um das Karriereende hinaus gezögert zu haben.

Was machen Sie jetzt?
Im Moment bin ich Hausmann. (lacht)
Dann dürften Sie von der WG-Erfahrung profitieren, die Sie zum Start Ihrer Karriere in München machten. Da wohnten Sie mit Mitspieler und Garmisch-Partenkirchen-Landsmann Uli Maurer zusammen.
Ja, wobei ich schon mit 17 Jahren von daheim ausgezogen bin. Ich bin die ganze Zeit zurechtgekommen, irgendeinen Überlebenstrick muss ich ja raus haben. (lacht)
Was kochen Sie gut?
Suppen. Suppen kann ich gut. Die koche ich oft, und die essen die Kinder auch gern. Und man braucht nur 30 Minuten für die Vorbereitung, alles aufzuschneiden. Man braucht frische Zutaten, das ist das Wichtigste und lässt alles dann ganz lang kochen. Derweil kann ich was anderes machen.
Sie wohnen jetzt wieder dahoam am Rießerbauer.
Wir sind Anfang, Mitte August nach Garmisch zurückgezogen. Wir haben auch besprochen, ob wir nicht in eine Großstadt gehen, aber im Allgemeinen ist man in Garmisch besser dran als in einer Großstadt. Das hat man während Corona gesehen, wie einschneidend das in München und so weiter ist. Da war ganz München bei uns in Garmisch, am Schliersee und am Tegernsee. Für mich gibt es nichts Schöneres als daheim. Meine ganzen Spezln sind da. Und es ist ein Glück, dass die Kleinen jetzt da aufwachsen können. Für meine Eltern ist es schön, dass sie ihre Enkel bei sich haben.
Was werden Sie beruflich mal machen? Sie haben eine kaufmännische Lehre.
Ja, und nebenher mache ich gerade eine Weiterbildung, in Richtung Projektmanagement. Ich bin noch jung und kann mir eine zweite Karriere aufbauen.
"Ich habe hinten keine Bandscheiben mehr drin"
Ihr Vater hat ein Bauunternehmen. Werden Sie da einsteigen?
Mein Vater ist schon in Rente, und körperlich will ich mir das nicht antun.
Sie haben sehr physisch gespielt. Lässt Sie Ihr Körper das nun spüren?
Ich habe hinten keine Bandscheiben mehr drin. Meine Schulter ist kaputt, und mit dem Sprunggelenk ist es auch nicht das Wahre.
Auch deswegen spielen Sie nicht mehr. Sie hätten ja zum Beispiel beim Heimatklub SC Riessersee in der Dritten Liga noch stürmen können.
Ja, aber das wollte ich nicht mehr. Ich wollte davor in der Zweiten Liga schon nicht spielen, habe mich aber überreden lassen. Das wollte ich nicht noch mal. Ich bin zufrieden mit der Karriere und werfe kein trauriges Auge drauf.
Sie wurden in München zum Star und Nationalspieler. Später gewannen Sie mit den Adler Mannheim den Titel. Waren Paul Stastny und Blake Wheeler, die während des NHL-Lockouts in München waren, Ihre besten Mitspieler?
Das waren Sonderfälle. Das waren vermutlich mit die Besten, die jemals in der Liga gespielt haben. Den besten Eishockeyspieler fand ich aber Jochen Hecht. Nicht unbedingt, was die Punkte angeht, aber er hatte ein unglaubliches Spielverständnis und hat kaum Fehler gemacht. Ähnlich auch Marcel Goc.
Wer waren die wichtigsten Karrierebegleiter?
Am Anfang war es Andi Raubal.
"Ich habe wenig Symptome gehabt, und mir ist es ganz gut gegangen. Und dann kam die Herzmuskelentzündung"
Der auch aus Garmisch kommt und der Leitwolf beim EHC war, als Sie Ihre Karriere begannen und mit dem EHC in die DEL aufstiegen.
Später ist es Sebastian Elwing geworden. Der war Torwart, aber er hat sich immer Zeit für mich genommen. Nach dem regulären Training haben wir mit Maurizio Mansi (damaliger Co-Trainer in München; d. Red.) extrem viel trainiert. Ich bin sehr dankbar, dass Elle mir mit seiner Erfahrung Tipps gegeben hat. Das waren die Prägendsten - und natürlich meine Trainingsgruppe in Garmisch, die haben mich extrem mitgezogen. Jeder von uns hat eine schöne Karriere gehabt.
Zur Trainingsgruppe gehörten ja unter anderen Maurer, Markus Kink, zum Freundeskreis auch Felix Neureuther. Treffen Sie sich nun oft?
Wir fahren einmal im Jahr zusammen in den Urlaub, aber wegen Corona ist das schon zwei Jahre nicht gegangen. Mit dem Treffen ist es schwierig, weil jeder seine eigenen Verpflichtungen hat. Wir sehen uns aber zum Fußballschauen oder einer Bergtour.
Zum Schluss noch mal zu Corona: In der DEL gibt es viele Fälle. Was ist Ihr Rat zu Corona?
Ich habe wenig Symptome gehabt, und mir ist es ganz gut gegangen. Und dann kam die Herzmuskelentzündung. . . Einem anderen im Team ist es schlecht gegangen, der hat aber keine Langzeitfolgen. Und wieder einem anderen ist es schlecht gegangen, und der hatte auch eine Herzmuskelentzündung.
Klingt nach: unberechenbar.
Ja. Was ist also der Ratschlag? Nix machen, zehn Tage nur aussitzen und dann überprüfen lassen, wie viel Corona-Antikörper sich im Körper gebildet haben. Die Jungs sind sehr gut beraten von ihren Teamärzten, ob nun in München, Düsseldorf oder Iserlohn. So wie ich es mitbekommen habe, testen sie in München mehrmals pro Woche, und trotzdem hat es welche erwischt.