Interview

Christian Winkler im Interview: "McIlvane wird nicht der nächste Bundestrainer"

Christian Winkler, Chef des Red-Bull-Eishockeys, spricht in der AZ über den Söderholm-Abgang und dementiert das McIlvane-Gerücht klar.
von  Martin Wimösterer
Managing Direktor Sport Red Bull Hockey: Christian Winkler
Managing Direktor Sport Red Bull Hockey: Christian Winkler © IMAGO / kolbert-press

München - AZ-Interview mit Christian Winkler: Der 51-Jährige ist der Managing Direktor Sport Red Bull Hockey.

AZ: Herr Winkler, der Paukenschlag ist nun eine Woche alt und hallt immer noch nach: Toni Söderholm hat sein Amt als Bundestrainer niedergelegt. Hat Sie das überrascht?
CHRISTIAN WINKLER: Beim Deutschland-Cup hatten wir noch ein gutes Gespräch und er hat sich total begeistert von der Mannschaft gezeigt. Am Montagabend hat er mich dann informiert, dass da was im Busch ist. Welche Dynamik das dann aufgenommen hat, das hat mich aber schon überrascht.

Mussten Sie den Vertrag, den Söderholm bei Red Bull noch hatte, auflösen?
Wir haben keinen Vertrag mehr mit ihm gehabt, der lief vor einem Jahr aus. Ich würde aber lügen, wenn ich sagen würde, dass wir nicht im Kopf gehabt hätten, Toni eines Tages wieder als Trainer in unserer Red-Bull-Organisation zu etablieren.

Warum hat er sich trotz dieser Perspektive entschieden, einen anderen Weg einzuschlagen?
Es hat wohl Gründe gegeben, über die ich nichts sagen kann, weil ich nicht im Tagesgeschäft des Deutschen Eishockey-Bundes involviert bin. Dazu hatte er ein Angebot des SC Bern, einem der größten Klubs Europas, für den er früher mal gespielt hat – ein starker Grund. Und ich glaube, dass ihn die tägliche Arbeit gereizt hat.

Winkler: EHC-Coach Jackson wird wie ein junges Reh

Ist das Tischtuch zerschnitten?
Überhaupt nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass er vielleicht eines Tages wieder für uns arbeiten wird.

Ansatz von Red Bull war es, mit Matt McIlvane und Toni Söderholm mögliche Nachfolger für EHC-Cheftrainer Don Jackson parat zu haben, wenn er mittel- bis langfristig mal die Taktiktafel zur Seite legt. Richtig oder falsch?
Vorne weg: Don steht stark auf der Kommandobrücke. Im Moment habe ich bei ihm sogar wieder das Gefühl, er ist ein junges Reh. Was später mal sein wird, das steht mir nicht zu, darüber zu spekulieren. Aber dass wir uns Gedanken machen, wer eines Tages ein geeigneter Kandidat sein könnte, das gehört zur Arbeit dazu und ist Teil der Klubentwicklung. Die Trainer in unserer Organisation sind sehr gut ausgebildet. Es fängt bei unserem Spielsystem an – wir spielen ein sehr eigenes System. Das gibt Don vor, und Matt führt es in Salzburg weiter, er hatte ja auch das Glück, lange direkt an der Seite Don Jacksons zu arbeiten. Und auch die Red Bull Juniors in der Alps Hockey League spielen nach unserem System. Ein größeres Glück, als Don Jackson in der Organisation zu haben konnten wir nicht haben.

Er war auch Toni Söderholms Mentor, wie sich Söderholm auch von Kari Jalonen etwas abgeschaut hat.
Toni hat in aller Herren Länder gespielt und das Positive mitgenommen. Wahrscheinlich war Don der Mentor überhaupt. Die ganze Crew mit Don, Toni und Matt hat einfach sehr gut gepasst.

Matt McIlvane als Söderholm-Nachfolger? Christian Winkler dementiert

Sie haben Söderholm den Einstieg ins Trainergeschäft ermöglicht.
Ich werde es nie vergessen, wie das Gespräch war, in dem ich ihn mitteilte, dass wir seinen Vertrag als Spieler nicht verlängern. Da dachte ich im ersten Moment, er frisst mich auf. Das war verständlich, Toni war mit Haut und Haaren Verteidiger. Im Laufe des Gesprächs habe ich ihm signalisiert, dass wir uns es sehr gut vorstellen könnten, ihn als Trainer bei uns aufzubauen. Über die Idee war er erst gar nicht erfreut. Nach ein paar Tagen kam er dann aber und sagte, dass er Gefallen an ihr gefunden habe – und hat mir gleich eine Präsentation gezeigt, die ihres Gleichen sucht. Da ist der Puck ins Rutschen gekommen. Dass sich zwei Jahre später der DEB in Person von Stefan Schaidnagel und Franz Reindl für ihn als Bundestrainer entschieden haben, war mutig. Mutig, aber richtig. Was mir an Toni auf Anhieb gefallen hat: Wenn du mit ihm redest, spürst du, wie charismatisch er ist. Die Leute mögen ihn, so war das auch in der Nationalmannschaft. Du wirst keine zwei Spieler finden, die was Schlechtes über ihn sagen.

Jetzt behauptet die Bild-Zeitung, dass sich der DEB für den Söderholm-Nachfolger ausgerechnet in Matt McIlvane verguckt haben soll. Er steht beim EC Red Bull Salzburg unter Vertrag, dessen Geschicke Sie ebenfalls leiten. Steht McIlvane überhaupt zur Verfügung?
Ich habe das auch gelesen. Ich kann das ganz klar verneinen. Matt McIlvane wird sicher nicht nächster Full-Time-Trainer der deutschen Nationalmannschaft. Die Nationalmannschaft ist die wichtigste Mannschaft Deutschlands. Und dieses Amt muss ein Trainer in Vollzeit ausführen. Ich habe das bei Pat Cortina miterlebt, der ebenfalls von uns ins Bundestraineramt gewechselt ist. Im ersten Jahr war er in einer Doppelfunktion tätig. Das war überhaupt nicht gut, das hat den Menschen voll ausgebrannt. Du kannst nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Der Ligabetrieb ist sehr beanspruchend und als Bundestrainer hast du ebenfalls viel Arbeit: Du musst dir viele Spiele ansehen, mit Spieler und Trainern in Kontakt bleiben. Das ist fordernd, das ist definitiv ein Fulltime-Job.

"Das deutsche Eishockey braucht eine Lösung mit Hand und Fuß"

Aber als Übergangslösung vielleicht?
Dann hast du erst eine Übergangslösung und dann musst du noch eine Lösung finden... Ich halte nichts vom Stühle-Rücken. Das hat sich die Mannschaft auch nicht verdient. Das deutsche Eishockey braucht eine Lösung mit Hand und Fuß. Angefangen bei Marco Sturm hat die Nationalmannschaft einen Aufschwung genommen, Toni hat den Weg fortgeführt und weiterentwickelt. Er hat das Team auf ein höheres Niveau gehoben. Das muss man jetzt versuchen, hochzuhalten. Ich glaube, es gibt genug gute Trainer für das Bundestraineramt.

Aus DEL-Managersicht: Wie sollte das Profil für den Neuen aussehen?
Das ist nicht meine Aufgabe, das festzulegen. Wir täten aber gut daran, an die gute Arbeit anzuknüpfen. Toni ist ein charakterstarker, kommunikativer Trainer – das sind meiner Meinung nach auch Eigenschaften, die für einen guten Trainer sehr wichtig sind.

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