„Bereit für Neues“
Cortina und Winkler gehen voller Optimismus in die Endspiele gegen Schwenningen. Der Trainer überlegt, nächste Saison Frau und Töchter nach München zu holen. Der Manager plant für die DEL.
AZ: Herr Cortina, Herr Winkler, schön, dass Sie wieder mal zum Redaktionsbesuch bei uns in der Hopfenpost vorbeischauen – und das so kurz vor dem ersten Finale am Freitag in Schwenningen.
CHRISTIAN WINKLER (Manager des Eishockey-Zweitliga-Finalisten EHC München): Der Erste gegen den Zweiten, das ist ein Traumfinale!
PAT CORTINA (EHC-Trainer): Ich sage: Es ist ein Traum, im Finale zu stehen. Der Gegner ist mir nicht so wichtig. Aber ich habe Respekt vor Schwenningen. Sie haben geschafft, was uns nicht gelungen ist: die ganze Saison auf konstant hohem Level zu spielen.
Ist der EHC 2010 stärker als der EHC 2009, der im Finale an Bietigheim scheiterte?
WINKLER: Absolut! Die Tatsache, dass wir jetzt zwei Jahre als Mannschaft fast unverändert sind, dass wir die Finalsituation schon kennen, das macht uns sicher stärker.
CORTINA: Wir sind erfahrener und reifer. Anders als im Vorjahr herrscht auch derzeit nicht Euphorie, sondern volle Konzentration auf das Ziel.
Dieses Mal wird ja auch der Trainer die gesamte Finalserie dabei sein. Im Vorjahr fehlten Sie am Ende, weil Sie als Nationaltrainer Ungarns bei der WM an der Bande standen.
CORTINA: Das war nicht entscheidend. Der EHC hat auch mit mir Spiele verloren. Im Finale gibt es in meinen Augen nicht viel, was der Trainer tun kann. Wenn ein Spieler da für die Motivation den Trainer braucht, läuft etwas falsch. Da sollte der Wille ausschließlich aus einem selber kommen.
Sie meinen, wir könnten uns auch an die Bande stellen und das Ergebnis wäre dasselbe?
Video: Die EHC-Macher zu Gast in der Hopfenpost
CORTINA: Nein. Aber ich könnte auch Ihren Job nicht in ein paar Tagen erlernen. Aber Leute, die das ganze Jahr bei der Mannschaft waren, können in diesem Moment schon einspringen.
WINKLER: Ich sehe das völlig anders. Es gibt nichts Wichtigeres, als in solchen Spielen den Trainer dabei zu haben. Es gibt den Spielern Sicherheit. Wir haben ja einen Trainer mit wahnsinniger Erfahrung, den besten Trainer der Liga.
Wie sehr planen Sie bereits jetzt auch für die DEL?
CORTINA: Eine Frage, die ich an den Manager weiterleite.
WINKLER: Die Grundvoraussetzungen haben wir schon vor Monaten abgeklärt. Damit wir nicht im Fall der Fälle dastehen und nicht wissen, was wir tun müssen. Es wurde auch mit den Spielern, der Mannschaft geredet. Aber wir müssen den ersten Schritt vor dem zweiten machen. Sollten wir beide machen, bin ich mir sicher, dass wir dafür richtig aufgestellt sein werden.
Ist denn die aktuelle Mannschaft reif für die DEL?
WINKLER: Wenn die Jungs das wirklich schaffen, dann haben sie sich auch die Chance verdient, sich in einer höheren Liga zu beweisen. Wir würden auf keinen Fall hingehen und Tabula rasa machen. Diese Mannschaft, dieser EHC hätte es ja dann vollbracht. Sie hat in den letzten zwei Jahren eine Eishockey-Euphorie entfacht, die es hier seit 15 Jahren nicht gab. Ich als Manager würde mich dagegen verwehren, zu sagen, wir spielen jetzt in der DEL, wir brauchen einen Kahlschlag.
Und was sagt der Coach? Ist dieses Team DEL-tauglich?
CORTINA: Eine schwere Frage, wenn Sie eine ehrliche Antwort erwarten. Daher sage ich: Ich habe im Moment die 22 besten Spieler für dieses Team.
Träumen Sie schon von der ersten Liga? Von Spielen in Eishockey-Hochburgen wie Berlin oder Düsseldorf?
WINKLER: Gar nicht!
CORTINA: Das ist bei uns in der Kabine kein Thema, das Wort DEL ist nicht einmal gefallen. Wenn ich darüber nachdenken würde, würden es die Spieler auch tun, dann verlieren wir in drei Spielen. Um es klar zu sagen: Wir wollen nicht den Titel holen, weil wir in die DEL wollen. Wir wollen gewinnen, weil wir gewinnen wollen. So ist unser Naturell. Die DEL wird mein Leben nicht verändern, sie wird nicht darüber entscheiden, ob ich diese Saison als bemerkenswert für mein Leben ansehe.
Wie bitter wäre es denn, wenn der EHC sportlich den Aufstieg schafft, aber dann aus finanziellen Gründen doch darauf verzichten muss?
WINKLER: Das wäre sehr bitter. Letztes Jahr wäre das Abenteuer DEL wohl zu früh gekommen, aber jetzt sind wir bereit. Wir würden uns vielleicht in der DEL besser aufgehoben sehen. Was aber nicht heißt, dass die 2. Liga eine Hasenliga ist. Aber oben wäre die Attraktivität größer. Wenn Garmisch wirklich in die Oberliga zurückgeht. Dann gäbe es mit Landshut und Rosenheim nur zwei Derbys. Der gesamte Verein ist bereit für Neues! Aber auch was die Sponsoren angeht, bin ich guter Dinge. Ich denke, dass wir den Schritt gehen könnten.
Würde dieser Schritt den Coach bewegen, seine Familie aus Italien nach München zu holen? Sie sind ja Ende Februar zum zweiten Mal Vater geworden.
CORTINA: Das ist eine Option, ja. Aber ich will meine Familie auch nicht wurzellos machen. Es reicht, wenn der Vater ein Zigeunerleben führt. Und langfristig heißt im Eishockey nunmal maximal zwei, drei Jahre. Soll ich alle paar Jahre meine Familie umziehen lassen?
Aber Ihre zwei Töchter, die ältere ist ja bereits zehn Jahre alt, sehen den Vater während der Saison kaum.
CORTINA: Ja, das stimmt. Aber meine Kinder sind gewohnt, dass ihr Daddy oft nicht da ist. Für uns ist dieses Leben normal. Das heißt aber nicht, dass es leicht ist.
Besonders, wenn man ein kleines Baby daheim hat.
CORTINA: Ja, es ist schwer. Aber zum Glück bin ich nicht derjenige, der dem Kind die Brust geben muss. Das muss meine Frau tun – und damit ist sie der wichtigere Elternteil im Moment. Wir telefonieren oft.
WINKLER: Mindestens drei, vier, fünf Mal am Tag.
CORTINA: Ja, aber es ist schon so, dass ich mich auf die Zeit nach der Saison Freude, wenn ich wieder bei der Familie bin. Ich habe meine kleine Tochter seit ihrer Geburt im Februar vielleicht sieben Mal gesehen. Aber wichtig wäre auch, dass wir die Saison positiv zu Ende bringen, dann muss die Familie nicht ertragen, dass ich noch wochenlang über die verpasste Chance sinniere.
Also muss doch der Titel her.
WINKLER: Besser wäre es.
CORTINA: Absolut.
Interview: G. J., kby, jos, fil
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