E-Bikes: Uncool - oder?

Ein Fahrrad mit Elektromotor also – taugt das wirklich etwas für Sportler, die sich halbwegs ernst nehmen? Der AZ-Redakteur probiert’s – und erlebt auf dem Sattel Erstaunliches.

München - Selbstverständlich hatte ich mir alle gängigen Vorurteile gegenüber E-Bikes auch zu eigen gemacht: Sie sind hässlich. Sie sind eine Beleidigung für bewegungsfreudige Menschen, die ganz sicher keinen Hilsmotor nötig haben. Zu schwer. Zu uncool. Also ganz einfach mit einer Existenz als halbwegs ernstzunehmender Sportler nicht zu vereinbaren.

Und daher hatte ich lange gespottet über diejenigen, die ihr Fahrrad vor der Benutzung in die Steckdose einstöpseln.

Nun, meine erste Erfahrung mit einem E-Bike hat nur einige der Vorurteile widerlegen können. Neugierig war ich jedenfalls doch. Und lieh mir das Einkaufsrad der Tante meiner Freundin aus, machte in Kärnten eine kleine Tour. Es war: Zumindest interessant, wenngleich ich froh war, dass mich dort in der Gegend niemand kennt. Eigentlich ein Freund des verbissenen Trittes in die Pedale, erlebte ich nun ein ganz neues Gefühl. Das heißt, nicht ganz neu: So wie früher, als Kind, wenn Papi ein bisschen von hinten anschob.

Und, ja, am ersten leichten Anstieg kam tatsächlich Spaß auf. Wegen der Mühelosigkeit, wenn der Motor kräftig mit anschiebt und die Steigung zur Kulisse degradiert. Ein bisschen weniger sportlich fühlte es sich tatsächlich an, als mit Rad ohne E. Aber ist das zwangsläufig schlecht? Warum immer bis ans Limit quälen – warum nicht einfach den Fahrtwind, den Ausflug in die Natur genießen?

Was aber in meinem Fall ein Fahrrad voraussetzen würde, mit dem ich mich zumindest gerne sehen lassen würde. Denn das Image fährt immer mit.

Dann hatte ich die Gelegenheit, das „Cannondale Tramount 1“ auszuprobieren, ein 29-Zoll-Koloss, der auf den ersten Blick kaum von einem unmotorisierten Fahrrad zu unterscheiden ist und den nur das schwarze Kästchen am Rahmen verrät.

„Sei vorsichtig wenn du anfährst“, riet mir mein Begleiter, „mir ist das Ding schon unter dem Hintern abgehauen.“ Tatsächlich: Beim Start an der Ampel geht das Mountainbike nach vorne wie eine Rennmaschine. Die ersten Meter in der Stadt verbrachte ich vor allem damit, nach den ersten Tritten wieder abrupt abzubremsen, weil das Bike extrem beschleunigt. Selbst auf der mittleren von fünf Stufen.

Weiter ging es durch den Englischen Garten. Und mehrmals bremste ich einfach deswegen ab, um wieder beschleunigen zu können. Ein, zwei, drei Tritte – und schon war ich wieder auf 25 km/h, dem Limit des Cannondale, danach schaltet der Motor Schritt für Schritt ab. Ich hätte mir allerdings gewünscht, er täte das nicht. Geschwindigkeit fasziniert eben, gerade wenn man sich dafür nicht quälen muss. Zwischendurch halte ich an, lasse mich fotografieren. Und stellte das Bild gleich auf meinen Twitteraccount. Ich fahre E-Bike – und zeige das, sogar gerne!

Denn es macht Spaß, viel mehr, als ich mir vorstellen konnte. Seitdem träume ich, gar nicht mal so heimlich, selbst von einem E-Bike. Wäre da nicht ein Hindernis: Der Preis. Für einen ordentlichen Allrounder muss man weiterhin ab 1500 Euro hinlegen. Das Tramount 1, so faszinierend es ist, kostet etwa 3500 Euro. Der Spaß hat also seinen Preis.